Bayrischer
Erbfolgekrieg, der Streit um den Besitz Bayerns zwischen Österreich [* 2] und Preußen [* 3] 1778-79. Um sich für den Verlust Schlesiens zu entschädigen, suchte Kaiser Joseph II. eine Gelegenheit, Teile von Bayern [* 4] an sein Haus zu bringen. Eine solche schien sich 1778 zu bieten, als nach dem Aussterben der in Bayern regierenden ältern Wittelsbacher Linie mit dem Kurfürsten Maximilian Joseph der Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz (von der Sulzbachischen Linie) auch in Bayern succedieren sollte. Da Karl Theodor ohne legitime Nachkommen war und für sein verschwenderisches Leben viel Geld brauchte, so verstand er sich zu einer Konvention, wonach ganz Niederbayern, die Herrschaft Mindelheim in Schwaben und die böhmischen Lehen in der Oberpfalz an Österreich abgetreten werden sollten, wofür ihm von diesem das Erbrecht auf das übrige Bayern bestätigt wurde.
Joseph II. gründete seine Ansprüche auf jene Gebiete auf einen alten Lehnsbrief Kaiser Siegmunds vom Jahr 1426, dessen Echtheit und Bedeutung in weitläufigen staatsrechtlichen Deduktionen nachgewiesen wurde. Allein nun trat Friedrich II. von Preußen, der Österreich in Süddeutschland nicht allzu mächtig werden lassen wollte, ins Mittel: er vermochte Karl Theodors eventuellen Erben, den Herzog Karl von Pfalz-Zweibrücken, zum Protest beim Reichstag gegen jene Abtretung und erklärte sich bereit, ihn in seinen Rechten zu schützen.
Auf dem Reichstag erhob sich gegen das Vorgehen Österreichs gegründeter Widerspruch. Gleichzeitig wurden auch von Sachsen [* 5] Ansprüche auf einzelne Teile von Bayern erhoben, und es entspann sich ein langwieriger Federkrieg in diplomatischen Noten und politischen Deduktionen. Da die Unterhandlungen trotz der Abgeneigtheit der Kaiserin Maria Theresia gegen den Krieg nicht zum Ziel führten, so ließ Friedrich II. im Juli 1778 seine durch sächsische Regimenter verstärkten Truppen in Böhmen [* 6] einrücken, wo unter dem Oberbefehl Laudons und Lacys österreichische Truppen an der sächsischen und schlesischen Grenze zusammengezogen worden waren. Es kam aber, da kein Teil rechte Lust zum Krieg hatte, bloß zu strategischen Bewegungen und unbedeutenden Plänkeleien.
Weil es sich bei diesen oft nur um Erbeutung von Lebensmitteln handelte, nannten die Soldaten den Krieg »Kartoffelkrieg«. Der Eintritt des Winters machte auch diesem Scheinkrieg ein Ende, indem die preußischen Truppen sich der leichtern Verproviantierung wegen nach Schlesien [* 7] und Sachsen zurückzogen. Endlich kam unter Vermittelung Rußlands und Frankreichs und besonders durch die Bemühungen Maria Theresias der Friede von Teschen zu stande, in welchem Österreich das Innviertel mit Braunau erhielt, dafür aber seinen auf andre bayrische Gebiete erhobenen Ansprüchen entsagte, Preußen die Erbfolge in den Markgrafschaften Ansbach [* 8] und Baireuth [* 9] zugestanden und die Ansprüche Sachsens mit 12 Mill. Mk. und der Landeshoheit über die Schönburgschen Herrschaften abgekauft wurden.
Ein Nachspiel zu diesem Krieg war der 1785 gemachte Versuch Josephs II., Bayern gegen die österreichischen Niederlande [* 10] einzutauschen. Auch hierzu wäre Karl Theodor bereit gewesen; allein auch diesmal vereitelte Friedrich II. vermittelst des von ihm unterstützten Protestes des Herzogs Karl von Pfalz-Zweibrücken den Versuch und stiftete, um allen ähnlichen Projekten ein Ziel zu setzen, 1785 den Deutschen Fürstenbund.
Vgl. »Vollständige Sammlung der Staatsschriften zum Behuf der bayrischen Geschichte nach Absterben Kurfürst Maximilians III.« (Frankf. 1778);
Reimann, Geschichte des bayrischen
Erbfolgekriegs
(Leipz. 1869).