Biergallen
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s. Bier, S. 916.
Biergallen
5 Wörter, 29 Zeichen
Biergallen,
s. Bier, S. 916.
(hierzu Tafel »Bierbrauerei«), [* 3]
gegornes und noch in schwacher Nachgärung befindliches alkoholisches Getränk, welches aus Getreide, [* 4] Hopfen [* 5] und Wasser, oft unter Zusatz von Surrogaten, aber ohne Destillation, [* 6] bereitet wird und sich vom Wein durch einen viel höhern, an eiweißartigen Körpern und Phosphorsäuresalzen reichen Extraktgehalt sowie durch seine Kohlensäure unterscheidet.
Das hauptsächlichste Rohmaterial der Bierbrauerei ist die Gerste, [* 7] welche durch einen unterbrochenen Keimprozeß zunächst in Malz verwandelt wird. Von andern Getreidearten benutzt man gemalzt und ungemalzt Weizen und Reis, seltener Spelz, Einkorn, Mais und Hafer, [* 8] und da es sich bei diesen Materialien hauptsächlich um Stärkemehl handelt, so benutzt man als Surrogate des Getreides auch Kartoffeln, Stärkemehl, Stärkezucker (oft 33⅓ Proz. vom Braumalz; 1 Ztr. Stärkezucker ersetzt 3 Ztr. Malz), Sirup und Glycerin. In Bayern [* 9] ist die Anwendung irgend welcher andrer Substanzen als Gerste und Hopfen gesetzlich unstatthaft.
Gerste eignet sich am besten zur Bierbereitung, weil ihr Stärkemehlgehalt am wenigsten schwankt; sie liefert leichter als andre Getreidearten Malz, und dieses besitzt höhere zuckerbildende Kraft; [* 10] ihre Spelzen erleichtern überdies die Gewinnung eines klaren Auszugs. Der Brauer sucht ein möglichst schweres, weil stärkemehlreiches Korn, wie es auf nicht frisch gedüngtem, leichterm Boden wächst; starke Düngung, besonders mit Schafmist oder Pferch, erhöht den Klebergehalt in nachteiliger Weise. In Bayern ¶
Fig. 1. Vormaischapparat.
[* 3] Fig. 2. Maischmasc für kleinere Brauereien.
[* 3] Fig. 3. Treberaufhackmaschine.
[* 3] Fig. 4. Sudhauseinrichtung.
Maischbottich.
Braupfanne.
Fig. 5. Kühlschiff mit Windflügeln.
[* 3] Fig. 7. Kellerräume mit Obereislagerung.
bevorzugt man die große, nackte, zweizeilige oder Blattgerste, weil sie am sichersten gedeiht, daher am gleichmäßigsten wächst, und weil sich aus gleichem Volumen derselben mehr Bier von derselben Qualität erzielen läßt als von andern Sorten. Vom Weizen bevorzugt man den dünnschaligen, hellen, mehlreichen. Das Wasser, welches der Brauer zum Einweichen des Getreides und zum Maischen braucht, soll den Anforderungen entsprechen, welche man an gutes Trinkwasser stellt; zu weiches Wasser versetzt man wohl mit Gips; [* 14] enthält es zu viel doppeltkohlensauren Kalk, so kann es durch Stehen an der Luft in großen Behältern oder Teichen, auch wohl durch Kochen (unter Zusatz von etwas Malzextrakt oder Ätzkalk) von Kalk befreit werden.
Trübes Wasser läßt man absetzen oder filtriert es durch Sand. Die Gerste wird in den Quellbottichen oder Weichen mit Wasser übergossen, in welchem die gesunden Körner nach einigen Stunden untersinken, während die tauben schwimmen und abgeschöpft werden können (Abschöpfgerste). Das Wasser reinigt die Gerste und zieht gewisse leicht zersetzbare Stoffe, welche den Geschmack des Biers beeinträchtigen würden, aus. Um nachteilige Säuerung zu vermeiden, wird das Wasser wiederholt gewechselt.
Ist der Quellprozeß nach 2-7 Tagen genügend fortgeschritten, so läßt man die Gerste abtropfen und verwandelt sie in Malz (s. d.), welches für einige Biere nur getrocknet als Luftmalz, für die meisten aber stärker erhitzt als Darrmalz zur Verwendung kommt. Letzteres ist je nach der Temperatur, bis zu welcher es erhitzt wurde, gelb, bernsteingelb oder braun; doch wird auch dunkel kaffeebraun geröstetes Malz (Farbmalz) zum Färben dunkler Biere benutzt. Bei der Malzbereitung bildet sich aus einem Teil der eiweißartigen Körper Diastase, welche das Stärkemehl in Dextrin und Zucker [* 15] verwandelt.
Diese Verzuckerung erfolgt am energischten zwischen 60 und 75°, bei höherer Temperatur verliert dagegen die Diastase ihre Wirkung vollständig. Neben der Diastase entsteht bei der Malzbildung noch Peptase, welche Eiweißkörper in Peptone und Parapeptone umwandelt. Letztere bleiben im B. und bedingen neben andern Bestandteilen die nährenden Eigenschaften desselben. Außerdem wird das Stärkemehl bloßgelegt und seine Verkleisterungstemperatur bedeutend erniedrigt. 100 Teile Gerste liefern durchschnittlich 92 Teile Luftmalz, welches wie jene 12 Proz. Wasser enthält.
Nach Lermer stellen sich die Vorgänge bei der Malzbereitung in folgender Weise dar, wenn man auf 100 kg trockne Gerste 88,81 kg trocknes Malz rechnet:
100 kg trockne Gerste | 88.81 kg trocknes Malz | Veränderung | |
---|---|---|---|
Stärkemehl | 63.43 | 48.86 | - 14.57 |
Eiweißartige Körper | 16.25 | 15.99 | -0.26 |
Dextrin | 6.63 | 6.86 | + 0.23 |
Zucker | - | 2.03 | + 2.03 |
Fettes Öl | 3.08 | 2.50 | - 0.58 |
Zellstoff | 7.10 | 7.31 | + 0.21 |
Asche etc. | 3.51 | 5.26 | + 1.75 |
Zusammen: | 100.00 | 88.81 | - |
Beim Darren des Malzes wird der Zuckergehalt unbedeutend erhöht, dagegen geht viel Stärkemehl in Dextrin über, und es entstehen dunkelfarbige Röstprodukte, welche den Geschmack und die Haltbarkeit des Biers beeinflussen. Die in dem Malz enthaltene Diastase vermag die zehnfache Menge des in demselben vorhandenen Stärkemehls in Dextrin und Zucker zu verwandeln, und man kann daher neben dem Malz noch ungemalztes Getreide, Kartoffeln und Stärkemehl verarbeiten; doch werden die mit den beiden letztern Materialien hergestellten Biere stets ärmer an Peptonen und Phosphorsäuresalzen und mithin weniger nahrhaft als reine Malzbiere. Bei Anwendung von Traubenzucker kommen unvergärbare, noch nicht näher bekannte Bestandteile desselben, denen man gesundheitsschädliche Wirkungen zugeschrieben hat, in das Bier.
Aus dem Malz wird durch den Maischprozeß die Würze (s. S. 915) hergestellt. Dabei sollen dem Malz alle löslichen Bestandteile entzogen und unter dem Einfluß der Diastase soll das im Malz vorhandene Stärkemehl in Dextrin und Zucker verwandelt werden. Um dies zu erreichen, wird das Malz geschroten oder zwischen Walzen zerquetscht, so daß der mehlige Kern vollständig zerdrückt, die Hülse [* 16] aber nicht zerrieben wird und eine lockere Masse entsteht, welche vom Wasser leicht durchdrungen wird, und von welcher die Würze rasch und rein abläuft.
Dies zerkleinerte Malz wird in Vormaischapparaten mit Wasser befeuchtet oder eingeteigt. Bei dem Apparat von Harris (s. nebenstehende [* 13] Figur) fällt das Malz durch den Trichter A mittels des Schiebers F in den Cylinder D und aus diesem durch einen mit Öffnungen von verschiedener Weite versehenen Durchlaß auf einen Konus H, der den äußersten Auslauf eines Cylindergefäßes bildet, das wieder in einem separaten Cylinder ruht. Durch die mit Hähnen versehenen Röhren [* 17] BB dringt der auf die gewünschte Temperatur gebrachte Wasserstrom nach den Kammern JJ und K, gelangt durch die gelochten Seitenwandungen in feinen Strahlen in den Raum LL und kommt hier mit dem durch den Konus H verteilten Malz in Berührung.
Einen andern Vormaischapparat zeigt [* 13] Fig. 1 der Tafel. Dieser besteht aus einem eisernen liegenden Cylinder a, welcher durch den Kanal [* 18] b gespeist wird und eine mit Armen besetzte Welle c enthält, die von dem Zahnrad d aus in Umdrehung versetzt wird und eine innige Mischung von Malz und Wasser bewirkt. Der Brei fließt in den jetzt meist aus Eisen [* 19] konstruierten Maischbottich und wird hier mit Hilfe des Rührscheites oder besonderer Maischmaschinen mit Wasser weiter vermischt.
Eine einfache Maischmaschine für kleinere Brauereien zeigt [* 13] Fig. 2. Die senkrechte Welle a in der Mitte des Maischbottichs trägt unten die beiden schräg gestellten Flügel bb, welche eine Anhäufung der schweren Teile der Maische in der Mitte des Bottichs verhindern und die Maische in Rotation versetzen. Die rotierende Maische muß aber beständig die Stäbe cc passieren und wird dadurch in gleichmäßiger Mischung erhalten. Der Antrieb der Welle a erfolgt durch die Zahnräder de und die Riemenscheibe f.
Je nach der Art und Weise, wie das zerkleinerte Malz mit Wasser gemischt und auf die günstigste Maischtemperatur (70-75°) gebracht wird, unterscheidet man verschiedene Braumethoden. Nach der Infusionsmethode, welche in den Vereinigten Staaten, [* 20] in England, Frankreich, Belgien, [* 21] Norddeutsch-
[* 13] ^[Abb.: Vormaischapparat von Harris.] ¶
land, auch hier und da in Bayern und Baden [* 23] gebräuchlich ist, wird das Malz je nach der Jahreszeit mit Wasser von 50-75° eingeteigt und nach einiger Zeit durch den ersten Aufguß von siedendem Wasser auf die Maischtemperatur gebracht. Man läßt das Wasser durch ein am Boden des Maischbottichs einmündendes Rohr (Pfaffe) langsam zufließen, damit keine Kleisterbildung eintritt, mischt sorgfältig und erhält die Maische einige Zeit auf der erreichten Temperatur, weil die Bildung von Dextrin und Zucker nur allmählich erfolgt.
Nach etwa 1 Stunde wird die Würze abgezapft, der zweite Aufguß darauf gebracht, nach ½-1 Stunde wiederum die Würze gezogen und so auch noch ein dritter Aufguß gewonnen. Die drei Aufgüsse werden entweder vermischt, oder man bereitet aus dem dritten (auch wohl vierten) schwächeres, Kofentbier, oder aus dem ersten und einem Teil des zweiten ein stärkeres Luxusbier (März-, Doppelbier) etc. Das Infusionsverfahren gewährt eine sehr vollständige Ausnutzung der Materialien und bedeutende Ersparnis an Brennstoff und Arbeit. Es liefert eine an gelösten und leicht veränderlichen eiweißartigen Stoffen reiche Würze, welche leicht sauer wird.
Diese Gefahr ist geringer bei Bereitung sehr starker Biere und bei Anwendung von Darrmalz zu Braunbieren als von Luftmalz zu Weißbieren. Die Würze ist sehr vergärungsfähig, und mittelstarke Biere werden daher leicht weinartig. Manche Biere, wie das Berliner [* 24] Weißbier und der hannöversche Broyhan, verdanken ihre Eigentümlichkeit zum Teil der Säurebildung (Milch-, Propion- und Buttersäure) in der nach dem Infusionsverfahren hergestellten Würze, und solche Biere, welche schon wenige Tage nach der Bereitung trinkbar sein sollen, können kaum auf andre Weise gewonnen werden.
Nach dem altbayrischen oder Münchener Brauverfahren (Dickmaischbrauerei), welches auf dem europäischen Kontinent das verbreitetste ist und die Grundlage des bayrischen, Wiener und böhmischen Verfahrens bildet, wird die zum Sud erforderliche Wassermasse (der Guß) geteilt. Zwei Drittel dienen zum Einteigen des Malzschrotes, das letzte Drittel wird nach 2-4 Stunden siedend heiß hinzugefügt, so daß die Temperatur auf 30-40° steigt. Nun wird etwa die Hälfte der Maische in der Braupfanne gekocht (für Schenkbier, welches noch in den Wintermonaten verbraucht wird, 30, für Sommer- oder Lagerbier 75 Minuten) und in den Maischbottich zurückgebracht.
Von der hierdurch auf etwa 50° erwärmten Maische kocht man eine zweite Portion (für Schenkbier 45, für Lagerbier 60 Minuten), welche, in den Maischbottich zurückgebracht, die Temperatur auf 60-62° erhöht; dann wird die Maische gut durchgearbeitet und zum Schluß nur der dünnere Teil derselben (Lautermaische) 15 Minuten gekocht und in den Bottich zurückgebracht, wodurch die Maische eine Temperatur von 72-75° erhält. Man läßt sie nun bedeckt 1½-2 Stunden stehen und zieht dann die Würze.
Auf die Treber aber bringt man wieder heißes Wasser (Anschwänzen), zieht nach 1 Stunde die zweite Würze, welche für sich oder mit der ersten vermischt verarbeitet wird, und bereitet noch eine dritte Würze, die das Nachbier (Schöps, Heinzeln, Dünnbier) liefert. Eine vierte Würze (Glattwasser) wird auf Branntwein und Essig verarbeitet, die teigartige Masse, welche sich aus den mehligen Teilen des Malzes bildet und auf den Trebern beim Maischen absetzt (Malzteig), benutzt man zur Brotbereitung, und die Treber dienen als Viehfutter.
Obwohl durch das wiederholte Kochen eines Teils der Maische eine große Menge Diastase zerstört wird, bleibt doch immer noch genug übrig, um die vollständige Verzuckerung der Stärke [* 25] herbeizuführen. Einen größern Dextringehalt der Würze erreicht man aber durch das Dickmaischverfahren nicht, während es anderseits viel Arbeit und Brennmaterial konsumiert. Dagegen verleiht das längere Kochen der Dickmaische über freiem Feuer (im Gegensatz zur Dampfkochung) der Flüssigkeit die beliebte Vollmundigkeit und Klebrigkeit, auch säuern die Würzen weniger leicht, sind weniger vergärungsfähig und liefern Biere, welche nach der Hauptgärung von selbst klar werden, es lange Zeit bleiben und in Rücksicht auf ihre Stärke haltbarer sind als die nach der Infusionsmethode bereiteten.
Nachdem böhmischen Verfahren, welches in den meisten Brauereien Österreichs und im östlichen Deutschland [* 26] üblich ist, wird das eingeteigte Schrot durch kochendes Wasser auf 35-38° gebracht, dann etwa ein Viertel der Maische zum Kochen erhitzt etc. Man kocht aber weniger lange, kocht bisweilen auch nur zwei Dickmaischen, hält aber jede derselben vor dem Sieden 20-30 Minuten bei einer Temperatur zwischen 65 und 75°. Ein scharfer Unterschied läßt sich zwischen bayrischer und böhmischer Methode nicht machen, da beide in mannigfachen Variationen zur Ausführung kommen.
Die Vorteile des Infusionsverfahrens und des altbayrischen finden sich zum Teil vereinigt in dem Brauen auf Satz, welches in Augsburg, [* 27] Ansbach, [* 28] Erlangen, [* 29] Nürnberg, [* 30] Kulmbach, Kitzingen [* 31] gebräuchlich ist und bei kleinerm Betrieb ein feineres Produkt liefern soll. Man bereitet zuerst einen Malzauszug mit kaltem, dann einen zweiten mit heißem Wasser, erhitzt beide zum Sieden und bringt sie in den Maischbottich zurück. Die nun abgezogene Würze wird längere Zeit gekocht, abermals in den Maischbottich gebracht etc. Diese Methode ist offenbar ebenso unrationell wie das Dickmaischkochen und konnte nur in einer Zeit sich Eingang verschaffen, als man die chemischen Vorgänge beim Maischen noch nicht verstand.
Da die im Malz enthaltene Diastase bedeutend mehr Stärkemehl in Dextrin und Zucker zu verwandeln vermag, als in der gemalzten Frucht vorhanden ist, kann man ohne wesentliche Beeinträchtigung der Güte des Biers einen Teil des Malzes durch rohes Getreide oder durch gewisse andre stärkemehlhaltige Substanzen ersetzen. Dies Verfahren gewährt aber wesentliche Vorteile, denn 60 Teile Gerste liefern ebensoviel Extrakt wie 50 Teile Malz, welche aus 62,5 Teilen Gerste gewonnen werden, und Mais und Weizen, die sich außer Gerste am besten als Zusatz eignen, geben 70-72 Proz. Extrakt.
In der That ist die ausgedehnte Verwendung von rohem Getreide neben Malz in Belgien seit langer Zeit üblich. Die Anwendung von Getreide, selbst in ganzen Körnern, dürfte erheblich durch das Verfahren von Hatschak und Hollefreund erleichtert werden, nach welchem das Getreide in einem Kessel unter hohem Dampfdruck aufgeschlossen und gekocht, dann aber durch Erzeugung eines luftverdünnten Raums und weitere Abkühlung auf 60° gebracht und nun mit Malz versetzt wird. Bei Anwendung von Kartoffeln muß man einen Teil des Malzes zur möglichsten Schonung seiner zuckerbildenden Kraft sehr schwach darren und die Temperatur beim Maischen sehr langsam steigern, damit sich kein Kleister bilde; man arbeitet daher am besten nach dem Infusionsverfahren, die Kartoffeln werden zerrieben und durch Auslaugen vom Fruchtwasser befreit, oder man scheidet zunächst das Stärkemehl ab, was zwar nicht ohne Verlust ¶