1) Wolf Heinrich von, General des Dreißigjährigen Kriegs, geb. 1597 aus einem alten Geschlecht der Oberlausitz,
trat in dänische Dienste, ward 1625 Oberst, focht unter Ernst von Mansfeld und übernahm nach dessen Tod 1626 den
Oberbefehl über seine Truppen. Nach dem Lübecker Frieden trat er als General in die schwedische Armee ein und kämpfte 1633 mit
Erfolg in den Rheinlanden. 1634
mehr
aber veruneinigte er sich mit dem schwedischen Reichsrat und ward sächsischer Generalfeldmarschall, mußte aber, 1636 bei
der Belagerung von Magdeburg schwer verwundet, seinen Abschied nehmen und ging als sächsischer Gesandter nach Kopenhagen. Er
starb 1646. Durch seine Vermählung mit Sophie v. Rantzau 1635 ward er Mitglied der schleswig-holsteinischen Ritterschaft, und
während die Familie in der Lausitz 1682 erlosch, gelangte sie in Holstein zu reichem Besitz u. wurde auch 1741 in den Reichsgrafenstand
erhoben.
2) Wolf Heinrich Friedrich Karl, Graf von, Schriftsteller, geb. zu Rantzau, trat nach Ablauf seiner Universitätsstudien
als Legationssekretär in dänischen Staatsdienst, erhielt 1810-14 Missionen nach Stockholm, Wien und Paris
und büßte im Sommer 1813 für seine deutsche Gesinnung durch halbjährige Haft auf der Festung Friedrichsort. Später machte
er Reisen nach Italien, Frankreich und Griechenland und nahm 1827 seinen dauernden Aufenthalt in Dresden, wo er bald in ein inniges
Verhältnis zu Tieck trat und an dessen Shakespeare-Übersetzung einen hervorragenden Anteil nahm. Er starb
daselbst Von seiner Hand sind in der sogen. Schlegel-Tieckschen Übersetzung folgende Stücke: »Viel Lärmen um nichts«;
»Der Widerspenstigen Zähmung«;
»Die Komödie der Irrungen«;
»Maß für Maß«;
»Ende gut, alles gut«;
»Antonius und Kleopatra«;
»Troilus und Cressida«;
»Die lustigen Weiber von Windsor«;
»Verlorne Liebesmüh'«;
»Titus Andronicus«;
»Heinrich
VIII.«;
»Othello« und »Lear«. Auch übertrug Baudissin die vier von Tieck herausgegebenen vermeintlichen Jugendarbeiten Shakespeares:
»Vier historische Schauspiele Shakespeares« (Stuttg. 1836).
Ferner veröffentlichte er unter dem Titel: »Ben Jonson und seine Schule,
mit Anmerkungen und einem historischen Überblick über die Geschichte der englischen Bühne« (Leipz.
1836, 2 Bde.) Übersetzungen älterer englischer Dramen und versuchte sich später auch auf dem Felde der mittelhochdeutschen
Litteratur, indem er Übertragungen des »Iwein mit dem Löwen« von Hartmann von Aue (Berl. 1845) und des »Wigalois« von Wirnt von Gravenberg
(Leipz. 1848) herausgab.
Seine spätere Thätigkeit als poetischer Übersetzer galt der französischen und italienischen Dichtung;
seine Hauptleistung war hier die ausgezeichnete Übertragung von Molières sämtlichen Lustspielen (Leipz. 1865-67, 4 Bde.),
worin die Alexandriner des Originals in fünffüßigen reimlosen Iamben wiedergegeben sind. Ihr schließen sich an: »Zwei dramatische
Dichtungen von Fr. v. Coppée« (Leipz. 1874),
»Carmontels und Leclerques dramatische Sprichwörter« (das.
1875) und »Italienisches Theater« (das. 1877), Dramen von Gozzi und Goldoni enthaltend.
3) Otto Friedrich Magnus, Bruder des vorigen, geb. zu Rantzau, trat in dänische Militärdienste und stieg bis zum Major.
In der schleswig-holsteinischen Bewegung stand er auf der Seite seiner Landsleute und trug namentlich
viel zum Anschluß der Truppen an die Landessache bei. Zum Obersten ernannt, hielt er sich in dem unglücklichen Gefecht bei
Bau zwei Stunden lang gegen eine dreifache Überzahl und erleichterte dadurch den Rückzug der Hauptarmee. Im Sommer 1849 ward
er in der Schlacht bei Kolding und 1850 bei Idstedt, wo seine Brigade tapfer standgehalten, schwer verwundet.
Im Februar 1851 erhielt er mit den übrigen Offizieren seinen Abschied und lebte seitdem, mit Kunststudien beschäftigt, in
Hamburg und Dresden. Er starb in Teplitz
Verwandt mit den Genannten sind
Ulrich von Baudissin, geb. dan. Major a. D., Verfasser mehrerer Romane:
»Ronneburger Mysterien« (Stuttg. 1869),
»Das Damenstift« (das. 1875),
und einer Reihe von Lustspielen, gesammelt in »Kleinigkeiten
für das Theater« (Altona 1863, am besten die originelle Posse »Ein Abenteuer auf der Eisenbahn«),
und dessen Bruder Adelbert, Graf
von Baudissin, geb. Letzterer, früher schleswig-holsteinischer Leutnant, lieferte mehrere Schriften
über Schleswig-Holstein, z. B. »Geschichte des
schleswig-holsteinischen Kriegs« (Hannov. 1862),
sowie historische Romane (»Christian VII. und sein Hof«, »Philippine Welser« etc.)
und novellistische Arbeiten, die sich jedoch nur wenig über das Niveau gewöhnlicher Unterhaltungslektüre erheben. Während
des deutsch-französischen Kriegs brachte er acht Monate auf dem Kriegsschauplatz zu. Auf der Rückreise
in Wiesbaden erkrankt, starb er daselbst
4) Wolf Wilhelm Friedrich, Graf, Theolog, geb. zu Sophienhof bei Kiel, habilitierte sich 1874 an der theologischen
Fakultät in Leipzig und folgte 1876 einem Ruf nach Straßburg, wo er 1880 ordentlicher Professor wurde. In gleicher Eigenschaft
ging er 1881 nach Marburg. Von seinen Veröffentlichungen nennen wir: »Translationis antiquae libri Jobi
quae supersunt« (Leipz. 1870);
»Eulogius und Alvar« (das. 1872);
»Studien zur semitischen Religionsgeschichte« (das. 1876-78, 2 Bde.).
alte lausitzsche Familie. In der Lausitz, wo Schmollen und Luppau zu ihren Gütern gehörten, erlosch sie 1682 mit
Wolf Siegmund von Baudissin (auf Schmollen). Wolf Heinrich von Baudissin, aus dem Hause Luppau (1579-1646), schwed. Feldmarschall,
ging nach Holstein, wo er unter die Ritterschaft aufgenommen ward. Sein Enkel, Wolf Heinrich von Baudissin, geb. gest.
war königlich poln. und kurfürstlich sächs. General der Kavallerie sowie Kabinettsminister und wurde im
kursächs.
Reichsvikariat in den Reichsgrafenstand erhoben. Dessen beide Enkel pflanzten das Geschlecht in Holstein fort. Der eine,
Graf Heinrich Friedrich von Baudissin (geb. gest.
wirkte als dän. Gesandter am preuß. Hofe, der andere, Karl Ludwig von Baudissin (geb. gest.
war dän. Generallieutenant, Gouverneur von Kopenhagen und Ordensmarschall. Sein Sohn Heinrich August (1793-1834) beerbte seinen
Großoheim, den letzten Grafen Zinzendorf in Österreich, und nahm 1816 dessen Namen und Wappen an. Dieser Zweig wird jetzt durch
Graf Karl Ludwig von Baudissin-Zinzendorf, geb. vertreten.
Des Grafen Karl Ludwig Söhne waren der Schriftsteller Graf Wolf Heinr. von Baudissin (s. d.) und
der General Graf Otto von Baudissin (s. d.). Die Gemahlin von Heinrich Friedrich, Gräfin Karoline Adelheid von Baudissin, geborene Gräfin von
Schimmelmann, geb. zu Dresden, gest. lernte 1791 Herder, dessen innige Freundin
sie wurde, in Karlsbad kennen. Einer ihrer Enkel, Graf Ulrich von Baudissin, geb. gest. in
Wiesbaden, hat sich als Schriftsteller bekannt gemacht (z. B. durch die Romane: «Ronneburger Mysterien», Stuttg. 1869, und «Das
Damenstift», 4 Bde., ebd. 1875: die Lustspiele: «Kleinigkeiten für das Theater», Altona 1863, darin die
originelle Posse: «Ein Abenteuer auf der Eisenbahn»): ein anderer, Graf Adalbert von
Baudissin (geb. gest. zu
Wiesbaden),
war 1849 und 1850 Oberlieutenant in der schlesw.-holstein. Armee und veröffentlichte, außer einer «Geschichte
des schlesw.-holstein. Krieges» (Hannov. 1862),
novellistische Arbeiten und histor. Romane, z. B. «Christian
VII. und sein Hof» (ebd. 1863). Familienhaupt ist Graf Otto von Baudissin, geb.
Otto Friedr. Magnus, Graf von, schlesw.-holstein. General, geb. zu Rantzau, trat frühzeitig in
die Armee und war bei Erhebung der Herzogtümer 1848 Major im dän. Heere, aus dem er in die schlesw.-holstein.
Armee übertrat und die Führung des 3. Linienbataillons übernahm. In dem unglücklichen Gefecht bei Bau 9. April hielt sich Baudissin gegen
große Übermacht stundenlang und ermöglichte dadurch den Rückzug der Hauptarmee. Am nahm er mit seinem Bataillon
teil an der Schlacht von Schleswig und 1849 an der Schlacht von Kolding, wo er den linken Flügel kommandierte
und schwer verwundet wurde; trotzdem gab er das Kommando nicht ab und trug wesentlich zum Erfolge des Tages mit bei. 1850 zum
Generalmajor befördert, führte er in der Schlacht von Idstedt den linken Flügel, wurde jedoch
abermals bei dem Angriffe auf das Buchholz sehr schwer verwundet. An den weitern Unternehmungen nahm Baudissin nicht mehr teil, lebte
nach Auflösung der Armee 1851 in Zurückgezogenheit meist in Hamburg und starb in Teplitz.
Wolf Heinr., Graf von, Schriftsteller, Bruder des vorigen, geb. zu Rantzau,
trat nach Ablauf seiner Universitätsstudien in den dän. Staatsdienst und war als Legationssekretär 1810-14 in Stockholm,
Wien und Paris; Sommer 1813 kam er wegen deutscher Gesinnung ein halbes Jahr auf die Festung Friedrichsort. Später machte Baudissin mehrjährige
Reisen nach Italien, Frankreich und Griechenland und hielt sich seit 1827 bis zum Tode hauptsächlich
in Dresden auf, wo er in ein enges Verhältnis zu Tieck trat und an Schlegel-Tiecks Shakespeare-Übersetzung eifrig teilnahm.
«Heinrich VIII.», «Viel Lärmen um Nichts», «Die
Widerspenstige», «Die Irrungen», «Maß für Maß», «Ende gut, Alles gut», «Antonius und Kleopatra», «Troilus
und Cressida», «Die lustigen Weiber von Windsor», «Verlorene Liebesmühe», «Titus Andronicus», «Othello» und «Lear» wurden von
Baudissin verdeutscht, von Tieck durchgesehen und mit Anmerkungen begleitet. Auch übertrug Baudissin die vier von Tieck herausgegebenen
pseudoshakespeareschen Stücke «Eduard III.», «Thomas Cromwell», «Oldcastle» und «Der
Londoner Verschwender» (Stuttg. 1836). In «Ben Jonson und seine Schule, mit Anmerkungen und einem histor.
Überblick über die Geschichte der engl. Bühne» (2 Bde., Lpz. 1836)
gab er Übersetzungen älterer engl. Dramen. Aus der mittelhochdeutschen Litteratur erneuerte Baudissin «Iwein mit dem Löwen» von
Hartmann von Aue (Berl. 1845) und den «Wigalois»
Wirnts von Grafenberg (Lpz. 1848). Den Höhepunkt seiner Übersetzerthätigkeit
bezeichnete die Verdeutschung der Lustspiele Molières (4 Bde., Lpz.
1865-67),
unter denen er die im Alexandriner geschriebenen, um sie der deutschen Bühne zugänglicher zu machen, in fünffüßige
Jamben übertrug; ferner übersetzte er «Zwei dramat.
Dichtungen von Fr. Coppée» (ebd. 1874),
«Dramat. Sprichwörter» von Carmontelle und Th. Leclerq (2 Bde.,
ebd. 1875),
Stücke von Gozzi und
mehr
Goldoni in «Ital. Theater» (ebd. 1877).
Vgl. die Mitteilungen aus Briefen und Tagebüchern in dem von seiner Witwe zusammengestellten
«Gedenkbuch» (1880, als Manuskript gedruckt).
Eine Lebensskizze B.s schrieb G. Freytag («Gesammelte Werke», XVI).
Wolf Wilh., Graf von, prot. Theolog, Neffe des vorigen, geb. zu Sophienhof in
Holstein, studierte in Erlangen, Berlin, Leipzig und Kiel, habilitierte sich 1874 zu Leipzig, wurde 1876 außerord. Professor
in Straßburg, 1880 ord. Professor daselbst und 1881 in Marburg. Er veröffentlichte: «Translationis antiquae arabicae libri
Jobi quae supersunt» (Lpz. 1870),
«Eulogius und Alvar. Ein Abschnitt span. Kirchengeschichte aus der Zeit der Maurenherrschaft»
(ebd. 1873),
«Jahve et Moloch sive de ratione inter deum Israelitarum et Molochum intercedente» (ebd. 1874),
«Studien zur semit.
Religionsgeschichte» (2 Hefte, ebd. 1876-78),
«Die Geschichte des alttestamentlichen Priestertums untersucht» (ebd. 1889).