Atellānen
(Atellānae fabŭlae), auch oskische Schauspiele
(Osci ludi), volkstümliche Possen, genannt nach dem gewöhnlichen
Schauplatz der Handlung, der oskischen Stadt
Atella in
Campanien, einem italischen Krähwinkel. Von
Campanien
kamen die Atellanen
nach
Rom.
[* 2] Sie wurden sowohl von Dilettanten als auch von berufsmäßigen Schauspielern aufgeführt, und zwar
immer in
Masken.
[* 3] Es traten darin stehende
[* 1]
Figuren auf, wie der
Tölpel und Nimmersatt Maccus, der prahlerische
Bucco, der verblendete,
gutmütige
Alte Pappus, der bucklige Fresser und Schmarotzer
Dossennus, der Possenreißer Sannio. Manches
oder gar das meiste, wie man früher glaubte, zu improvisieren, erlaubte die metrische Form der
Stücke nicht; möglich indessen,
daß anfänglich der Rhythmus fehlte. Witze
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und Gestikulation waren derb, das Sujet und ganze Scenen oft sehr schmutzig, die Sprache
[* 5] die des gemeinen Lebens. Um den Beginn
des 1. Jahrh. v. Chr. wurden die Atellanen
kunstmäßig ausgebildet, von Dichtern verfaßt und von Schauspielern aufgeführt,
und zwar regelmäßig als Nachspiel nach ernsten Stücken, als Schlußstück (exodium), um die Gemüter
wieder zu erheitern. Es waren wahrscheinlich einaktige Possen mit operettenhaftem Anflug, mitunter Travestien von Tragödien,
auch die politische und persönliche Satire scheint gelegentlich Raum gefunden zu haben. Als Verfasser sind L. Pomponius,
Novius und aus der Kaiserzeit Mummius bekannt. Erhalten sind einige Bruchstücke und zahlreiche Titel, zusammengestellt nach
Bothe und Munk von Ribbeck in «Scaenicae Romanorum poesis fragmenta»
(2. Aufl., Bd. 2, Lpz.
1873).
Vgl. Schober, Über die Atellanischen Schauspiele der Römer [* 6] (Lpz. 1825);
Weyer, über die der Römer (Mannh. 1826);
Klenze, Philol. Abhandlungen (Berl. 1839);
Munk, De fabulis Atellanis (ebd. 1840);
Keller, De lingua et exodiis Atellanarum (Bonn [* 7] 1850);
Wölfflin, Atellanen-
und Mimentitel (im «Rheinischen Museum für Philologie», Bd. 43, 1888).