Bildgewebe
,
gemusterte, façonnierte, dessinierte, figurierte Stoffe, diejenige Art von Geweben, in denen durch eigentümliche Verschränkung der Ketten- und Einschlagfäden, mit oder ohne Farbenverschiedenheit, eine Zeichnung (Muster, Dessin, [* 1] Figur) hergestellt ist; daher ist Bildweberei soviel wie Musterweberei. Die Zeichnung ist entweder in regelmäßiger Anordnung auf der ganzen Fläche wiederholt verwirklicht oder, in Form und Größe dem Gebrauch des Stoffs entsprechend, gleichsam architektonisch innerhalb eines bestimmt abgegrenzten Raums mit Bordüre oder Einfassung, Mittelstück, Eckstücken u. s. w. angeordnet, also nur einmal ausgeführt.
Stoffe der letztern Art werden abgepaßte genannt; zu ihnen gehören Tafeltücher, Servietten, Handtücher, Teppiche u. s. w. Der Grund, der öfters einen größern, zuweilen aber auch einen kleinern Teil der Fläche als die [* 1] Figur einnimmt, ist entweder leinwandartig, gazeartig, atlasartig oder geköpert; das Muster selbst bietet entweder innerhalb seines Umfangs eine geköperte oder atlasartige Fläche dar, oder es besteht überhaupt aus größtenteils freiliegenden Ketten- oder Einschlagfäden, die nur an passend verteilten einzelnen Punkten durch rechtwinklig über sie hinlaufende Einschlag- oder Kettenfäden befestigt sind. Um das Muster möglichst hervortreten zu lassen, wird dasselbe öfters in feinem, glänzendem, lebhaft farbigem, sogar von dem Stoff des Grundes verschiedenem Material hergestellt, namentlich aber wird das Sichtbarwerden der Zeichnung durch das Freiliegen (Flotten) der dieselben bildenden Fäden erreicht.
Principiell soll die Fadenverbindung des Musters eine wirkungsvollere, gefälligere als die des Grundes sein, mindestens darf sie dieser in Glanz und Farbe nicht nachstehen; daher kommen wohl geköperte oder atlasartige Muster in Köper- oder Atlasgrund, sowie Atlasmuster in Taffetgrund u. s. w., nicht aber taffet- oder leinwandartige Muster in Köper- oder Atlasgrund u. s. w. vor. In manchen Fällen ist das gemusterte Zeug ohne eigentlichen Grund, indem die [* 1] Figur mit ihren hinsichtlich der Fadenverbindung voneinander abweichenden Teilen die ganze Fläche ausfüllt; doch werden derartige Muster in der feinern (höhern) Bildweberei nur selten angewendet. - Die Kunst der Bildweberei reicht bis in die älteste Zeit zurück. Ihre Erfindung schreiben die Griechen der Pallas zu, die Juden der Gattin Noahs, die Perser ihrem König Thammraz. Auf ägypt. und assyr. Denkmälern sieht man gewobene Bildwerke dargestellt. ¶
mehr
Doch hat sich von diesen selbst wie auch von den Bildgewebe
der Griechen und Römer
[* 3] wenig erhalten. Durch die Funde in Ägypten
[* 4] hat
man jetzt in den kopt. Geweben ein Bild von der Kunst der Bildweberei aus der Endzeit der Antike erlangt. Zu Anfang des 11. Jahrh.
taucht diese Kunst in Poitiers auf, später in Burgund (s. Tapeten und Gobelins). (Über die Technik s. Weberei.)
[* 5]