Attila
(Etzel, genannt Godegisel, »Gottes Geißel«),
König der
Hunnen, Sohn Mundzuks, folgte 433
n. Chr. mit seinem
Bruder
Bleda seinem Oheim Rugilas als Häuptling der
Hunnen und ermordete 445
Bleda, worauf er durch Eroberungszüge sein
Reich zu einem
Weltreich vergrößerte. Von kurzer, gedrungener Gestalt, dunkler Gesichtsfarbe, mit tief liegenden,
kleinen
Augen, flacher
Nase
[* 2] und spärlichen Barthaaren, machte er doch durch seinen stolzen
Schritt und seine strengen
Mienen
einen imponierenden
Eindruck. Trotz seiner Wildheit zeigte er
Würde,
Ernst und Gerechtigkeitssinn und erschien nicht bloß
seinem
Volk, sondern auch den fremden Völkern als ein gewaltiger Herrscher, dem sie sich bereitwillig unterordneten.
So bildete Attila
einen gewaltigen Völkerbund, dem die Ostgoten,
Gepiden,
Thüringer,
Heruler, Turvilinger,
Rugier,
Chasaren u. a.
angehörten.
Seine
Residenz lag in Oberungarn unweit
Tokay. Am meisten bedrohte Attila
zunächst Ostrom. Er erzwang vom
Kaiser
Theodosius II.
die
Erhöhung des
Tributs von 350 auf 700
Pf.
Gold,
[* 3] brachte denselben durch
Drohungen schließlich auf das
Zehnfache und unterwarf das jenseitige
Ufer der untern
Donau. Er verwüstete
Mösien,
Thrakien, Illyricum und dehnte seine
Streifzüge
bis in die
Nähe von
Konstantinopel
[* 4] aus. Ostrom erkaufte 447 den
Frieden um 2100 Pfd.
Gold jährlichen
Tribut, zahlte rückständige 6000
Pfd.
und räumte das Süddonauland den
Hunnen ein.
Zwar wurde nach des
Theodosius
Tode durch die
Kaiserin
Pulcheria und ihren Gemahl
Marcian der
Tribut verweigert, aber Attila
sah sich
eben durch die Zurückweisung seiner
Werbung um
Honoria, die
Schwester des weströmischen
Kaisers Valentinian III., und durch
das
Bündnis Westroms mit dem Westgotenkönig
Theoderich I. veranlaßt, sich nach
Westen zu wenden (450).
Mit 500,000 Kriegern durchzog Attila
unter
Mord und
Brand
Deutschland
[* 5] bis zum
Rhein. Bei der Mündung des
Neckar setzte er über den
Rhein, zerstörte eine
Reihe von
Städten, wie
Trier,
[* 6]
Metz,
[* 7]
Arras
[* 8] u. a., und bedrohte
Orléans,
[* 9] als
Aëtius, der
Feldherr des
Kaisers
Valentinian, und der Westgotenkönig
Theoderich der Stadt zu
Hilfe kamen, worauf Attila
die Belagerung aufhob
und in der weiten Katalaunischen
Ebene bei
Troyes
Stellung nahm. Hier standen (im
Herbst 451) die
Krieger von der
Wolga bis zum
Atlantischen
Ozean einander gegenüber, und hier kam es zu der riesigen und mörderischen Völkerschlacht. Das Vordringen
der
Hunnen wurde durch
¶
mehr
Theoderich und nach dessen Fall durch seinen Sohn Thorismund aufgehalten, worauf Attila
sich in seine Wagenburg zurückzog, wo Aëtius
ihn nicht weiter angriff. Über 200,000 Krieger waren auf beiden Seiten gefallen, und die Sage ließ die Erschlagenen noch
in den Lüften fortkämpfen. Attilas
Kraft
[* 11] war aber durch diesen Kampf so geschwächt, daß er nicht weiter
vordrang, sondern nach dem Rhein und Deutschland zurückkehrte. Aber schon 452 unternahm er eine neue Kriegsfahrt, über die
unbewachten Ostalpen drang er in Italien
[* 12] ein.
Nachdem er Aquileja zerstört hatte, fielen Altinum, Concordia, Padua,
[* 13] Mailand
[* 14] und viele andre Städte, und bereits schienen Rom und
[* 15] ganz Italien dem Feind preisgegeben, als Attila
plötzlich in seinem Siegeslauf innehielt und sich zu Unterhandlungen
bereit finden ließ; im Namen des Kaisers erkaufte Papst Leo I. um hohe Geldsummen den Frieden, der Attila
wegen Seuchen und Mangels in
seinem Heer erwünscht war. Attila
starb 453 bald nach seiner Rückkehr nach Pannonien, nachdem er seine Hochzeit
mit der Burgunderin Ildeco gefeiert, in der Nacht darauf, entweder am Schlag oder von der Hand
[* 16] der Ildeco, welche dadurch den
Untergang ihres von Attila
vernichteten Volks rächte. Mit Attilas
Tod erlosch die Macht des hunnischen Weltreichs; gegen seinen
Sohn Ellak erkämpften die germanischen und Mythischen Völker ihre Selbständigkeit durch eine Schlacht
am Fluß Netad in Pannonien (s. Hunnen).
Vgl. Gibbon, Leben des Attila
(deutsch, Lüneb. 1797);
Klemm, Attila
, nach Geschichte, Sage und
Legende (Leipz. 1827);
Thierry, Attila
und seine Nachfolger (deutsch, das. 1874).