Balsamo
,
Giuseppe, s. Cagliostro.
Balsamo
4 Wörter, 34 Zeichen
Balsamo,
Giuseppe, s. Cagliostro.
(spr. kaljó-), Alexander, Graf von, eigentlich Joseph Balsamo
, ein weltbekannter Abenteurer des 18. Jahrh.,
geb. zu Palermo
[* 3] von armen Eltern, trat früh in das Seminar des heil. Rochus zu Palermo, dann in
den Ordenskonvent der Barmherzigen Brüder zu Caltagirone, wo er unter Anleitung des Klosterapothekers einige medizinische,
chemische und pharmazeutische Kenntnisse sich aneignete. Wegen schlechter Aufführung aus dent Kloster gewiesen, führte er in
Palermo als Raufbold, Fälscher, Kuppler und Gauner ein wüstes Leben, bis er es, der Polizei verdächtig geworden,
geraten fand, sich 1769 nach Griechenland,
[* 4] Ägypten
[* 5] und Vorderasien auf Reisen zu begeben.
Zurückgekehrt, stellte er sich auf Malta dem Ordensgroßmeister als Graf Cagliostro vor und wußte dessen alchimistischen Passionen so zu schmeicheln, daß er von ihm Empfehlungen erhielt, die ihm in Rom und [* 6] Neapel [* 7] Zutritt in die ersten Häuser eröffneten. In Rom heiratete er die reizende Tochter eines Gürtlers, Lorenza Feliciani, deren Schönheit und Gewandtheit in Intrigen er zur Ausführung seiner Schwindeleien und zur Füllung seiner Taschen benutzte. Mit ihr reiste er durch Oberitalien [* 8] und Deutschland [* 9] 1771 nach London, [* 10] von da nach Paris, [* 11] und während die schöne Lorenza mit ihren Reizen wucherte, verkaufte ihr Gemahl verjüngende Lebenstinkturen, ¶
Universalessenzen, Schönheitswasser, trieb Goldmacherei und die Auffindung des Steins der Weisen, beschwor Geister und gewann bedeutende Summen. Nach einem Ausflug nach den Niederlanden und nach Deutschland tauchte er in Palermo wieder aus, wo ihn aber nur die Gunst eines sizilischen Prinzen, welchen Lorenza gewonnen hatte, dem Kerker entriß. Er begab sich nun über Malta, Neapel und Marseille [* 13] nach Spanien, [* 14] wo er namentlich in Barcelona, [* 15] Valencia [* 16] und Cadiz [* 17] unter dem Namen eines Tischio sein Wesen trieb.
Bei einem zweiten Aufenthalt in London in den Freimaurerorden ausgenommen, bewegte er sich in den höchsten Kreisen, machte fürstlichen Aufwand und spielte, namentlich in weiblichen Kreisen fast vergöttert, eine glänzende Rolle. Er erfand ein eignes maurerisches System, das er als ägyptische Maurerei bezeichnete, gab sich für einen Sendboten des Elias oder Großkophta, später für letztern selbst aus, leitete sein Dasein von der Liebe eines Engels zu einem irdischen Weib her und wollte gesandt sein, um die Gläubigen durch physische und moralische Wiedergeburt zu höherer Vollkommenheit zu führen.
Vom Haag, [* 18] wo er die nüchternen Holländer beschwindelte, begab er sich über Venedig [* 19] und Berlin, [* 20] wo er wenig Anklang fand, nach Mitau [* 21] in Kurland, [* 22] wo er eine Zeitlang die erlesensten Kreise [* 23] bezauberte. Selbst die Gräfin Elisa von der Recke war eine Zeitlang seine begeisterte Anhängerin. Auch in Frankfurt [* 24] a. M. und Straßburg, [* 25] wohin er sich über Petersburg [* 26] und Warschau [* 27] begab, wurde er glänzend aufgenommen. In Paris, wohin er sich mit dem Kardinal von Rohan begab, ward er in die bekannte Halsbandgeschichte desselben verwickelt, in die Bastille gesetzt und, obwohl an dem betrügerischer Schwindel nicht beteiligt, durch Endurteil vom aus Frankreich verbannt. In Deutschland war ihm, teils durch die selbstverleugnende Offenheit, mit welcher Elisa von der Recke in der »Nachricht von des berüchtigten Cagliostro Aufenthalt in Mitau« (Berl. 1787) mit ihrer eignen Schwäche Cagliostros Nichtigkeit aufgedeckt hatte, der Aufenthalt unthunlich gemacht worden.
Auch aus Oberitalien vertrieben, wandte er sich nach Rom, wo er das Ziel seiner Laufbahn finden sollte. Anfangs lebte er hier sehr eingezogen; bald aber begann er, durch Mangel getrieben, für die ägyptische Maurerei zu wirken, wurde durch einen seiner Adepten verraten und im Dezember 1789 auf die Engelsburg in Haft gebracht. Die römische Inquisition zog ihn wegen Ketzerei in Untersuchung und verurteilte ihn zum Tod. Pius VI. verwandelte die Todesstrafe in lebenslängliche Haft.
Lorenza ward in ein Strafkloster gebracht. Cagliostro starb im Fort San Leone bei Urbino. Er war von Statur klein, dick, mit gewaltig breiten Schultern, hatte ein feuriges, durchdringendes Auge, [* 28] eine volle, weit tönende Stimme und sprach geläufig mehrere Sprachen. Ausgezeichnete Geistesanlagen, große Menschenkenntnis und Gewandtheit sind ihm nicht abzusprechen. Diesen Eigenschaften wie der Leichtgläubigkeit und Wundersucht des Jahrhunderts sind seine vorübergehenden Erfolge zuzuschreiben.
Vgl. »Cagliostro in Warschau, oder Tagebuch über Cagliostros magische und alchimistische Operationen daselbst im Jahr 1780, von einem Augenzeugen« (a. d. Franz. von J. F. ^[Friedrich Johann Justin] Bertuch, Königsb. 1786);
»Compendio della
vita e delle gesti di Giuseppe Balsamo
denominato il conte Cagliostro etc.« (Rom 1791; deutsch von Jagemann, Weim. 1791);
Bülau, Geheime Geschichten und rätselhafte Menschen, Bd. 1 (Leipz. 1850);
Sierke, Schwärmer und Schwindler zu Ende des 18. Jahrhunderts (das. 1875).
Die »Mémoires pour servir à l'histoire du comte de Cagliostro« (Par. 1785) sind erdichtet.