(grch.), Gotteslästerung. Wer Gott lästert, der beleidigt - nach der ältern,
in der 77. Novelle des Corpus juris vertretenen Auffassung - Gott, reizt ihn zum Zorn und macht, daß er allerlei
Landplagen, Hungersnot, Erdbeben,
[* 2] Pestilenz sendet. Zur Sühne des erzürnten Gottes muß der Gotteslästerer gestraft werden.
Auf einem ähnlichen Standpunkte steht noch die Peinliche Halsgerichtsordnung (Carolina). Sie verfügt Bestrafung: «So einer
Gott zumißt, daß (sic) Gott nicht bequem ist, oder mit seinen Worten Gott, das ihm zustehet, abschneidet,
der Allmächtigkeit Gottes, seine HeiligeMutter, die Jungfrau Maria, schändet.» - Die neuere Gesetzgebung vertritt nicht mehr
die Auffassung, als könne Gott durch menschliche Handlungen verletzt werden und bedürfe darum der Sicherung durch menschliche
Strafen wie eine beleidigte irdische Person. Sie nimmt aber an, jede Gotteslästerung enthalte eine Verletzung
des religiösen Gefühls anderer, und dies Gefühl dürfe schon darum auf den Schutz des Gesetzes Anspruch machen, damit nicht
die Meinung aufkomme,
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daß der Staat an der Erhaltung dieses religiösen Gefühls im Volke keinen Anteil nehme, dasselbe vielmehr als etwas Gleichgültiges
betrachte. Nach §. 166 des Deutschen Strafgesetzbuchs wird derjenige, welcher dadurch, daß er öffentlich in beschimpfenden
Ausdrücken Gott lästert, ein Ärgernis giebt, mit Gefängnis bis zu 3 Jahren bestraft. Mit dem Ausdrucke
«beschimpfen» hat ein stärkerer Grad der Beleidigung, eine grobe, durch Roheit des Ausdrucks gekennzeichnete Bekundung der
Verachtung bezeichnet und mit den Worten «Ärgernis geben» festgestellt werden sollen, daß wirklich dem religiösen Gefühl
durch den beschimpfenden Ausdruck ein Anstoß gegeben sein muß, und daß es nicht genüge, daß die öffentliche
Lästerung objektiv so beschaffen, daß sie Ärgernis zu erregen geeignet sei. Übrigens ist Grundlage des Deliktes der Gottesbegriff,
wie er in den konkreten Bekenntnissen der christl. Kirchen und der andern mit Korporationsrechten im DeutschenReich bestehenden
Religionsgesellschaften niedergelegt ist, nicht aber der Begriff der Gottheit in der weitesten Abstraktion.
Das geltende Österr. Strafgesetz von 1852 straft denjenigen, welcher durch Reden, Handlungen, in Druckwerken
oder verbreiteten Schriften Gott lästert, mit Kerker von 6 Monaten bis schweren Kerker von 10 Jahren (§§. 122a, 123, 124),
und der Strafgesetzentwurf von 1889 die öffentliche Gotteslästerung mit Zuchthaus oder Gefängnis bis zu 3 Jahren.