(span.), Bezeichnung der Munizipalgewalt in den spanischen
Städten. Aus der hohen Bedeutung, welche
die
StädteSpaniens zur Zeit des
Kampfes gegen die
Mauren hatten, und der wertvollen Unterstützung, welche sie später dem
Königtum gegen die
Granden gewährten, erklärt sich die durch vielfache
Begünstigungen beförderte freiheitliche
Entwickelung der frühern spanischen Munizipalverfassung. Bei
Annahme der neuen
Charte von 1837 wurde jedoch bestimmt,
daß die
Organisation derAyuntamiéntos Gegenstand eines besondern
Gesetzes sein sollte.
Dies erschien 1840. Das
Wahlrecht wurde darin von einem
Zensus abhängig gemacht, die Wählbarkeit auf die Höchstbesteuerten
beschränkt;
besoldete Staatsbeamte wurden zu Munizipalfunktionen zugelassen;
dasAyuntamiénto wurde für auflösbar,
dessen Mitglieder für absetzbar erklärt;
die Verwendung der Gemeindegelder wurde von der Zustimmung der
Regierung abhängig
gemacht.
Dies Ayuntamiéntogesetz veranlaßte die Vertreibung der
Königin-RegentinChristine und wurde zurückgenommen. Aber
schon nach Suspendierung der
Cortes, brachte das
MinisteriumGonzalez Bravo dasselbe von neuem zur Geltung
mit der einzigen Modifikation, daß die Ernennung der Alkalden oder
Bürgermeister wieder von den
Gemeinden ausgehen sollte.
Das neue
Gesetz¶
mehr
beschränkte das Wahlrecht ebenfalls auf die Höchstbesteuerten. Nur in Gemeinden von nicht über 60 Einwohnern sollte das
Wahlrecht allen zustehen;
in Gemeinden von 300 Seelen sollten 60 Wähler sein und die Hälfte der Einwohnerzahl über 60;
bei 1000 Seelen 130 Wähler
und ein Drittel der Einwohnerzahl über 300;
bei 5000 Seelen 413 Wähler und ein Drittel der Zahl über 1000 u. s. f.
Generale, pensionierte Offiziere und alle, welche einen freien wissenschaftlichen Erwerb treiben, sollten ohne Rücksicht auf
ihre Steuersumme Wähler sein.
Dieses unter Mitwirkung Christinens und unter französischem Einfluß entworfene Gesetz wurde
von den aus Moderados bestehenden Cortes angenommen und trat in Kraft,
[* 3] erlitt auch später keine wesentliche
Abänderung. Vgl. Spanien,
[* 4] Geschichte.
in Spanien die Municipalgewalt der Städte, die namentlich während der Kämpfe mit den Mauren einen bedeutenden
Einfluß gewann. Obgleich durch den unglücklichen AufstandJuan dePadillas (s. d.) 1521 und durch die
rücksichtslose Härte, mit der KarlV. alle ständischen Gerechtsame unterdrückte, die städtische Freiheit für die nächsten 3 Jahrhunderte
verloren ging, blieb doch die Erinnerung daran im Volke lebendig. Ein Beweis dafür ist Calderons Schauspiel «Der Richter von
Zalamea».
Auch die Erhebung von 1808 stützte sich vielfach auf die Ayuntamiento. Daher nahmen die Cortes von
Cadiz
[* 5] 1812 die Grundzüge des frühern Systems wieder auf und paßten sie dem Zeitbedürfnisse an. Von Ferdinand VII. nach seiner
Rückkehr abgeschafft, von den Cortes aber in dem Gesetz vom wiederhergestellt, ward die Selbständigkeit der Ayuntamiento nach
der franz. Invasion abermals beseitigt, dagegen durch
die Verfassung von 1837 wieder bestätigt. Diesem Gesetz zufolge gehen
die Ayuntamiento mit dem Alcalden (s. d.) als ihrem Vorsitzenden aus der allgemeinen indirekten Wahl der Gemeinden hervor.
Die Ayuntamiento sind berechtigt, die Listen der Wähler und Geschworenen zu entwerfen, die Nationalgarden zu organisieren,
die Polizei zu verwalten, die Verteilung und Erhebung der Abgaben zu besorgen und das Gemeindevermögen zu verwalten. 1840 ward
in den Cortes der Entwurf zu einem neuen Gesetze angenommen, wodurch die Thätigkeit der Ayuntamiento auf rein städtische Angelegenheiten,
sowie das Wahlrecht auf die Höchstbesteuerten beschränkt blieb. Doch der Aufstand, der die Vertreibung
der Königin Marie Christine zur Folge hatte, ließ es nicht zur Ausführung kommen.
Von 1840 bis 1843 war das Gesetz von 1823 wieder in Kraft. Nach der Gegenrevolution wurde 1845 von den Cortes eine Überarbeitung
des Gesetzes von 1840 angenommen. Dies blieb in Geltung bis zur Septemberrevolution 1868, die das Gesetz
von 1823 abermals erneuerte und in dem Municipalgesetz von 1870 modifizierte. Danach werden die Mitglieder des Ayuntamiento (Concejales)
vom Bezirk auf Grund des allgemeinen direkten Wahlrechts, der Alcalde und seine Stellvertreter (Tenientes) von den Concejales
gewählt.
Außer der Polizeimannschaft hat das Ayuntamiento keine bewaffnete Macht unter sich. Bei Gesetzesüberschreitungen
haben der Gouverneur der Provinz und die Regierung das Recht, die Ayuntamiento zu suspendieren; das letzte Wort sprechen die Gerichte.
Als mit dem Regierungsantritt Alfons' XII. im Dez. 1874 die Partei der Liberalkonservativen (Ministerium Canovas) ans Ruder
gelangte, hob sie das Gesetz von 1870 über die Ayuntamiento wieder auf, um sich die Municipalgewalt
unmittelbar dienstbar zu machen. Das Ministerium Sagasta (seit Febr. 1881) benutzte die von den Konservativen geschaffenen
Verhältnisse zur Befestigung seiner Partei, versprach indes 1882 ein Reformprojekt über bessere Organisation der den Cortes
vorzulegen.