Blindendruck
(Blindenschrift, Ektypographie, Hochdruck), Druckart, bei der die Worte auf dem Papier nicht in farbigen Lettern, sondern durch Prägedruck in einem dem Tastsinn leicht wahrnehmbaren scharfen Relief erscheinen. Die Schrift besitzt nur Haarstriche und keine Grundstriche, auch fast durchweg eckige Formen, welche von den Fingern des Lesenden leichter unterschieden werden können, und vermeidet (ausgenommen in dem französischen System) die langen über und unter der Zeile hervorragenden Buchstaben, um dem Lesenden das Aufsuchen der folgenden Zeile zu erleichtern.
Der Erfinder dieser Art Druck war der Abbé Hauy (s. d.), welcher große Metalltypen anfertigen ließ, deren Bild gleich Stachelspitzen wesentlich über ihren Körper hervorgehen muß, da es in das Papier einzudringen bestimmt ist; er wandte sie zuerst 1784 in dem Pariser Blindeninstitut an und brachte es bald so weit, daß die blinden Zöglinge ihre Bücher selbst setzen und drucken konnten (s. Blindenanstalten). Hauys Nachfolger Guillié vervollkommte den und ähnliche Verfahrungsarten wendeten Klein in Leipzig, [* 2] Lachmann in Braunschweig, [* 3] der österreichische Hauptmann Freißauff von Neudegg und Gall in Edinburg [* 4] an. Am weitesten vorgeschritten ist der in den Vereinigten Staaten, [* 5] wo sich die New England Institution zu Boston [* 6] das höchste Verdienst um denselben erworben hat.
Von den verschiedenen
Systemen, bei denen wirkliche
Typen, und zwar meist das modifizierte lateinische
Alphabet, zur Verwendung
kommen, ist das von
Alston in
Glasgow
[* 7] das einfachste und am weitesten verbreitete. Neben diesen Typensystemen
bestehen noch mehrere Zeichenalphabete
(Striche,
Punkte). Einige der letztern, z. B. das des Engländers Moon und das des
Franzosen
L.
Braille (s. d.), sind von
Blinden selbst kombiniert worden. Diese Zeichensysteme erschweren und verteuern den
Druck wesentlich
dadurch, daß sie beträchtlich mehr
Raum einnehmen, die
Bücher also voluminöser machen. So umfasst die
Bibel
[* 8] in dem Lucasschen Zeichensystem 36
Bände, in dem
Bostoner oder amerikanischen Alphabetsystem aber nur 8
Bände. Da jedoch
eine gute Zeichenschrift die
Arbeit des
Lesens und des Schreibens dem
Blinden wesentlich erleichtert, was namentlich für den
ersten Anfang und für den raschen
Verkehr der
Blinden untereinander hohe Bedeutung hat, ist eine solche
neben der gewöhnlichen
Schrift (Uncialen) nicht wohl zu entbehren. In diesem
Sinn empfahl der internationale
Kongreß der Blindenlehrer
zu
Berlin
[* 9] 1879 die allgemeine Einführung der Brailleschen Punktierschrift als Weltschrift für
Blinde. In dieser
Schrift werden
sämtliche Sprachlaute durch
Gruppen von
Punkten bezeichnet, die sich auf drei parallele
Linien verteilen.
Der Schriftsatz für den Blindendruck
erfolgt wie der des
Hebräischen von der
Rechten zur
Linken, der
Druck aber wird der Hauptsache nach
wie
Prägedruck (s. d.) behandelt.