Titel
Bahnhöfe
[* 2] (hierzu Tafel »Neuere Bahnhöfe«
),
die
Örtlichkeiten für den öffentlichen
Verkehr zwischen
Eisenbahn und
Publikum und zugleich für die Erledigung der
Geschäfte des innern Betriebsdienstes. Die
Bestandteile der
oder die Bahnhofsanlagen lassen sich demnach gliedern in die beiden Hauptgruppen der Verkehrsanlagen und Betriebsanlagen.
Die Verkehrsanlagen zerfallen weiter in die unten eingehend zu behandelnden Personenbahnhöfe
, welche für alle mit Personenzügen
beförderte
Dinge (Reisende,
Post, Eilgut,
Kutschen und kleinere Viehtransporte) bestimmt sind, und Güterbahnhöfe
, auf welchen
alle mit Güterzügen beförderten
Sachen abgefertigt werden.
Die Güterbahnhöfe
gliedern sich weiter in
Stückgut-, Rohgut-, Vieh- und Hafenbahnhöfe
, je nachdem sie für die stückweise
zu verwiegenden
Güter, für den Wagenladungsverkehr (Rohgut oder Rohprodukte, als
Feldfrüchte,
Kohlen,
Holz,
[* 3]
Steine,
Erze etc.),
für größere Viehtransporte mit besondern
Zügen oder endlich für den
Be- und Entladungsverkehr der
Fluß- und Seeschiffe bestimmt sind. Auch kann man als eine fünfte
Gruppe noch die Privatbahnhöfe
für
Hüttenwerke,
Gruben,
Fabrikanlagen etc. hier anreihen.
Die Stückgutbahnhöfe
, welche im engern
Sinne auch als Güterbahnhöfe
bezeichnet werden, bestehen in der Hauptsache aus
Güterschuppenanlagen von verschiedener Grundform nebst den zugehörigen Geleisanlagen; die Rohgutbahnhöfe
werden in der
Regel aus wiederholten stumpf endigenden Geleisgruppen (von je zwei Geleisen) mit zwischengelegten Ladestraßen
gebildet nebst
Zubehör an
Brückenwagen (zur Bestimmung des
Wagen- und Ladungsgewichts), an
Rampen,
Kränen etc. Die Viehbahnhöfe
enthalten an und zwischen den Geleisen größere Rampenanlagen zur bequemen Verladung des Viehs in die
Lang- und
Querseiten der Bahnwagen und aus denselben, dazu auch
Stallungen für längere Unterstellung des Viehs, namentlich bei Übernachtungen,
nebst den
Anlagen zum
Füttern und Tränken der
Tiere sowie zum Reinigen und Desinfizieren der
Wagen mit kaltem und heißem
Wasser.
Die Hafenbahnhöfe
bilden, namentlich bei Seehäfen, weit ausgedehnte Geleisanlagen mit
Schuppen,
Speichern
und sehr verschieden gestalteten Hebevorrichtungen, welche sich an den Schiffskais entlang ziehen. In neuerer Zeit wird bei
Seehäfen besonderer Wert darauf gelegt, daß die
Kräne beweglich sind und die den
Schiffen enthobenen
Waren sowohl auf das
unmittelbar am Kairand liegende Eisenbahngeleis als auch darüber hinweg auf den Ladesteig der dahinter
liegenden
Schuppen niederlassen, bez. die
Waren ebenso entnehmen können. Diese
Kräne werden deshalb jetzt meist so angelegt,
daß sie mit einer großen
Spurweite das Eisenbahngeleis und den dazu nötigen freien
Raum ganz überspannen.
Die Betriebsanlagen umfassen zunächst die Anlagen für den Maschinendienst (Lokomotivschuppen mit Zubehör an Drehscheiben, Kohlenbühnen, Wasserstationen);
ferner für den Rangierdienst: Rangierbahnhöfe
zum
Zerlegen und ordnungsmäßigen
Zusammenstellen der
Züge (zahlreiche Geleisgruppen nebst
Stell- und Signalvorrichtungen);
weiter die
Anlagen für den Werkstättendienst:
Werkstättenbahnhöfe
zum Instandhalten der
Lokomotiven und
Wagen sowie sonstigen Betriebsmaterials;
endlich Anlagen zur Gewinnung von Bau- und Bettungsmaterial: Materialstationen, als Kiesgruben, Kiesbaggereien etc.
Eine mehr oder weniger scharfe räumliche Trennung der voraufgeführten einzelnen Anlagen pflegt nur bei großen Verkehrsplätzen erkennbar zu werden, ¶
mehr
wo manche derselben, wie z. B. der Personen-, Güter-, Rohgut-, Rangierbahnhof etc., oft ganz selbständige Örtlichkeiten
bilden, ja sogar der Rohgutbahnhof noch wieder in getrennte Spezialbahnhöfe
(für Kohlen, Getreide
[* 5] etc.) zerfallen kann. Bei
kleinern Orten pflegen dagegen die Bestandteile in mehr oder weniger enger Verbindung bis zu einer einzigen gemeinsamen Anlage
vereinigt zu sein.
Die Personenbahnhöfe
bestehen im wesentlichen aus Geleisanlagen mit seitlichen oder zwischenliegenden, offenen oder überdeckten
Bahnsteigen und zugehörigen Empfangs- und Nebengebäuden, woran sich dann, oft in Anbauten oder selbständigen Gebäuden,
Räume für den Postdienst und für Eilgut sowie Rampen für Kutschen, Pferde
[* 6] etc., endlich weiterhin die erforderlichen Geleise
und Gebäude für den Maschinendienst der Personenzüge sowie unter Umständen auch Schuppen für Personenwagen anreihen.
Für die weitere Ausgestaltung der Personenbahnhöfe kommt sodann einmal deren Lage zu dem betreffenden Bahnnetz und weiter die Grundrißform der Hauptteile, d. h. die Anordnung der Bahnsteige und des Hauptgebäudes zu den Hauptgeleisen, auf welchen die Züge aus- und einlaufen, in Frage. In ersterer Hinsicht sind zu unterscheiden: End-, Zwischen-, Trennungs- (oder Anschluß-) und Kreuzungsstationen, zu denen noch Kombinationen, wie z. B. Verbindungen von End- mit Zwischen- oder Kreuzungsstationen, mehrfache Trennungsstationen etc., kommen, welche dann wohl als Knotenpunktstationen bezeichnet werden.
Bezüglich der Grundrißform sind die Kopf-, Durchgangs-, Keil- und die Inselform zu unterscheiden, je nachdem die Hauptgeleise stumpf endigen, durchgehen, von zwei Richtungen keilförmig zusammenlaufen oder die Bahnsteige nebst Gebäuden allseitig umschließen. Die Form der Kopfstation ist zu Anfang des Eisenbahnbaues in Deutschland [* 7] vielfach auch bei kleinern Städten zur Anwendung gelangt, indem man eine Weiterführung über den als Endstation gedachten Bahnhof hinaus oder eine Verbindung mit andern ebenfalls endigenden Bahnlinien zur Zeit nicht voraussah.
Bei der zunehmenden Ausbreitung und Verdichtung des Eisenbahnnetzes wurden später solche Kopfstationen in sehr vielen Fällen wegen der damit verbundenen Betriebserschwerungen, da, wo die Bahnhöfe zu Zwischen- oder Trennungsstationen geworden waren, durch Um- oder Neubauten beseitigt. Nur an ausgesprochenen Endpunkten großer Bahnsysteme und in einzelnen Großstädten auch als Knotenpunkte vieler zusammenlaufender Bahnen hat man in neuerer Zeit die Kopfform beibehalten, wenn die örtlichen Verhältnisse andernfalls eine zu große Entfernung des Bahnhofs vom Innern der Stadt bedingt haben würden. So sind als Kopfstationen unter andern in Berlin [* 8] noch seit Ende der 60er Jahre der Görlitzer und Lehrter Bahnhof neu entstanden, der Potsdamer, Stettiner und später der Anhalter durch große Neubauten ersetzt (ebenso der später eingegangene Ost- und der Schlesische Bahnhof, welcher mit Anlage der Stadtbahn zum Durchgangsbahnhof umgebaut wurde). Die Kopfbahnhöfe zu Braunschweig, [* 9] Kassel, [* 10] Stuttgart, [* 11] Heidelberg [* 12] u. a. sind bisher in ihrer ursprünglichen Grundform beibehalten, obwohl sie heute einem lebhaften Durchgangs- und Knotenpunktverkehr zu
[* 4] ^[Abb.: Fig. 1. Personenbahnhof Frankfurt [* 13] a. M. 1887. G.-Stg. Gepäcksteig, P.-Stg. Personensteig, a Kasse, b Räume für hohe Herrschaften, c Damenzimmer, d Gepäckabgabe, e Polizei, f, g Aborte, h Waschzimmer für Herren, i Waschzimmer für Damen, k Treppe [* 14] zur Wohnung des Wirtes, I Handgepäck, m Vorstand und Telegraph, [* 15] n Kesselanlage für die Heizung.] [* 16] ¶
mehr
dienen haben. In Metz [* 18] (1879), in München [* 19] (1884) und neuestens in Frankfurt a. M. (1887, s. Textfig. 1 und [* 17] Fig. 1 der Tafel) sind sogar an Stelle älterer Anlagen großartige Kopfstationen neu errichtet worden, in Frankfurt für 7, in München für 8 einlaufende Bahnlinien (vgl. »Frankfurt und seine Bauten«, 1886, S. 455 ff., und »Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens«, 1887, S. 181 ff.). Das sind jedoch in Deutschland ziemlich vereinzelte Fälle; im allgemeinen geht vielmehr in der Neuzeit das Streben dahin, die Kopfstationen, zumal an größern Knotenpunkten, möglichst zu beseitigen (wie neuestens in Düsseldorf) [* 20] und die Linien in andrer Weise zusammenzuführen.
Die Durchgangsform mit Vorgebäude, d. h. einseitig neben den Geleisen (seltener beiderseits) gelegenem Empfangsgebäude mit einem Haupt- und einem Zwischenbahnsteig, seltener mit beiderseits gelegenen Außensteigen, ist zunächst die für Zwischenstationen gegebene und allgemein angewendete. Dieselbe Form, durch mehrfache Wiederholung des Zwischensteigs, auch wohl durch Hinzunahme eines Außen- oder Gegensteigs erweitert, findet jedoch auch Verwendung für den Zusammenlauf mehrerer Linien, namentlich wenn dieselben alle oder größtenteils weitergeführt sind.
Während man in solchen Fällen früher allgemein die Überschreitung der Schienen durch das Publikum von einem zum andern Bahnsteig zuließ und sogar zu deren Erleichterung die niedrigen Bahnsteige eingeführt hat, wird neuerdings überall, wo lebhafter Verkehr stattfindet, großer Wert gelegt auf die Anlage schienenfreier Verbindungen und Zugänge sowohl zwischen den Bahnsteigen und dem Gebäude, als auch zwischen letzterm und den Straßen der Stadt. In den meisten Fällen wird dies erleichtert durch Hochlegung der Bahn, welche zugleich auch außerhalb des Bahnhofs die schienenfreie Kreuzung mit den Straßenzügen durch Unterführung der letztern in der leichtern Weise gestattet, während dem gegenüber eine Überführung der Straßen wegen der erforderlichen größern Durchfahrthöhe der Eisenbahnfahrzeuge einen erheblich stärkern Höhenunterschied, mithin längere Steigungsrampen für die Straßen bedingt und namentlich weit höhere Treppenanlagen für die Fußgänger zwischen den Bahnsteigen verlangt, als dies für die verhältnismäßig niedrigen Fußgängertunnels unter den Geleisen der Fall ist. Als größere Beispiele dieser Form für Knotenpunktstationen aus neuerer Zeit mögen die folgenden genannt werden.
1) Hannover [* 21] (vollendet 1882; »Zentralbl. d. Bauverwaltung«, 1888): Vorgebäude mit unten liegenden Warteräumen;
7 hoch liegende Hauptgeleise (außer 2 in der Mitte durchgeführten Gütergeleisen);
3 breite Zwischenbahnsteige und ein Außensteig für den Personenverkehr (Geleisabstände 12 m, 13 m, 19,75 m und 8,25 m von der Außenwand);
2 Zwischen-, ein Außensteig für Gepäckverkehr (Abstände 6,75 m, bez. 7,5 m von der Wand);
Hallenweite zweimal 37 m, Hallenlänge 167,5 m;
3 Personentunnels von 4,7,4 m, 2 Gepäcktunnels von 5 m Weite.
Erstmalige Anwendung besonderer Gepäcksteige zur Befreiung der Personensteige von der Bewegung der Gepäckkarren. (Spezielles s. »Zeitschrift des Hannöverschen Architekten- und Ingenieurvereins«, 1886.)
2) Straßburg [* 22] (vollendet 1883; »Zentralbl. d. Bauverwaltung«, 1883, S. 294, und 1888): Vorgebäude wie in Hannover, jedoch Wartesäle in Bahnsteighöhe;
5 Hauptgeleise, ein vorderer Bahnsteig am Gebäude, 2 Zwischensteige;
Geleisabstände 12,4 m vom Gebäude, 16,5 m zwischen den Geleisen, keine Gepäcksteige;
2 Tunnels für Personen, einer desgleichen für Gepäck, einer für Post, einer für den Küchenverkehr zu kleinen auf den Zwischensteigen errichteten Restaurationsräumen.
Halle [* 23] zweimal 29 m weit, 128 m lang.
3) Mainz [* 24] (1884; »Organ f. d. Fortschr. d. Eisenbahnwesens«, 1885): Vorgebäude mit Wartesälen in Bahnhöhe;
5 Hauptgeleise;
Bahnsteige ganz wie in Straßburg angeordnet, Geleisabstände etwas kleiner;
2 Personentunnels;
Halle 42,2 m weit (dazu über ein Geleis auskragend), 300 m lang.
4) Schlesischer Bahnhof in Berlin (1882; »Zeitschrift für Bauwesen«, 1885): Vorgebäude mit unten liegenden Warteräumen, 8 (der Anlage nach 10) Hauptgeleise mit 5 (6) Zwischensteigen von meist 13,5 m Geleisabstand, 2 Personentunnels, 2 Hallen, 38 und 55 m weit, 215 m lang.
Auch die Bahnhöfe zu Bremen [* 25] (eröffnet 1889) mit 5 Hauptgeleisen, 160 m langer, 59 m weiter und 30 m hoher Halle, sowie Münster [* 26] (eröffnet 1890) mit 6 Hauptgeleisen, 3 Zwischensteigen, davon einer mit 17 m Geleisabstand, gehören hierher, beide mit untenliegenden Warteräumen im Vorgebäude (»Zentralbl. d. Bauverwaltung«, 1888). Auch Bahnhof Charlottenburg [* 27] der Berliner [* 28] Stadtbahn in seiner bisherigen Gestalt ist hierher zu rechnen.
Die Keilform bildet die gegebene Grundform für den Zusammenlauf zweier Bahnen, also für die einfache Trennungsstation, indem sie an der offenen Basis des Keils (gleichviel ob derselbe die ursprüngliche Dreiecksgestalt beibehält oder durch Verlängerung [* 29] zum oblongen, einerseits zugespitzten Rechteck umgestaltet ist) einen sehr geeigneten Platz für das Empfangsgebäude darbietet. Der Zugang zu demselben vom Orte her kann bei dessen Lage zwischen den auseinander laufenden Bahnarmen unmittelbar, andernfalls nach Kreuzung eines oder beider Bahnarme (am besten mittels Überbrückung, also schienenfrei) stattfinden.
Als Beispiele, bei welchen die Keilform des Grundrisses besonders deutlich hervortritt, können unter andern die Bahnhöfe von Hameln in [* 30] Hannover (für 4 Bahnarme), Dirschau [* 31] (ursprünglich 3, dann 4 Arme), Pasewalk [* 32] (4 Arme) und Neunkirchen [* 33] bei Saarbrücken [* 34] genannt werden (s. »Zeitschrift für Bauwesen«, 1873). Sehr viel häufiger, ja ganz allgemein verbreitet findet sich dagegen die zum langen Rechteck ausgedehnte Keilform, bei welcher die Zufahrt an einer Giebelseite des nun rechteckigen Gebäudes meistens mittels Unter-, seltener Überschreitung beider Bahnarme an der Wurzel [* 35] des Keils stattfindet.
Diese Form ist namentlich bei Zusammenführung mehrerer Linien und bei Kreuzungsstationen zur Anwendung gelangt, wobei dann die Kreuzung der Bahnen außerhalb der Station durch gegenseitige Überbrückung bewirkt werden soll, damit die Züge beider Bahnen ohne Gefahr zugleich ein- und auslaufen können. Solche Stationen werden in der Regel als Inselbahnhöfe bezeichnet, weil das Hauptgebäude nicht ohne Kreuzung von Geleisen zu erreichen ist. In der That wird durch solche Anlage die Möglichkeit geboten, auch am Wurzelnde des Keils Geleisverbindungen (Nebengeleise) zu Übergangsbewegungen etc. zwischen beiden Bahnarmen herzustellen, also die Bahnsteiganlage allseitig mit Geleisen zu umschließen. An der Betriebsart des ursprünglichen Keilbahnhofs wird dadurch jedoch nichts geändert, solche Anlagen werden deshalb folgerichtig als Inselbahnhöfe mit Keilbetrieb bezeichnet. Der letztere kennzeichnet sich dadurch, daß das Hauptgebäude mit dem ¶
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Titel
Bahnhöfe
[* 2] (hierzu Tafeln: Bahnhöfe I-IV), Anlagen, die einerseits die Vermittelungspunkte für den Verkehr zwischen Eisenbahn und Publikum bilden, andererseits Verwaltungs- und Betriebszwecken dienen. Die Bahnhofsanlagen zerfallen daher in Verkehrs- und Betriebsanlagen. An größern Orten bestehen gewöhnlich besondere Bahnhöfe für den Personen- und für den Güterverkehr; an den wichtigsten Übergangspunkten sind meist noch Rangier- oder Verschiebebahnhöfe eingerichtet, auf denen die Züge zusammengesetzt und aufgelöst werden, (s. Rangieren.) Die Gleisanlagen setzen sich aus den durchgehenden Hauptgleisen und einer mehr oder minder großen Anzahl von Nebengleisen zusammen, die unter sich und mit den Hauptgleisen durch Weichen (s. Eisenbahnbau) [* 37] verbunden sind.
Auf den normalspurigen Eisenbahnen Deutschlands [* 38] betrug 1. Jan. die Länge der sämtlichen Bahnhofsgleise (ausschließlich der durchgehenden Gleise) 18903,99 km (darunter 12120,91 der Preuß. Staatsbahnen). [* 39] Die normalspurigen Eisenbahnen Österreich-Ungarns, soweit sie dem Deutschen Eisenbahnverein angehörten, besaßen insgesamt 6898 km Bahnhofsgleise (ausschließlich der durchgehenden Gleise), und zwar kommen auf die österr. Bahnen 4034 km, auf die gemeinsamen Eisenbahnen 796 km und auf die ungar. Bahnen 2068 km. Zur Beseitigung der Gefahren falscher Weichenstellung sind auf größern Bahnhöfe Einrichtungen getroffen, welche die Stellung sämtlicher Weichen oder größerer zusammengehöriger Gruppen von Weichen von einem Punkte aus nach Anweisung des Bahnhofsvorstandes ermöglichen.
Auch sind die Hebel [* 40] der Weichen und der Signale (s. Eisenbahnsignale) mechanisch in solche Abhängigkeit voneinander gebracht, daß nur bei richtiger Weichenstellung das Einfahrtssignal gegeben werden kann (s. Central-Weichen- und Signal-Stellvorrichtungen). Eine solche Anlage (Westendstation der Berliner Stadt- und Ringbahn) zeigt [* 36] Fig. 4 auf Taf. IV. Ein totes Gleis wird ein Schienengleis genannt, das, wie Gleis n. in [* 36] Fig. 1. an ein anderes Gleis (b) nur auf einer Seite mittels einer Weiche oder in anderer Weise angeschlossen ist, im Gegensatze zu einem auf beiden Seiten angeschlossenen Gleise (c).
[* 36] ^[Abb.: Fig. 1. Totes Gleis]
An dem nicht angeschlossenen (dem sog. toten) Ende (d) eines solchen Gleises wird ein aus Holz oder Eisen [* 41] (alten Schienen) bestehender Prellbock angebracht, der verhindert, daß die auf das Gleis gebrachten Fahrzeuge über das Ende desselben hinausrollen. Auf dem Potsdamer Bahnhof in Berlin sind die Stationen für den Personenverkehr der Ring- [* 42] und der Wannseebahn mit Prellböcken besonderer Art, wie dieselbe bisher auf deutschen Bahnen noch nicht zur Anwendung gekommen ist, ausgerüstet worden. Es sind sog. Wasserprellböcke, die bisher vorzugsweise auf engl. Bahnen, und zwar besonders in Liverpool, [* 43] Manchester [* 44] und London [* 45] mit großem Erfolg benutzt worden sind.
Diese Puffereinrichtung beruht hauptsächlich darin, daß die Wassermenge, welche sich vor dem mit den Pufferstangen verbundenen Kolben in einem Cylinder befindet, beim Vordringen der Pufferstangen durch kleine, sich allmählich verengende Öffnungen in den Raum hinter dem Kolben gedrückt wird. Die auf dem Potsdamer Bahnhof verwendeten Wasserpuffer, welche 2,50 m lange Kolbenwege besitzen, vereinen die Vorzüge der beiden besten Systeme dieser Art, und zwar des Webbschen und des Langleyschen.
Das Webbsche ist insofern vorteilhaft, als bei demselben an Stelle des durch Einfrieren unbrauchbar werdenden Wassers das nur schwer gefrierende Glycerin, welches zudem noch eine Zusammendrückbarkeit von 4-5 Proz. besitzt, treten kann. Dem Verlust an Füllungsmaterial, welcher bei dem Langleyschen System bei jedem Hub eintritt, wird bei dem Webbschen System dadurch vorgebeugt, daß der dem Rauminhalt der Kolbenstange entsprechende Teil der Füllung während des Anfahrens in einen Windkessel gedrückt wird und nach Aufhören des Druckes in den Cylinder zurückläuft.
Beim Anfahren der Wagen gegen diese Puffer erfolgt, wie Versuche mit einer Geschwindigkeit bis zu 20 km in der Stunde gegeben haben, bei weitem nicht der starke Anprall wie bei den gewöhnlichen Federpuffern, die Hemmung erfolgt nur allmählich und in verhältnismäßig sanfter Weise. Ausziehgleise sind entweder die Fortsetzung der Hauptgleise (Ende der Bahn) bildende oder aus Nebengleisen abzweigende Gleise, durch welche die Zusammenstellung und Verschiebung der Züge ohne Berührung der Hauptgleise ermöglicht wird. Nach ihrer Lage zur Bahnlinie unterscheidet man Anfangs-, Zwischen- oder Durchgangs- und Endbahnhöfe, je nachdem der Bahnhof am Anfangspunkt, an Zwischenpunkten oder am Endpunkt der Bahnlinie liegt. (Über Blockstationen s. Blocksignalsystem.) Die gewöhnliche Form der Zwischen- oder Durchgangsbahnhöfe ist in [* 36] Fig. 2 dargestellt, wobei die gestrichelte Fläche das Empfangsgebäude bezeichnet.
[* 36] ^[Abb. Fig. 2. Zwischen- oder Durchgangsbahnhof.]
Die Richtung des ein- und des ausfahrenden Zuges bleibt dieselbe. Eine besondere Form der Zwischen- oder Durchgangsbahnhöfe bilden die Bahnhöfe mit Kopfbetrieb, bei denen (s. Fig. 3) der eingefahrene Zug in entgegengesetzter Richtung ausfährt.
[* 36] ^[Abb. Fig. 3. Bahnhof mit Kopfbetrieb.]
Sie kommen zur Anwendung, wenn nach Lage der örtlichen Verhältnisse eine Fortsetzung der Betriebsrichtung ausgeschlossen oder eine Heranführung der Bahnlinie in möglichste Nähe des Ortes erwünscht ist. am Vereinigungspunkt zweier oder mehrerer Bahnlinien heißen Anschluß- oder Übergangsbahnhöfe. Bei der gewöhnlichen Form (s. Fig. 4) liegen Empfangsgebäude und Bahnsteig (Perron) auf derselben Seite der Bahnlinien.
[* 36] ^[Abb. Fig. 4. Anschluß- oder Übergangsbahnhof.]
Bei der keilförmigen Anordnung (s. Fig. 5) befinden sich Empfangsgebäude und Bahnsteig in dem durch die zusammenlaufenden ¶
mehr
Linien gebildeten, nur an dem einen Ende durch Gleisverbindungen begrenzten keilförmigen Raum.
[* 46] ^[Abb. Fig. 5. Bahnhof mit keilförmiger Anordnung.]
Werden dagegen (s. Fig. 6) Empfangsgebäude und Bahnsteig an beiden Enden durch Schienenverbindungen zwischen den Hauptgleisen umschlossen, so entsteht ein Inselbahnhof.
[* 46] ^[Abb.: Fig. 6. Inselbahnhof.]
Am Schnittpunkte zweier oder mehrerer Bahnen mit regelmäßig durchgehendem Zugbetrieb werden Kreuzungsbahnhöfe angelegt. Die Kreuzung der Hauptgleise wird gewöhnlich durch Über- oder Unterführungen außerhalb des Bahnhofs bewirkt, während innerhalb desselben die erforderlichen Schienenverbindungen zum raschen Übergang der Wagen und Züge hergestellt und zu diesem Zweck die sich schneidenden Bahnen auf eine gewisse Länge in gleicher Höhe geführt werden. Ist dies nicht angängig, so erhalten die beiden Bahnen ihre eigenen, in verschiedener Höhe liegenden Zwischenstationen, welche nur mit ihren Endpunkten am Kreuzpunkt der Bahnen zwecks Übergangs der Güterwagen verbunden sind; der Übergang der Reisenden wird dann durch Treppen [* 47] vermittelt, solche Anlagen heißen Treppen- oder Brückenstationen, auch Turmstationen.
Nach dem Umfang des Verkehrs unterscheidet man Hauptbahnhöfe, mittlere und kleine Bahnhöfe, letztere teilt man wiederum in Haltestellen für Personen- und Güterverkehr, nur für Personenverkehr und nur für Güterverkehr, letztere werden auch Ladestellen genannt. Bei den deutschen Eisenbahnen werden nach dem Bundesratsbeschluß vom alle Anhalte- und Aufenthaltsstellen als Stationen bezeichnet und die Stationen eingeteilt in Bahnhöfe (Stationen mit bedeutenderm Verkehr), Haltestellen (Stationen mit geringerm Verkehr, die mit mindestens einer Weiche für den öffentlichen Verkehr versehen sind) und Haltepunkte (Stationen ohne Weiche).
Als Beispiele für die Anordnung von Bahnhöfe geringern Verkehrs dienen die auf [* 46] Fig. 7 und 8 dargestellten Zwischenstationen, während [* 46] Fig. 9 eine Anschlußstation mittlern Verkehrs mit keilförmiger Anordnung enthält.
[* 46] ^[Abb. Fig. 7. Bahnhof geringern Verkehrs (Zwischenstation).]
In dieser [* 46] Figur sind die durchgehenden Gleise I und II mit stärkern Strichen von den Nebengleisen III bis XVIII und XXI und XXII herausgehoben, wobei jeder einzelne Strich ein Gleis (zwei zusammengehörige Schienenstränge) bezeichnet. Zwischen den Kilometerstationen 23,1 und 23,2 findet eine Kreuzung der Hauptgleise I und II statt, um den Übergang vom Rechtsfahren zum Linksfahren der Züge zu ermöglichen. (In Deutschland befahren die Züge auf doppelgleisigen Bahnstrecken das in der Fahrtrichtung rechts liegende Gleis, §. 21 des Bahnpolizeireglements [s. Bahnpolizei], während in andern Ländern auch das linksliegende Gleis befahren wird.) Die Gleise XIX und XX gehören der abzweigenden Bahnlinie an. Die Nebengleise III bis XII sind durch die Weichen 5 bis 13a (Weichenstraße) untereinander verbunden; außerdem stehen die Nebengleise VII bis XIV noch durch Drehscheiben ^[img.] (s. Eisenbahnbau) miteinander in Verbindung. Eine Drehscheibe befindet sich auch vor dem segmentförmigen Lokomotivschuppen mit sternförmiger Anordnung der Gleise. Auf den engl. und amerik. Eisenbahnen (London und Chicago) sind die Güterbahnhöfe zwecks möglichster Raumersparnis vielfach in mehrern (bis drei) Geschossen angelegt. Die Züge oder Zugteile werden mittels hydraulischer Aufzüge [* 48] auf und ab befördert.
Die Hochbauten der Bahnhöfe umfassen die Bauwerke, welche für die Abfertigung, den Aufenthalt und die Verpflegung der Reisenden und für die Verwaltung bestimmt sind. Für kleine Bahnhöfe (Zwischenstationen) mit gleichmäßigem, geringerm Verkehr mag [* 46] Fig. 3 und 4, Taf. III, als Beispiel der üblichen Anlagen gelten. Die Reisenden betreten das Bahnhofsgebäude a, lösen am Schalter des Stationsbureaus d ihre Fahrtarten, verteilen sich in die Warteräume b und c, welche unmittelbaren Zugang. zum Bahnsteig haben; f bezeichnet das Wirtschafts- und Retiradengebäude, g einen verdeckten Gang. [* 49] Gleich an das Bahnhofsgebäude schließt sich der Güterschuppen e. Bei stärkerm Verkehr werden dem Bau eine Restauration mit Büffett und Küche, ein Zimmer für den Stationsvorsteher und größere Warteräume zugefügt.
Lebhafter Güterverkehr erfordert eigene Schuppen mit gesondertem Bureau. Im Obergeschoß des Bahnhofsgebäudes befinden sich Wohnungen für Beamte. Größere Städte bedürfen bereits ausgedehnterer Anlagen. Als Beispiel einer solchen größern Station mag das auf Taf. IV, [* 46] Fig. 3, im Grundriß und auf Taf. I, [* 46] Fig. 4, in der Ansicht dargestellte Stationsgebäude zu Stuttgart dienen, das zwei überdeckte Hallen mit zwischenliegenden Warte- und Verwaltungsräumen besitzt. ¶
1. Bahnsteig mit Überdachung.
2. Personenhalle mit Glasüberdachung.
3. Vorderansicht eines Zwischenstationsgebäudes.
4. Grundriß des Zwischenstationsgebäudes.
5. Lokomotivschuppen. Ansicht.
6. Grundriß zum Lokomotivschuppen.
7. Bahnwärterhaus. Vorderansicht.
8. Bahnwärterhaus. Grundriß.
9. Güterschuppen. Querschnitt.
11. Bahnhof zu Hannover. Grundriß. ¶
1. Hauptbahnhof zu Frankfurt a. M. Grundriß.
2. Halle der St. Paneras-Station zu London.
3. Bahnhof zu Stuttgart. Grundriß.
4. Central-Weichen- und Signal-Stellvorrichtung der Station Westend der Berliner Stadt- und Ringbahn. ¶
mehr
Bei dem Grundriß bezeichnet a den Eingang und die Vorhalle, auf deren beiden Seiten sich Schalter b', b'', b''', b'''' befinden. Die Räume c', c'' dienen zur Gepäck- und Eilgutabfertigung, d', d'', d'''
[* 52] ^[Abb.: Fig. 8. Bahnhof geringern Verkehrs (Zwischenstation).]
[* 52] ^[Abb.: Fig. 9. Bahnhof mittlern Verkehrs (Anschlußstation mit keilförmiger Anordnung).]
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