Birch-Pfeiffer
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Charlotte (Karoline), Schauspielerin und dramatische Schriftstellerin, geb. zu Stuttgart [* 2] als Tochter des Domänenrats Pfeiffer, der 1806 nach München [* 3] übersiedelte, ¶
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betrat bereits in ihrem 13. Lebensjahr nach hartnäckigen Kämpfen mit ihren Eltern das Hoftheater daselbst und bildete sich unter Zuccarinis Leitung mit großem Erfolg aus. Nach 1818 erhielt sie das ganze Fach der tragischen Liebhaberinnen übertragen und erntete auch auf Kunstreisen in Deutschland [* 5] vielen Beifall. Im J. 1825 verheiratete sie sich mit dem auch als Schriftsteller, besonders als Verfasser des Werks »Ludwig Philipp der Erste, König der Franzosen« (Stuttg. 1841-43, 3 Bde; 3. Aufl. 1851), bekannten Christian Birch aus Kopenhagen [* 6] (gest. in Berlin), [* 7] der bei der Münchener Hoftheaterintendantur eine Anstellung erhielt.
Ihre Kunstreisen erstreckten sich seitdem bis nach Petersburg [* 8] und Pest sowie bis Amsterdam. [* 9] Im J. 1837 übernahm sie die Direktion des stehenden Theaters in Zürich, [* 10] welches sie mit seltener Umsicht leitete. Nachdem sie 1843 dieselbe niedergelegt, wurde sie nach einer abermaligen Kunstreise durch Deutschland 1844 am königlichen Theater [* 11] zu Berlin für ältere Rollen [* 12] engagiert, wo sie bis zu ihrem erfolgten Tod verblieb. Obschon gute Darstellerin, erwarb sie ihren hauptsächlichen Ruf als dramatische Schriftstellerin.
Ihre zahlreichen, meist nach Romanen der verschiedensten Stoffkreise bearbeiteten Bühnenstücke, die fast auf allen deutschen Theatern heimisch und zum Teil Zugstücke wurden, zeugen von wirklicher dramatischer Anlage, namentlich aber von Kenntnis der Bühneneffekte sowie des vorherrschenden Geschmacks des Theaterpublikums, wiewohl sie keinen ästhetischen Standpunkt festhalten und künstlerische Durchbildung meist vermissen lassen. Den meisten Beifall von ihren frühern Stücken fanden: »Pfefferrösel« (zuerst aufgeführt 1828),
»Hinko« (nach L. Storchs »Freiknecht«),
»Die Günstlinge«, »Der Glöckner von Notre-Dame« (nach V. Hugos Roman),
»Rubens in Madrid« [* 13] (1839),
»Scheibentoni«, »Die Marquise von Villette« (1845),
»Dorf und Stadt« (1848). Letzteres, einer Erzählung Auerbachs nachgebildet, verwickelte sie in einen Prozeß, der aber zu ihrem Vorteil ausschlug. Andre Stücke sind: »Schloß Greifenstein, oder der Samtschuh« (Wien [* 14] 1833),
»Johannes Gutenberg« (Berl. 1836, 2. Aufl. 1840),
»Der Liebe Streit« (Münch. 1836),
dann die meist im »Jahrbuch deutscher Bühnenspiele« veröffentlichen Stücke: »Steffen Langer aus Glogau« [* 15] (1848),
»Eine Familie« (1849),
»Anna von Österreich« [* 16] (1850),
»Ein Billet« (1851),
»Das Forsthaus« (1852),
»Wie man Häuser baut« (1853),
»Im Walde« (1854),
»Die Waise von Lowood« (1855),
»Marguerite« (1856),
»Die Grille« (1857),
»Fräulein Höckerchen« (1858),
»Das Kind des Glücks«, »Der Goldbauer« (1860),
»Natalie« (1862).
Auch in Novellen versuchte sie sich. Hierher gehören: »Der Rubin« (Leipz. 1829);
»Gemälde aus Gegenwart und Vergangenheit« (das. 1824, 4 Bde.);
»Erzählungen« (das. 1830);
»Burton Castle« (3. Aufl., Berl. 1854, 2 Bde.) und »Romantische Erzählungen« (das. 1836).
Ihre »Gesammelten dramatischen Werke« erschienen in 23 Bänden (Leipz. 1863-80), ihre gesammelten Novellen und Erzählungen in 3 Bänden (das. 1863-65). - Ihre Tochter ist die bekannte Romanschriftstellerin Wilhelmine v. Hillern (s. d.).