Ausstrahlung
von
Wärme
[* 2] und
Licht
[* 3]
(Emission). Ein
Körper wird zur
Wärme- und Lichtquelle durch eine äußerst rasche,
schwingende
Bewegung seiner Teilchen, welche sich in dem umgebenden
Äther (s.
Licht) wellenartig fortpflanzt und von
unsern
Gefühlsnerven als
Wärme, von
dem
Sehnerv dagegen, falls die
Schwingungen rasch genug erfolgen, als
Licht empfunden
wird. Jeder
Körper besteht zunächst aus
Molekülen; er ist fest, wenn seine
Moleküle durch die zwischen ihnen thätige Zusammenhangskraft
(Kohäsion) nach bestimmten Gleichgewichtslagen hingezogen werden, so daß sie, aus diesen
Lagen aufgestört,
Schwingungen um
dieselben ausführen. Im flüssigen Zustand sind den
Molekülen keine festen
Plätze angewiesen, sie bewegen sich durcheinander
von
Ort zu
Ort; die immer noch thätige
Kohäsion verhindert sie aber, sich über eine gewisse
Grenze hinaus zu entfernen. Im
gasförmigen Zustand endlich sind die
Moleküle aus jedem gegenseitigen Zusammenhang losgelöst und bewegen sich unabhängig
von
einander frei durch den
Raum.
Jedes
Molekül ist aus gleichartigen oder ungleichartigen
Atomen, welche durch die chemische Anziehungskraft
(Affinität) zusammengehalten werden, in gesetzmäßiger
Weise aufgebaut. Durch die Art, Zahl und Gruppierung der
Atome, welche
ein
Molekül zusammensetzen, sind die chemischen
Eigenschaften des Moleküls und somit auch des
Körpers bedingt, der aus einer
Unzahl solcher unter sich gleichen
Moleküle besteht. Wie nun eine angeschlagene
Saite einen ganz bestimmten
Grundton nebst dessen
Obertönen hören läßt, welcher von
der
Länge,
Dicke,
Spannung und dem
Material der
Saite abhängt, so
sind auch die
Atome innerhalb eines jeden Moleküls nur einer bestimmten
Reihe von
Schwingungen fähig, deren Schwingungszahlen
durch den
Bau des Moleküls, d. h. durch seine chemische
Beschaffenheit, ein für allemal vorgeschrieben
sind. Ebenso wie wir sagen, eine
Saite oder eine
Stimmgabel sei auf einen gewissen
Ton gestimmt, können wir auch sagen, ein
Natriummolekül sei auf den gelben Farbenton D abgestimmt. So begreift man, daß die chemische
Natur eines
Stoffes durch bestimmte
helle
Linien im
Spektrum seines
Lichtes sich verraten muß (s.
Spektralanalyse).
[* 4]
Wenn
man in den geöffneten
Kasten eines
Pianinos einen
Ton hineinsingt, so tönt als Antwort derselbe
Ton leise zurück; diejenige
Saite nämlich, welche auf diesen
Ton abgestimmt ist, gerät in
Schwingungen, sobald derselbe von
anderswoher erklingt; an allen
¶
mehr
andern Saiten aber geht die durch den Sänger erregte Schallwelle wirkungslos vorüber. Dieses durch gleichgestimmte Töne hervorgerufene
Mitklingen nennt man Resonanz (s. d.). Die gleichgestimmte Welle aber muß, um die Saite in Schwingungen zu versetzen, einen
Teil der Energie ihrer Bewegung an sie abtreten; sie geht daher jenseit der Saite geschwächt weiter. Denken
wir uns nun eine Harfe aus lauter gleichgestimmten Saiten aufgestellt und diesseits eine gleichgestimmte Schallwelle erregt,
so muß dieselbe jenseits geschwächt anlangen, weil ihre Energie zum großen Teil von
den Saiten aufgenommen oder absorbiert
worden ist.
Eine anders gestimmte Tonwelle dagegen geht durch die Harfe ungestört durch und schreitet jenseits ohne erheblichen Verlust weiter. Eine Bunsensche Flamme, [* 6] in welcher glühende Natriummoleküle schweben, ist einer solchen Harfe vergleichbar; sie muß daher diejenige Lichtgattung D, welche sie selbst ausstrahlt, schwächen oder sogar auslöschen, während sie für alle andern Strahlenarten durchsichtig ist. Wir begreifen hiermit den Vorgang der Absorption des Lichts und erkennen zugleich das wichtige Gesetz, »daß jeder Körper gerade diejenigen Strahlengattungen absorbiert, welche er selbst auszusenden im stande ist, oder daß das Absorptionsvermögen eines Körpers für eine bestimmte Strahlenart seinem Emissionsvermögen für dieselbe proportional ist«.
Vermöge der schwingenden Bewegung, welche innerhalb eines jeden Moleküls durch das absorbierte Licht angeregt wird, senden die Moleküle nun selbst Strahlen aus, welche, wenn sie zu den sichtbaren Strahlen gehören, als Fluoreszenzlicht wahrgenommen werden, und zwar erklingen die Moleküle mit dem ihnen vermöge ihrer chemischen Zusammensetzung eigentümlichen Farbenton. Da aber innerhalb der Moleküle fester und flüssiger Körper die Schwingungen nicht so ungehindert stattfinden können wie innerhalb der völlig freien Moleküle der Gase, [* 7] so liegt der durch Fluoreszenz [* 8] ausgesandte Farbenton stets tiefer als der Ton, auf welchen das Molekül abgestimmt ist, und welchen es im gasförmigen Zustand aussenden würde, d. h. die hellste Stelle im Spektrum des Fluorenszenzlichts ist stets weniger brechbar als die dunkelste Stelle im Absorptionsspektrum.
Wie innerhalb eines Moleküls die Atome unter dem Einfluß der chemischen Anziehungskraft, so können innerhalb eines festen
Körpers die ganzen Moleküle unter dem Einfluß der Zusammenhangskraft (Kohäsion) um ihre Gleichgewichtslagen schwingen. Werden
sichtbare Schwingungen dieser Art durch Bestrahlung wachgerufen, so sagt man: der Körper phosphoresziert. Phosphoreszenz
[* 9] durch
Bestrahlung wird daher nur an festen Körpern beobachtet. Da diese Schwingungen nicht von dem innern Bau,
sondern nur von der gegenseitigen Gruppierung der Moleküle bedingt sind, so hängt die Farbe des Phosphoreszenzlichts nicht
von der chemischen Zusammensetzung, sondern von der physikalischen Beschaffenheit des phosphoreszierenden Körpers ab. Das Schwefelcalcium
z. B. kann je nach der Art seiner Zubereitung rot, orange, gelb, grün,
blau und violett phosphoreszieren. Da die gegenseitige Lage und der Zusammenhang der Moleküle durch Erwärmen
geändert werden,
so ändert sich die Phosphoreszenzfarbe auch mit der Temperatur.
Das Phosphoreszenzlicht einer und derselben Probe von Schwefelstrontium durchläuft beim Erwärmen
von -20° auf 200°
alle Farbentöne vom Violett bis zum Orange. Die Schwingungen der Moleküle,
auf welchen die Phosphoreszenz beruht, begegnen einem
geringern Widerstand als die Schwingungen der Atome innerhalb des Moleküls, welche die Fluoreszenz verursachen; daher dauern
jene, einmal angeregt, längere Zeit fort, wogegen diese unmittelbar nach Aufhören der Bestrahlung erlöschen.
Wird ein Körper erwärmt, so werden sowohl die Moleküle selbst als die Atome innerhalb der Moleküle in
Schwingung
[* 10] versetzt. Da die Schwingungen der Moleküle von ihrer chemischen Beschaffenheit unabhängig sind, so erfolgen sie
für alle festen Körper bei der nämlichen Temperatur in gleicher Weise. Bei niedriger Temperatur senden die Körper nur unsichtbare
ultrarote Strahlen aus; mit steigender Temperatur wächst nicht nur die Stärke
[* 11] der Ausstrahlung
, sondern zu den bereits vorhandenen
kommen immer stärker brechbare Strahlenarten hinzu. Ist die Temperatur so weit gestiegen, daß sichtbare Strahlen auftreten,
so sagt man: der Körper glüht (vgl. Wärmestrahlung).
[* 12]