Kongreß.InternationalerKongreß (1878) zur Regelung der Balkanfragen. Führte zur Einschränkung des russischen
und Erweiterung des österreichischen Einflusses, trug aber zu einer späteren russ.-französischen Annäherung bei.
Darauf lud Fürst Bismarck die Signatarmächte der Verträge von 1856 und 1871 ein, ihre Bevollmächtigten nach Berlin zu entsenden,
woselbst im Reichskanzlerpalais der Kongreß eröffnet wurde. Zu Bevollmächtigten waren die folgenden Minister
und Botschafter von ihren Regierungen ernannt worden: für das Deutsche Reich
[* 15] Fürst Bismarck, Staatsminister
von Bülow, Fürst von Hohenlohe-Schillingsfürst, Botschafter in Paris;
[* 16]
Außerdem erschienen für Griechenland der Minister Delijannis, für Rumänien die Minister Bratianu und
Cogalniceanu, für Serbien der Minister Ristitsch, für Montenegro der Senatspräsident Božo Petrowitsch,
auch armenische Erzbischöfe und der pers. Gesandte Malcom Chan. Die Vertreter dieser kleinern Staaten fanden nur zu denjenigen
Sitzungen Zutritt, in denen es sich speciell um ihre Angelegenheiten handelte. Dem Fürsten von Bismarck wurde das Präsidium
übertragen.
Die Erledigung der schwierigsten Fragen wurde übrigens durch die den einzelnen Sitzungen vorausgehenden
vertraulichen Besprechungen der leitenden Minister angebahnt. Am schwersten zu entscheiden war die bulgarische und die armenische
Frage. Beschlossen wurde die TeilungBulgariens in zwei Teile, ein selbständiges, aber tributpflichtiges Fürstentum Bulgarien
und eine unter der Botmäßigkeit des Sultans stehende, von einem mit Zustimmung der Großmächte zu ernennenden
Gouverneur verwaltete ProvinzOstrumelien.
Griechenland wurde hinsichtlich einer Gebietserweiterung auf eine direkte Verständigung mit der Pforte, unter Vorbehalt
einer Vermittelung der Großmächte, verwiesen. Die ungehinderte Schiffahrt auf der Donau wurde im Princip festgestellt,
die Schleifung aller Festungen und Forts an ihrem Laufe von dem EisernenThore ab bis zu ihren Mündungen beschlossen, die Errichtung
neuer Befestigungen daselbst verboten. Die Bestimmungen des PariserVertrags von 1856 und des LondonerVertrags
von 1871 über die
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Meerengen wurden aufrecht erhalten. Die Pforte verpflichtete sich, in allen Teilen des ReichsReligionsfreiheit und bürgerliche
Rechtsgleichheit durchzuführen. Die genaue Regelung mehrerer Einzelfragen, namentlich der Organisation Bulgariens und Ostrumeliens,
wurde besondern, noch einzusetzenden Kommissionen vorbehalten. Am 13. Juli wurde der aus 64 Artikeln bestehende Friedensvertrag
(Berliner Friede) von sämtlichen Bevollmächtigten unterzeichnet. (Vgl. den Wortlaut in Schultheß,
Europ. Geschichtskalender, 19. Jahrg., S. 114-128, Nördl. 1879.)