Bozen
[* 2] (ital. Bolzano), Stadt in Tirol, [* 3] liegt 262 m ü. M. in einer herrlichen, in südlicher Vegetationsfülle prangenden Thalebene (s. Kärtchen), rechts am Eisack, welcher hier den aus dem Sarnthal kommenden Talferbach aufnimmt und sich unterhalb der Stadt mit der Etsch vereinigt; Station der von Innsbruck [* 4] nach Verona [* 5] führenden Eisenbahn, von welcher hier die Bahn nach Meran [* 6] ausgeht. Die Straßen der eigentlichen Stadt sind eng, ungerade und zum Teil abschüssig, die alten Häuser nach italienischer Art gebaut, von beträchtlicher Höhe, mit vorspringenden Dächern, sogen. Dachhauben, versehen und stechen seltsam von den eleganten Neubauten außerhalb der alten Stadt ab. Schöne Plätze sind der Musterplatz, der Obstplatz und der Johannplatz.
Auf letzterm steht die gotische Hauptkirche (aus dem 13. Jahrh.), dreischiffig, mit schöner Kanzel und durchbrochenem, 1519 von J. ^[Johannes] Lutz erbautem Turm; [* 7] hinter der Kirche befindet sich der Friedhof mit schönen Grabdenkmälern. hat auch ein Kollegiatstift, ein Kapuziner- und ein Franziskanerkloster. Sonstige imposante Gebäude sind: das Merkantilgebäude, der Palast des Erzherzogs Heinrich (welcher außerhalb der Stadt auch herrliche Ziergärten besitzt), das Deutschordenshaus.
Gegen die häufigen
Überschwemmungen des Talfer ist die Stadt durch einen großen
Damm geschützt, welcher zugleich als
Promenade
dient. Bozen
zählt (1880) 10,641 kath. Einwohner, welche
regen
Obst- und Weinbau,
Handel mit diesen
Produkten (der
Export an
Obst, worunter die berühmten Bozener
Rosmarinäpfel, erreicht einen Jahreswert von 400,000, der Weinexport einen solchen von 2 Mill.
Fl.) sowie mit
Getreide,
[* 8]
Holz,
[* 9] Häuten und
Fellen, dann Fabrikation von konservierten
Früchten und
Gemüsen,
Essig, Zigarrenstroh, Baumwollspinnerei und
-Weberei
betreiben. hat ein Obergymnasium, eine Unterrealschule,
Lehrerbildungsanstalt, ein Privatgymnasium der
Franziskaner, einen
Wein- und Obstgärtnerkurs, eine
Gewerbe- und
Handelsschule, eine
Sparkasse (3,9 Mill.
Fl. Einlagen) und ist
Sitz einer Bezirkshauptmannschaft, eines Kreisgerichts und einer
Handels- und
Gewerbekammer. Die
Vororte von Bozen
(darunter der
Winterkurort
Gries, s. d.) ziehen sich noch weit den
Eisack und Talfer sowie die nördlichen Gebirgshalden
hinauf fort, so daß die letzten Sommerfrischhäuser von Oberbozen
850 m über der Stadt liegen. Das ganze Bergland ringsum
ist mit Weinreben, Kastanienwäldern,
Schlössern und
Burgen
[* 10] (darunter
¶
mehr
Runkelstein, s. d.) bedeckt. Westlich von Bozen
bis zum Schlosse Siegmundskron (einst Römerfeste, dann Stammsitz der Grafen von
Firmian) und im Etschthal aufwärts bis Terlan und abwärts bis Leifers breitet sich der sogen. Bozener
Boden aus, der, von
zahlreichen Gräben durchzogen, einem großen Garten
[* 12] gleicht, mit Weingeländen, Maisfeldern, Maulbeerpflanzungen, Feigen-,
Pfirsich- und Mandelbäumen, und von den zackigen Fassaner Bergen
[* 13] malerisch umgeben.
Bozen
verdankt, wie Meran, die erste Anlage den Römern. 15 v. Chr. erschien Drusus mit einem mächtigen Heer in dieser Gegend, und
die Tradition bezeichnet Pons Drusi als Grundlage der Stadt Bozen.
Die Römer,
[* 14] welche die Wichtigkeit dieses Stationspunktes erkannten,
errichteten hier mehrere Kastelle, von denen noch jetzt einige Überbleibsel (im Dorf Gries) vorhanden
sind. Deutlich erscheint Bozen
erst in der langobardisch-bojoarischen Epoche als Bauzanum. Es wurde die letzte Stadt der bojoarischen
Herrschaft gegen die südlichen Nachbarn, der Sammel- und Waffenplatz in den beständigen Fehden mit den langobardischen Herzögen
von Trient.
[* 15] Im J. 680 erscheint die Stadt zuerst als Sitz eines bayrischen Markgrafen, den Alachis, Herzog
von Trient, bekriegte und überwand.
Unter dem Schutz der Grafen des Norithals und begünstigt durch seine Lage, blühte Bozen
empor, bis Kaiser Konrad II. einen Teil
dieses Gaues, die Grafschaft Bozen
, im J. 1027 dem Bischof Ulrich II. von Trient verlieh. Die Bischöfe teilten
sich später in die Herrschaft mit den Grafen von Tirol, ihren Vögten; aber schon Albert III., der letzte der alten Tiroler Grafen,
und noch mehr sein Enkel, Herzog Meinhard II. von Kärnten, strebten nach der vollen Herrschaft über die Stadt, und
letzterer hatte sie auch zeitweise ganz in seinem Besitz.
Aber seine Nachfolger gaben den Bischöfen das eine der beiden Stadtgerichte zurück, während das andre zum Landgericht Gries kam. Erst im J. 1531 gelangten die Landesfürsten durch Austausch mit der Herrschaft in dauernden Besitz vom bischöflichen Gericht zu und somit der ganzen Stadt. Von da an blieb es bei Habsburg, 1805 kam es an Bayern, [* 16] 1810 ans Königreich Italien [* 17] und 1814 an Österreich [* 18] zurück.
Vgl. Beda Weber, Die Stadt Bozen
(Boz. 1849);
Amthor, Bozen
, Gries und Umgebung (3.
Aufl., Gera
[* 19] 1884);