und Josaphat, einer der verbreitetsten geistlichen Romane des Mittelalters, in welchem die Bekehrungsgeschichte
des indischen PrinzenJosaphat durch den asiatischen EremitenBarlaam erzählt wird. Der Inhalt ist kurz folgender: Avenier,
ein indischer König, ist gegen die Christen. Von seinem Sohn Josaphat prophezeien die Wahrsager, daß
er zum Christentum übergehen werde. Er wird daher in einem abgeschlossenen Palast zu aller heidnischen Weisheit auferzogen.
Als er den Grund der Absperrung erfährt, verlangt er, ein kraftvoller Jüngling, mehr Freiheit. Sie wird ihm gewährt; es erscheint
der weise Barlaam als Juwelier, deutet ihm als den kostbarsten Stein das Christentum aus und predigt dieses.
Josaphat läßt sich taufen. AlleMittel, ihn zurückzubringen, scheitern; bei großen Disputationen werden selbst die eifrigsten
Heiden plötzlich bekehrt. Der Zauberer Theodas bringt schöne Weiber und Teufel herbei; Josaphat betet, bleibt standhaft, bekehrt
sogar den Theodas.
Avenier, der Vater, teilt das Reich mit seinem Sohn; dieser regiert christlich, baut Kirchen, ist und macht
glücklich, während der Vater im Unglück fast untergeht. Endlich bekehrt der Sohn auch ihn. Als Avenier im Einsiedlerstand
gestorben ist, legt Josaphat die Krone nieder, geht in die Wüste, kämpft mit Teufeln, findet seinen Barlaam, begräbt ihn und
stirbt selbst als Heiliger. Dieser Roman beruht, wie Liebrecht (in Eberts »Jahrbuch« 1862) nachgewiesen hat,
auf buddhistischen Quellen und stellt sich als eine christlich umschriebene, sehr genaue Schilderung des LebensBuddhas dar.
Der griechische Urtext, als dessen Verfasser der Patriarch von Antiochia, Johannes Damascenus junior (um 1090), genannt wird,
wurde zuerst von Boissonade in dessen »Anecdota« (Bd.
4) herausgegeben und von Liebrecht ins Deutsche
[* 6] übersetzt (Münst.
1847). Doch war schon im Mittelalter der Roman in einer lateinischen Übersetzung vielfach verbreitet. Vinzenz vonBeauvais verwebte
die Geschichte in sein »Speculum historiale«. Aus jener lateinischen Übersetzung flossen zunächst drei französische Bearbeitungen
in Versen, vom anglonormännischen Trouvère Chardry im 13. Jahrh. (hrsg. vonKoch, Heilbr. 1879), von Gui deCambrai (hrsg. von Zotenberg und P. Meyer, Stuttg. 1864) und von Herbert, sowie einige Prosaübersetzungen und eine Bearbeitung
von Girard (Par. 1642). Aus einem nordfranzösischen oder provençalischen Original ging im 14. Jahrh. die italienische »Storia
de S. Barlaam« (zuletzt Rom
[* 7] 1816) hervor.
Ebenfalls aus dem Lateinischenübertragen sind Juan de Arze Solorzanos »Historia de Barlaam y Josaphat« (Madr. 1608), eine um 1470 verfaßte
böhmische Bearbeitung (Prag
[* 8] 1593) und eine polnische in Versen von Kulizewski (Krak. 1688). Antonio de Borgio übersetzte das
Buch in die
Tagalasprache auf den Philippinen (Manila 1712). Eine deutsche Bearbeitung lieferte Rudolf von Ems
im 13. Jahrh. in seinem Gedicht »Barlaam u.
J.« (hrsg. von Köpke, Königsb. 1818, und Pfeiffer, Leipz. 1843). Er dichtete es in ausdrücklicher Opposition »gegen Lug und
Trug der weltlichen Aventuren«, und um den Sieg des Christentums zu verherrlichen.
Eine zweite deutsche Bearbeitung von einem unbekannten Verfasser ist nur in Bruchstücken bekannt geworden (durch Pfeiffer
in Haupts »Zeitschrift für deutsches Altertum« 1841 und in »Forschung und Kritik«, Wien
[* 9] 1863); eine dritte, noch ungedruckte
von einem BischofOtto aus dem 13. Jahrh. enthält die gräfliche Bibliothek zu Solms-Laubach. Aus dem Deutschen
flossen eine isländische »Barlaams-Saga« sowie das schwedische Volksbuch
»Barlaam och Josaphat« (15. Jahrh.; bearbeitet von KeyserundUnger, Christiania
[* 10] 1851).
Vgl. Braunholtz, Die erste nichtchristliche
Parabel
[* 11] des Barlaam (Halle
[* 12] 1884).
griech. Basilianermönch, geb. Ende des 13. Jahrh.,
wurde 1331 Abt des KlostersSanSalvator in Konstantinopel. Der KaiserAndronikos Paläologos schickte ihn 1339 nach Avignon zu Papst
Benedikt XII., um für eine Vereinigung der griech. mit der röm. Kirche zu wirken. Nach seiner Rückkehr
geriet er mit den Hesychasten (s. d.) in Streit, mußte 1341 auf einer Synode zu Konstantinopel widerrufen, ging dann nach Neapel,
[* 13] trat 1342 zur röm. Kirche über und erhielt von Clemens VI. das Bistum Geraci in Unteritalien, wo er 1348 (oder
1358) starb. Barlaam war ein großer Gelehrter, Astronom, Mathematiker und Philosoph und hat sich um die Verpflanzung griech. Wissenschaft
nach Italien Verdienste erworben; unter andern war auch Petrarca sein Schüler. Sein Hauptwerk ist «Ethica secundum stiocos».
ein in alle
europ. Litteraturen übergegangener Roman des Mittelalters, die Bekehrungsgeschichte des ind. Prinzen Josaphat (Joasaph) durch
den ascetischen Einsiedler Barlaam enthaltend. Liebrecht («Die Quellen des u. J.», «Jahrbuch für roman. Litteratur»
1862; neuer Abdruck in «Zur Volkskunde», Heilbr. 1879) wies nach, daß der Roman eine Bearbeitung einer
Episode aus der Lebensgeschichte des Königssohns Siddharta ist, der später unter dem NamenBuddha (der «Erleuchtete») Stifter
des Buddhismus wurde (vgl. Foucaux' Übersetzung des Lalitavistara).
Die Ähnlichkeit
[* 14] zwischen der ind. Erzählung und der christl. Legende
ist sehr groß. Hinzugekommen ist in der letztern der dogmatische Teil, die BekehrungJosaphats durch Barlaam,
vor allem die
[* 15]
Figur Barlaams selbst. Früher meinte man irrtümlich, daß der Legende histor. Thatsachen zu Grunde lägen.
Die NamenBarlaam und Josaphat sind sowohl in griech. Menologien als in das röm. Martyrologium übergegangen. Einen histor.
Barlaam giebt es; er lebte im 3. oder 4. Jahrh., hat aber mit dem Barlaam
der Legende nichts gemein. Das griech. Original verfaßte ein Mönch Johannes um 630 im Sabaskloster bei Jerusalem
[* 16] oder der
Kirchenvater Johannes von Damaskus im 8. Jahrh.; die griech. Handschriften
(älteste aus dem 11. Jahrh.) und deren slaw. Bearbeitungen weisen
auf zwei ver-[^folgende Seite]
¶
mehr
schiedene Fassungen. Die Wirkung des Romans beruhte wesentlich auf den eingelegten Parabeln, worunter die von Rückert bearbeitete
vom Mann im Syrerland, die von den drei Lehren
[* 18] des Vögleins, vor allem die vom Freunde in der Not.
Den westeurop. Bearbeitungen liegt eine lat. Übersetzung aus dem Griechischen zu Grunde (älteste Handschrift
aus dem 12. Jahrh.). Es sind dies u. a. drei französische in
Versen aus dem 13. Jahrh.: eine anonyme, eine anglo-normannische von Chardri (hg. vonKoch, Heidelb. 1879) und eine von Gui
de Cambrai (hg. von P. Meyeru. Zotenberg, Stuttg. 1864);
außerdem franz. Prosabearbeitungen des 16. und 17. Jahrh.
Die ital. «Storia de S. Barlaam»
(Anfang des 14. Jahrh., gedruckt zuletzt Rom 1816) fußt auf nordfranz. oder provencal.
Vorlage. Drei mittelhochdeutsche Bearbeitungen
stammen aus dem 13.Jahrh.: von Rudolf von Ems
[* 19] (hg. von Pfeiffer, Lpz. 1843);
eine anonyme (hg. von Pfeiffer in Haupts «Zeitschrift
für deutsches Altertum», Bd. 1) und eine dritte,
ungedruckte, von einem BischofOtto (auf der gräfl. Solmsschen Bibliothek zu Laubach);
außerdem eine deutsche Prosaübersetzung
(Augsburg,
[* 20] Günther Zainer, um 1478).
Auf der deutschen Bearbeitung fußt die isländ. «Barlaams-Saga» und das
schwed. Volksbuch «Barlaam och Josaphat» (Krist. 1851). Auch in die niederländ. Litteratur drang der Stoff ein. Aus dem
Lateinischen sind ferner übertragen: die span. «Historia de Barlaam y Josaphat», von Juan de Arze Solorcanos (Madr. 1608);
die
westslaw. Versionen, eine czechische (um 1470, gedruckt z. B. Prag 1593) und eine polnische in Versen von Kuligowski (Krakau
[* 21] 1688), und endlich eine Übersetzung in die Tagalasprache (Manila 1712).
Aus dem griech. Original ging
ferner hervor eine syr. Übersetzung, aus dieser zwei arabische (deren eine einer dritten arabischen und einer äthiopischen
zu Grunde lag). Die arab. Version wurde dann vom Mohammed. Standpunkte bearbeitet und diese
wieder vom jüdischen. Eine ältere arab. Gestalt geht nicht auf das griech.,
sondern auf ein Pehlevi-Original zurück. Aus dem Griechischen stammen andererseits die süd- und die
ostslaw. Versionen, ebenso die rumänische. Endlich wurde direkt aus dem Griechischen eine franz. Übersetzung von einem im 13. Jahrh,
in Griechenland
[* 22] lebenden Franzosen gemacht (vgl. Bibliothèque de l'Ecole des Chartes, 6e Série, 1866, II, 313). Motive der
Legende gingen in andere Legenden, in die Predigt, ins Volkslied (russisch und rumänisch) über, einzelne
Parabeln wurden in der Kunst verwendet (Miniaturen, Thor des Baptisteriums zu Parma,
[* 23] Thor der Sophienkirche zu Nowgorod).
Vgl. Krumbacher, Geschichte der byzant.
Litteratur (Münch. 1891), wo die einschlägige Litteratur verzeichnet ist;Kuhn, u.
J. Bibliogr.-litterargeschichtliche Studie (ebd. 1893).