erbaut, stammt in seiner jetzigen Form aus dem 11. bis 13. Jahrh. und ist seit 1847 restauriert.
Die übrigen Kirchen sind: die Stiftskirche, 1879-84 neu erbaut, die Jesuitenkirche von 1693, die Minoritenkirche (1278-1318
erbaut) und die Herz-Jesukirche von 1862. Von hervorragenden Profanbauten sind zu nennen: das 1717, bez. 1777 erbaute
ehemalige kurfürstliche Schloß (jetzt Universität), das Rathaus (von 1737), das Theater,
[* 6] das Haus von E.
M. Arndt in der schönen, an Villen u. Gärten reichen KoblenzerStraße, Beethovens Geburtshaus in der Bonngasse. Auf dem Münsterplatz
steht Beethovens Bronzestandbild (von Hähnel modelliert, seit 1845) und auf dem sogen. Alten Zoll, einer
ehemaligen Bastion, jetzt Gartenanlage am Rhein (mit schöner Aussicht auf das Siebengebirge), das Arndtdenkmal (von Afinger,
seit 1865). hat (1880) mit der Garnison (Königs-Husarenregiment Nr. 7 und ein Bataillon 2. Rheinischen Infanterieregiments
Nr. 28) 31,514 meist kath. Einwohner (6286 Evangelische).
In der mit den prachtvollsten Promenaden geschmückten Umgebung der Stadt ist zunächst der alte Kirchhof (vor dem Sternenthor
im W.) mit der 1847 von der Kommende
Ramersdorf hierher versetzten zierlichen Deutsch-Ordenskapelle (aus
dem 13. Jahrh.) wegen seines Reichtums an Gräbern berühmter Männer bemerkenswert. Wir nennen von denselben den Staatsrechtslehrer
Bonn G. Niebuhr (gest. 1831), den Theologen Hermes
[* 16] (gest. 1831), den General v. Boyen (gest. 1845), A. W. Schlegel (gest. 1845),
die Gebrüder Boisserée (gest. 1851 und 1854), den Komponisten R. Schumann (gest. 1856), Dahlmann (gest.
1860), den Staatsmann Ch. K. J. ^[ChristianKarlJosias] v. Bunsen (gest. 1860), E. M. Arndt (gest. 1860), den Archäologen F.
G. Welcker (gest. 1868), den Philologen Böcking (gest. 1870), den Dichter KarlSimrock (gest. 1878) u. a. Auch ruhen daselbst
SchillersGattinCharlotte (gest. 1826) und Schillers ältester Sohn, Ernst (gest. 1841). Ein prachtvolles
Kriegerdenkmal in karrarischem Marmor (1877 von Küppers in Rom)
[* 17] und ein monumentaler Brunnen
[* 18] nach Afinger (1879) zieren den
Kirchhof. Außerdem sind der Kreuzberg mit einer 1627 erbauten berühmten Wallfahrtskirche und köstlicher Aussicht, weiter
entfernt Godesberg, Rolandseck, die InselNonnenwerth und der Drachenfels vielbesuchte Glanzpunkte in der
Umgebung der Stadt. Neuere Ausgrabungen haben einen Teil des römischen Castrum am Rhein zwischen dem »Schänzchen« und dem
»Jesuitenhof« bloßgelegt und die bedeutende Ausdehnung
[* 19] jener Befestigung erwiesen. - Bonn ist ohne Zweifel römisch-keltischen
Ursprungs. An die von Tacitus erwähnten »CastraBonnensia«, welche Drusus gegründet haben soll, lehnte
sich ein (vorrömischer) keltischer Ort an, der mit der kleinen römischen Vorstadt des Lagers in frühster Zeit verschmolz. 70 n. Chr.
wurden in der Nähe der CastraBonnensia die Römer
[* 20] von den Batavern geschlagen. Im 4. Jahrh. zerstört, wurde Bonn durch KaiserJulian wieder aufgebaut, dann aber in den Kämpfen der Völkerwanderung wiederholt, zuletzt 869 von den
Normannen, verwüstet.
1) Landkreis, ohne die Stadt Bonn, im preuß. Reg.-Bez.
Köln, hat 289,17 qkm, (1890) 57 808 (28 733 männl., 29 075 weibl.) E. und 47 Landgemeinden.
- 2) Kreisstadt des Landkreises und Stadtkreis (15,94 qkm), liegt in 56 m Höhe (Bahnhof; Rheinspiegel 44 m) am nördl. Ausgang
des engen Rheinthals, wo das Gebirge vom Rhein zurücktritt und sich zur Ebene verstacht, in freundlicher
Gegend am linken Ufer des Flusses und besitzt mit seinen schönen Münstertürmen, den prächtigen Landhäusern am Rhein aufwärts,
den Anlagen des Hofgartens u. s. w. ein anmutiges Aussehen. Die Stadt hat (1890) 39 805 (18 429 männl., 21 376 weibl.)
E., darunter 8230 Evangelische, 30 687 Katholiken und 793 Israeliten; 3592 Wohngebäude, 7872 Haushaltungen und 70 Anstalten
(2637 Insassen). In Garnison (1200 Mann) liegen das 2. Bataillon des 28. Infanterieregiments von Göben und das 7. Husarenregiment
König Wilhelm I. Die Zahl der Geburten betrug (1891) 1684, die der Todesfälle 1178, die der Ehen 373.
Kirchen. Unter den Kirchen (zwei evangelische, fünf katholische) ist außer der 1700 erbauten von den Altkatholiken benutzten
Jesuitenkirche das Münster als die älteste und architektonisch merkwürdigste hervorzuheben. Eine kreuzförmige Basilika
[* 29] mit 2 Chören, 4 kleinen Türmen und einem achteckigen Hauptturm über der Vierung, ist es eine der großartigsten
Kirchen des spätroman. Stils; der westl. Teil der Krypta und der Bau darüber aus dem 11., der Chorschluß aus dem 12., der übrige
Teil aus dem 13. Jahrh. Die evang. Kirche wurde 1866-71 von Dieckhoff errichtet. Die Kapelle im frühern Schlosse dient der
evang. Gemeinde zum Gottesdienst. Im Bau ist (1893) die Marienkirche.
Weltliche Gebäude. Das Rathaus am Markt mit hoher Freitreppe wurde 1782 vollendet. Das Geburtshaus Beethovens in der Bonngasse
wurde 1890-91 zu einem Museum eingerichtet. Die Südseite der alten Stadt nimmt das 580 m lange ehemals kurfürstl. Schloß
ein, 1717-30 von den Kurfürsten Joseph Clemens und Clemens August erbaut und nach einem Brande 1777 teilweise
erneuert; dasselbe wurde von König Friedrich Wilhelm III. zu Universitätszwecken geschenkt und enthält jetzt die Hörsäle,
Amtsräume u. s. w. der Universität (s. unten); die Aula mit großen Fresken von Cornelius' Schülern, die vier Fakultäten darstellend.
Zur Universität gehören die unter Argelanders Leitung 1839-46 gebaute großartige Sternwarte, das Poppelsdorfer
Schloß (1 km von der Stadt entfernt), ehemals kurfürstl. Lustschloß Clemensruhe (1715-46 erbaut), das 1868 von Dieckhoff
vollendete Chemische
[* 30] Laboratorium,
[* 31] ein schönes Gebäude mit großartiger Einrichtung, der Prachtbau der neuen Anatomie, seit 1872 eröffnet,
und das 1891 vollendete Gebäude der Landwirtschaftlichen Akademie zu Poppelsdorf.
Das neue Gymnasialgebäude an der Koblenzerstraße ist Okt. 1891, das neue Provinzialmuseum in der Colmanstraße Juli 1893 eröffnet
worden. Auf dem Münsterplatz erhebt sich seit 1845 die von Hähnel modellierte eherne StatueBeethovens. Das 1865 errichtete
StandbildArndts (Erzguß nach Asingers Modell) schmückt den Alten Zoll, eine wegen ihrer schönen Aussicht
auf den Rhein und das Siebengebirge berühmte Promenadenanlage, ehemalige Bastei, unmittelbar vor
dem Koblenzer Thor. Auf dem
alten Friedhofe vor dem Sternthor befindet sich das Kriegerdenkmal für 1870/71 von Küppers, ein Genius, mit dem Schilde
einen sterbenden Krieger schützend; ein monumentaler Brunnen von Afinger: Christus mit den vier Evangelisten
darstellend, ferner die Grabmäler Niebuhrs von Rauch und Robert Schumanns von Donndorf.
Verwaltung, Finanzen. Die Stadt wird verwaltet von einem Oberbürgermeister (Spiritus,
[* 32] seit 1891, 10000 M.), 3 Beigeordneten
(2 besoldeten) und 30 Stadtverordneten und hat eine Wasserleitung mit Kanalisation, städtische Gasanstalt (Produktion 1892:
2,59 Mill. cbm Gas), freiwillige Feuerwehr, Schlachthaus. Demnächst wird eine städtische Berufsfeuerwehr
mit Kasernement eingerichtet. Städtische Einnahmen (1892/93) 1,250, Schulden (1893) 5,037 Mill. M.
Behörden. Bonn ist Sitz eines Landgerichts (Oberlandesgericht Köln) mit 8 Amtsgerichten (Bonn, Eitorf, Euskirchen, Hennef, Königswinter,
Rheinbach, Siegburg, Waldbröl), Amtsgerichts, Landratsamtes für den Landkreis Bonn, des Oberbergamtes für die
Rheinprovinz, mit Ausnahme der Kreise
[* 33] Rees, Essen,
[* 34] Duisburg
[* 35] und der nördlich der Düsseldorf-Schwelmerstraße belegenen Teile
der KreiseDüsseldorf
[* 36] und Elberfeld,
[* 37] für Teile der Provinz Westfalen (s. Dortmund,
[* 38] Behörden), für Hohenzollern,
[* 39] den Reg.-Bez.
Wiesbaden
[* 40] und die Fürstentümer Waldeck
[* 41] und Pyrmont (s. Bergbehörden) mit einer Bergwerksdirektion und -Schule (Saarbrücken),
[* 42] einer Landesbauinspektion, einer Eisenbahnbauinspektion, eines altkath. Bischofs, eines Katasteramtes,
einer Kreiskasse, Handelskammer, Reichsbantnebenstelle und eines Gewerbegerichts für Stadt und Landkreis Bonn (seit
März 1892).
Stift, die Institute der mediz. und philos. Fakultät und ein Paläontolog. Museum. Die naturhistor. Sammlungen und die Zweiginstitute
der 1847 eröffneten landwirtschaftlichen Akademie (160000 Nummern) befinden sich in 16 Sälen des Poppelsdorfer Schlosses.
Ebenso ist die Provinzialirrenanstalt (3 km vor der Stadt) den Lehrzwecken der Universität dienlich gemacht.
Ferner bestehen das Museum rhein. Altertümer, ein königl. Gymnasium, 1629 von den Minoriten gegründet, 1673 von den Jesuiten
übernommen, 1816 reorganisiert (Direktor Dr. Buschmann, 27 Lehrer, 18 Klassen, 560 Schüler) verbunden seit 1890 mit einem pädagogischen
Seminar, ein städtisches paritätisches Realprogymnasium, früher höhere Bürgerschule, das jetzt zu
einer Oberrealschule mit Gymnasialklassen umgestaltet wird (Rektor Dr. Kölscher, 20 Lehrer, 11 Klassen, 270 Schüler, 3 Vorschulklassen,
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93 Schüler) und 4 höhere Privat-Mädchenschulen. Das Museum vaterländischer (namentlich röm.)
Altertümer siedelte 1892 in das neuerbaute Provinzialmuseum über. Das städtische Museum «Villa
Obernier», ein Vermächtnis des 1882 verstorbenen Professor Obernier, enthält neuere Bilder von Düsseldorfer und Münchener
Künstlern. Im Stadttheater (1000 Plätze, eröffnet) giebt die Direktion des Kölner Stadttheaters
im SommerVorstellungen. Von den Vereinen seien erwähnt: der Naturhistorische Verein der Rheinlande und Westfalens, der Verein
von Altertumsfreunden im Rheinland, der LandwirtschaftlicheVerein für Rheinpreußen, die Niederrheinische Gesellschaft für
Natur- und Heilkunde, der Handels- und Gewerbeverein und der Verein «Alt-Bonn» für die Geschichte der Stadt Bonn (Sammlungen
im Oberniermuseum). Es erscheinen 4 tägliche Zeitungen.
Wohlthätigkeitsanstalten. Städtische Irrenpflegeanstalt, 2 Privatirrenanstalten, 1 evang., 1 kath.
Hospital, 2 Waisenhäuser und das Männerasyl Wilhelm-Augusta-Stiftung), evang. und kath. Mägdeherberge.
Verkehrswesen. Bonn liegt an den Linien Köln-Bingerbrück, Bonn-Euskirchen (34,20 km) und Bonn-Obercassel
(5,29 km) der Preuß. Staatsbahnen,
[* 45] hat ein Postamt erster Klasse mit Zweigstelle (in Bonn-Poppelsdorf), Telegraphenamt, Pferdebahn
in der Stadt, Dampfstraßenbahn Bonn-Mehlem (im Bau bis Godesberg) und ist Station für die Rheindampfer. Mit dem rechten Rheinufer
verbinden Bonn eine fliegende Brücke,
[* 46] Personendampfer und etwas oberhalb der Stadt ein Eisenbahntrajekt
nach Obercassel. Von Königswinter aus gehen Zahnradbahnen auf den Drachenfels und den Petersberg.
Umgebung. Über dem Dorfe Poppelsdorf erhebt sich der Kreuzberg (120 m) mit der weithin sichtbaren WeißenKirche, dem Überrest
des von Kurfürst Ferdinand von Bayern
[* 47] 1627 erbauten Klosters, sehenswert wegen der HeiligenTreppe
[* 48] (28 Stufen)
hinter dem Altar,
[* 49] die Kurfürst Clemens August (gest. 1761) erbauen ließ, und die nur mit den Knien berührt werden darf;
sie ist eine Nachahmung der Scala santa beim Lateran in Rom. Über dem Dorfe Kessenich (4 km) am Abhang des Vorgebirges die Rosenburg,
ein Schlößchen mit Anlagen, und weiter oben auf dem Venusberg die Casselsruhe mit schöner Aussicht.
Hier wird jetzt zum Andenken an Kaiser Wilhelm I. der sog. Kaiserpark (100 Morgen Waldfläche) von der Stadt angelegt. Weiter
sind in der romantischen Umgebung Godesberg,
Rolandseck, die Insel Nonnenwerth, der Drachenfels und Petersberg (Siebengebirge)
vielbesuchte Punkte.
Geschichte. Bonn war eins der von den Römern in Deutschland
[* 50] angelegten Kastelle und hieß Bonna oder Castra
Bonnensia (von Tacitus erwähnt). 70 n. Chr. wurden hier die Römer von den Batavern geschlagen. Nachdem das Lager
[* 51] im 4. Jahrh.
von den Franken zerstört und durch Kaiser Julian wieder aufgebaut worden war, litt es vorzüglich in den Kämpfen
der Hunnen, Franken, Sachsen
[* 52] und Normannen (869 von letztern zerstört). Zu Bonn ward 942 eine große Synode gehalten. 1273-1794
war es Residenz der Kurfürsten von Köln.
Hier hielten sich 1673 die Franzosen gegen Holländer, Spanier und Österreicher. Nach einem heftigen Bombardement wurde die Stadt 1689 durch
Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg eingenommen, 1703 durch die Holländer unter Coehoorn. Erst 1715 kam
sie wieder in den Besitz des Kurfürsten von Köln. Die Festungswerke wurden 1717 zum großen Teil geschleift. 1801 wurde die
Stadt durch den Lunéviller Frieden französisch, 1814 durch den Wiener Kongreß preußisch.
Litteratur. Ritter, Entstehung der drei ältesten Städte am Rhein, oder Urgeschichte von Mainz, und Köln
(Bonn 1851);
Hesse, Geschichte der Stadt Bonn während der franz. Herrschaft (ebd. 1879);
Würst, und seine Umgebungen (2.
Aufl., ebd. 1881);
Das röm. Lager in Bonn, hg. vom Verein von Altertumsfreunden im Rheinland (ebd. 1888);