Blähungen
(Flatulenz, lat. Flatus, Crepitus ventris), die im Darmkanal vorhandenen Gase, [* 2] welche von Zeit zu Zeit durch den After abgehen und, wenn sie sich im Darm [* 3] anhäufen, allerhand Beschwerden verursachen. Manche Menschen leiden habituell an einer abnormen Anhäufung und Zurückhaltung der Darmgase (sogen. Blähsucht, Trommelsucht, Windsucht). Bei gewissen Krankheiten, namentlich des Unterleibes, tritt häufig eine ganz außerordentliche und lebensgefährliche Ausdehnung [* 4] der Därme durch Gase ein, bald schneller, bald langsamer, welcher Zustand als Meteorismus oder Tympanitis bezeichnet wird.
Das
Gas entsteht durch
Zersetzung der
Nahrungsmittel.
[* 5] Übrigens ist es nicht unwahrscheinlich, daß auch
die
Gase des
Bluts teilweise in den
Darmkanal gelangen. Die
Ursache vermehrter Gasanhäufung im
Darmkanal ist in den meisten
Fällen
sowohl in der
Beschaffenheit der
Nahrungsmittel als auch in der der Verdauungsorgane selbst zu suchen. Blähungen
treten daher auf
bei
Personen von schwacher
Verdauung, bei verdorbenem
Magen,
[* 6] nach überreichlichen
Mahlzeiten, namentlich
aber nach dem
Genuß blähender, d. h. bei der
Verdauung viel
Kohlensäure entwickelnder,
Speisen und
Getränke
(Hülsenfrüchte,
Kohlarten,
Rüben,
Most, junges
Bier).
Häufig sind Blähungen
nur das
Symptom eines tiefern
Leidens, wobei die Darmwandungen mehr oder weniger im Zustand der
Lähmung sich befinden. Eine solche krankhafte Ausweitung und
Lähmung der
Därme gesellt sich zu den verschiedenen organischen
Affektionen derselben, so zu den
Entzündungen der Darmschleimhaut, zu
Bauchfellentzündungen, Darmverschließungen,
Einklemmungen
etc. Namentlich bei
Säuglingen treten Blähungen
zu den verschiedensten andern
Krankheiten, besonders zu
Darmkatarrhen, hinzu.
Die
Folgen dieser Luftanhäufung sind unter dem
Namen Blähungsbeschwerden bekannt.
In den
Därmen entstehen
kolikartige, kneipende
Schmerzen, die von einer
Stelle des
Unterleibes zur andern ziehen oder heftig zusammenschnürend an einer
Stelle festsitzen. Dazu kommen peinliche und selbst gefahrdrohende
Beschwerden infolge davon, daß das
Zwerchfell durch die
ausgedehnten
Därme nach
oben gedrückt wird. Sie bestehen in
Atemnot und
Beklemmung,
Herzklopfen, Kopfweh,
Schwindel und
Ohnmachten, Gemütsverstimmung.
Abgang von Blähungen
nach unten oder
Aufstoßen nach
oben erleichtert die
Beschwerden, längeres
Ausbleiben oder
Versetzung der Blähungen
steigert das Übel. Die schwereren
Fälle des
Meteorismus werden tödlich durch Hinaufdrängung
des
Zwerchfelles und
Störung des
Blutkreislaufs in den
Lungen.
Die Behandlung der Blähungen
erfordert vor allen
Dingen Vermeidung aller sogen. blähenden
Speisen. Am meisten
empfehlen sich eine leichtverdauliche, zugleich nahrhafte
Kost, Fleischspeisen mit einem mäßigen Zusatz von
Gewürzen und
aromatischen Ingredienzien, alter
Wein, schwarzer
Kaffee, kleine
Portionen kalten
Wassers und
Gefrornes.
[* 7] Der Stuhlgang muß reguliert
werden, fleißige
Bewegung im
Freien, überhaupt weniger sitzende Lebensweise ist sehr anzuraten; dabei
muß der Kranke sich vor
Erkältung hüten, öfters kalte Waschungen vornehmen.
Zuweilen leistet auch ein warmes Bad [* 8] die ersprießlichsten Dienste. [* 9] Ist einmal Aufblähung vorhanden, so ist nur durch sachkundige Untersuchung und Feststellung der jedesmal vorliegenden Ursache Hilfe zu erwarten. Bestehen gleichzeitig heftige Schmerzen im Unterleib, so unterlasse man das sonst übliche Streichen und Kneten, bevor nicht ärztlicherseits festgestellt ist, daß diese Manipulationen ohne Gefahr angewandt werden können. Liegen die Speisen noch unverdaut im Magen, so ist zuweilen ein Brechmittel angezeigt; auch Abführmittel können durch Anregung der Bewegung des Darmkanals mitunter sehr ersprießliche Wirkung thun; auf gleiche Weise wirken die Klystiere, welche aber mehr kühl als warm sein müssen. Außerdem reicht man die sogen. blähungtreibenden Mittel: Kamillen, Fenchel, Anis, Pfefferminzthee, oder einige Tropfen der ätherischen Öle [* 10] dieser Arzneistoffe auf Zucker. [* 11] In ganz extremen Fällen hat man zuweilen mit Erfolg den Darm mit einem feinen Trokar [* 12] angestochen oder durch Einlegung eines langen Mastdarmrohrs die Luft mechanisch entleert. Es versteht sich von selbst, daß dies nur durch die Hand [* 13] eines erfahrenen Arztes geschehen darf.