Beratung
(civil- und strafprozessualisch). Bei Richterkollegien muß der
Entscheidung, gleichgültig ob sie auf mündliche
Verhandlung oder ohne solche erfolgt, eine Beratung
vorangehen, so kurz und formlos (im unmittelbaren
Anschluß an die Verhandlung) dieselbe sich auch bei einfachen Fragen gestalten mag. Während die Gerichtsverhandlungen der
Regel nach öffentlich sind, ist die Beratung
nicht öffentlich (und unterliegt dem Gebot der
Amtsverschwiegenheit), doch wird dadurch
nicht ausgeschlossen, daß sie, wenn ein Meinungsaustausch ungehört zu bewerkstelligen ist, namentlich
bei der
Entscheidung von Zwischenfällen, im Sitzungszimmer in Anwesenheit der Beteiligten und des Publikums erfolgt.
Den bei demselben Gericht zu ihrer jurist. Ausbildung beschäftigten
Personen kann der Vorsitzende die Anwesenheit bei der
und
Abstimmung gestatten.
Andere
Personen dürfen nach der durch das Reichsgesetz vom veränderten
Fassung des §. 195 des
Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes nicht zugelassen werden. Der Vorsitzende leitet die Beratung
, stellt
die Fragen, sammelt die
Stimmen; er selbst oder der von ihm ernannte Berichterstatter (s.
Bericht) trägt
Bericht und Gutachten
(s. d.; lat.
Votum) mündlich oder auf
Grund eines schriftlichen
Entwurfs vor. An die Beratung
desselben schließt
sich die
Abstimmung, bei welcher der Berichterstatter, in dessen Ermangelung das jüngste, nach österr.
Verfahren (§. 19 der Strafprozeßordnung, §. 162 Gesetz vom das älteste Mitglied zuerst, der Vorsitzende zuletzt seine Stimme abgiebt. Wo das Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, erfordert jeder Beschluß absolute Stimmenmehrheit, d. h. mehr als die Hälfte sämtlicher Stimmen; doch ist in Strafsachen zu einer jeden dem Angeklagten nachteiligen Entscheidung der Schuldfrage (s. d.) nach §. 262 der Deutschen Strafprozeßordnung eine Mehrheit von zwei Dritteilen der Stimmen erforderlich. Um bei mehr als zwei Meinungen eine absolute Stimmenmehrheit herzustellen, werden in Strafsachen, von der Schuldfrage abgesehen, die dem Beschuldigten nachteiligsten Stimmen den zunächst minder nachteiligen so lange hinzugerechnet, bis sich eine absolute Stimmenmehrheit ergiebt.
Wegen der Besetzung der erkennenden Gerichte mit einer geraden Zahl von Richtern ist in §. 20 der Österr. Strafprozeßordnung vorgesehen, daß Stimmengleichheit zu Gunsten des Angeschuldigten entscheidet. Bilden sich (in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten) in Beziehung auf Summen mehr als zwei Meinungen (will z. B. ein Richter dem Kläger 1000, einer 2000, einer 4000 M. zusprechen), so werden nach dem Deutschen Gerichtsverfassungsgesetz die für die größte Summe abgegebenen Stimmen der für die zunächst geringere abgegebenen so lange hinzugerechnet, bis sich eine Mehrheit ergiebt (die sich in dem gesetzten Beispiel also für 2000 M. ergeben würde). Im übrigen vermeiden es die Gesetze, über Art und Reihenfolge der Abstimmung Regeln aufzustellen; wenn solche Regeln auch aus den allgemeinen Denkgesetzen folgen, so gestaltet sich ihre Anwendung auf den Einzelfall doch oft schwierig.
Gewisse Vorfragen, z. B. über die Zuständigkeit (s. d.)
des Gerichts, über Zulässigkeit des Rechtsmittels (s. d.), werden, wie dies
in §. 21 der Österr. Strafprozeßordnung und §. 168 c des österr. Gesetzes vom ausdrücklich vorgeschrieben
ist, zweifellos vorweg zu erledigen sein. Bei
Entscheidung der Hauptsache ist der in Wissenschaft und
Praxis bestrittenste Punkt, ob nach
Gründen oder dem Endresultat abzustimmen ist.
In den meisten Fällen wird die
Abstimmung
nach
Gründen zu einer zuverlässigern
Entscheidung führen, insbesondere überall da, wo die bei der Beratung
hervorgetretenen
Gründe
sich auf die verschiedenen
Voraussetzungen (Prämissen, Elemente) des
Urteils beziehen.
Wenn also z. B. einige Mitglieder die Klagethatsachen nicht für erwiesen erachten, andere sie zwar für erwiesen, aber nicht für geeignet erachten, den Klageanspruch rechtlich zu begründen, wieder andere den Anspruch an sich zwar für begründet annehmen, aber einen denselben aufhebenden Einwand für durchgreifend halten, wird erst über den Klageanspruch, dann über den Einwand und bei jedem besonders über die Beweis- und Rechtsfrage abzustimmen sein. Die Richter, die bei einer frühern Frage in der Minderheit geblieben sind, dürfen nach ausdrücklicher Vorschrift die Abstimmung über eine folgende nicht verweigern, werden sich vielmehr, wenn die Abstimmung in logischer Folge stattgefunden hat, bei Beantwortung der spätern Frage, wie es §. 168 d des österr.
Gesetzes vom ausdrücklich vorschreibt, auf den Standpunkt der Mehrheit in der vorangehenden Frage zu stellen haben. Eine scheinbare Ausnahme enthält §. 22 der Österr. Strafprozeßordnung, indem er dem Richter, der den Angeklagten für nicht schuldig befunden, gestattet, sich der Abstimmung über das Strafmaß zu enthalten, seine Stimme aber so zählt, als ob er der dein Angeklagten günstigsten Meinung beigetreten wäre. Meinungsverschiedenheiten über Art, Reihenfolge und Ergebnis der Abstimmung hat das Kollegium zu entscheiden. -
Vgl. Deutsches Gerichtsverfassungsgesetz §§.195-200; Zacke, Über Beschlußfassung in Versammlungen und Kollegien, insbesondere über die Abstimmung in Richterkollegien (Lpz. 18O7).
Über Beratung
im
Erbrecht s.
Beratene Kinder.