Beobachtung
,
die gespannte
Richtung unsrer
Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand, um das Eigentümliche und Unterscheidende
desselben kennen zu lernen; dann die dabei wahrgenommene
Erscheinung selbst. Von der gemeinen, d. h. zu den
Zwecken des gemeinen
Lebens gemachten, Beobachtung
unterscheidet sich die wissenschaftliche dadurch, daß letztere methodisch,
d. h. nach bestimmten
Grundsätzen und
Regeln, welche von der betreffenden
Wissenschaft selbst an die
Hand
[* 2] gegeben werden, und
einem klar ins
Auge
[* 3] gefaßten
Zweck gemäß, nämlich zur Auffindung allgemeiner
Gesetze und zur Unterscheidung des Wesentlichen
vom Zufälligen, angestellt wird.
Alle Erfahrungswissenschaften, namentlich auch die
Naturwissenschaft, haben die Beobachtung
zu ihrem
Fundament. Die
Erscheinungen aber werden nicht bloß, wann und wie sie die
Natur bietet, sondern oft mit
Hilfe des
Experiments der Beobachtung
unterworfen,
indem man im letztern
Fall durch künstliche Veranstaltungen den Gegenstand gleichsam nötigt, sich dem Beobachter von einer
bestimmten Seite, unter absichtlich gewählten Verhältnissen etc. darzustellen. Deshalb pflegt
man
Versuche
(Experimente) von Beobachtungen
zu unterscheiden und spricht von letztern im engern
Sinne nur in solchen
Fällen,
wo die Gegenstände oder
Erscheinungen so beobachtet werden, wie sie sich ohne Zuthun des
Menschen darbieten.
Über die Kunst, zu beobachten, im allgemeinen hat unter den Neuern zuerst F. Bacon in seinen berühmten Werken: »De augmentis scientiarum« und »De interpretatione naturae« zerstreute, aber treffliche Winke gegeben;
eine besondere Schrift über diesen Gegenstand verfaßte Sénébier (»Sur l'art d'observer et de faire des expériences«, 2. Aufl., Genf [* 4] 1502, 3 Bde.; deutsch nach der ersten Auflage von Gmelin, Leipz. 1776, 2 Bde.).
Über astronomische Beobachtungen
hat
John
Herschel scharfsinnig und sachkundig gehandelt in seinem »Preliminary
discourse on the study of natural philosophy« (als
Einleitung zu
Lardners »Cabinet-Cyclopaedia« erschienen, neue Ausg.
1840; deutsch von
Henrici: Ȇber das
Studium der
Naturwissenschaft«,
Götting. 1836). Die
Resultate der Beobachtungen
sind nun
niemals völlig zutreffend, vielmehr bedingen die
Schärfe unsrer
Sinne und
Instrumente und die
Beschaffenheit
unsers
Nervensystems gewisse Fehler, über deren
Größe der Beobachter sich
Klarheit verschaffen muß.
Kann man eine Beobachtung
häufig wiederholen, so erreicht man eine größere Genauigkeit, wenn man aus den
Resultaten der einzelnen
möglichst exakten Beobachtungen
das
Mittel zieht, weil man annehmen kann, daß die gemachten Fehler sich
gegenseitig aufheben.
Gewisse Fehler aber eliminiert man von vornherein und bringt, nachdem ihre
Größe genau festgestellt
ist, an den Beobachtung
sresultaten
Korrekturen an (vgl.
Gleichung, persönliche). Bei astronomischen Beobachtungen
bedient
man sich zur Ermittelung der
Fehlergrenze vorzugsweise der
Methode der kleinsten
Quadrate. Eine »Allgemeine
Theorie der Zuverlässigkeit
¶
mehr
der Beobachtungen
und Versuche« gab schon Lambert im 1. Teil seiner »Beiträge zum Gebrauch der Mathematik« (Berl. 1760). -
Eine »Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen
auf Reisen« gab Neumayr, in Verbindung mit Ascherson, Bastian, W. Förster
u. a., heraus (Berl. 1875).