Titel
Beneficium
inventarii
(lat.), die
»Rechtswohlthat des Inventars«, wodurch sich der
Erbe gegen die
Gefahr, einen verschuldeten
Nachlaß anzutreten und dann mit seinem eignen
Vermögen für die Erbschaftsschulden und
-Lasten haften
zu müssen, vollständig und namentlich besser als durch das
Beneficium deliberandi (s.
Bedenkzeit) sichern kann. Der
Erbe tritt
nämlich in die gesamte vermögensrechtliche Persönlichkeit des
Erblassers ein. Zum
Vermögen einer
Person gehören aber auch
deren
Schulden, und so müßte denn an und für sich der
Erbe für alle
Schulden des
Erblassers aufkommen.
Damit nun aber wegen dieser Gefahr nicht zu häufig der Fall der Ausschlagung der Erbschaft eintrete, hat Justinian zu vollster Sicherheit des Erben die Rechtswohlthat des Inventars, welche früher nur den Soldaten zustand, allgemein eingeführt, die im allgemeinen darin besteht, daß der Erbe, welcher erklärt, er werde die ihm angefallene Erbschaft nur in Gemäßheit eines darüber anzufertigenden Verzeichnisses annehmen, für die Schulden und Lasten der Erbschaft nur insoweit ¶
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haftet, als die Erbschaftsmasse zureicht. Der Erbe heißt in diesem Fall »Benefizialerbe«. Die Wirkungen der Inventarserrichtung sind:
1) Die Vermächtnisnehmer und sonstigen Erbschaftsgläubiger dürfen während der gesetzlichen Frist der Inventarserrichtung den Erben nicht in Anspruch nehmen, wogegen ihnen auch währenddessen keine Verjährung läuft.
2) Der Erbe haftet für Erbschaftsschulden nie mit eignem Vermögen, sondern nur, soweit nach dem Verzeichnis der Nachlaß hinreicht.
3) Forderungen, die der Erbe gegen den Erblasser hatte, bleiben, während sie an sich mit dem Erbschaftserwerb durch Konfusion erlöschen würden, wirksam bestehen, so daß also der Erbe gleichsam selbst Erbschaftsgläubiger wird.
4) Der Erbe befriedigt die Erbschaftsgläubiger ohne Rücksicht auf etwanige Pfandrechte und Vorzugsrechte nach der Reihenfolge, wie sie sich melden. Denjenigen, die sonst gesetzlich einen Vorzug haben würden, wie Gläubigern vor Vermächtnisnehmern, bessern Gläubigern vor nachstehenden, bleibt daher nichts übrig, als ihren Regreß an die befriedigten Interessenten zu nehmen. Wenn Interessenten Zweifel in die Richtigkeit und Vollständigkeit des von dem Erben aufgenommenen Inventars setzen, so können sie von ihm die Ableistung des Offenbarungseides fordern.
Heutzutage wird die Rechtswohlthat des Inventars dadurch geltend gemacht, daß der Erbe bei dem zuständigen Gericht erklärt, er trete die Erbschaft mit der Rechtswohlthat des Inventars an, worauf sodann der Richter die Errichtung des Inventars sowie die Befriedigung der Gläubiger und die Auseinandersetzung der Verlassenschaft überhaupt von Amts wegen besorgt.
Vgl. Preußisches Landrecht, I, 9, § 413 ff., I, 16, § 486 ff.; Code civil, Art. 793 ff.; Österreichisches bürgerliches Gesetzbuch, § 800 ff.