Siehe, der Arbeiter Lohn, die euer Land eingeerntet haben, und von
euch abgebrochen ist, schreit; und
das Rufen der Ernter ist gekommen vor die Ohren des HErrn Zebaoth, Jac. 5, 4.
§. 2.
Alle rechtschaffene Christen werden Arbeiter genannt, denn sie sollen GOttes Wort gern hören, lesen, andächtig beten,
GOtt und dem Nächsten dienen, und sich in anten Werken üben,
Eph. 2, 10.
c. 4, 28.
Das Himmelreich ist gleich einem Hausvater, der am Morgen ausging, Arbeiter zu miethen in seinen Weinberg,
Matth. 20, 1.
Rufe den Arbeitern, und gieb ihnen den Lohn,
ib. v. 8.
§. 3. Lehrer und Prediger, welche ein schweres
Amt führen, an welches Fleisch und
Blut, wo es nicht dabei
etwas Irdisches sucht oder findet, nicht gern geht, werden auch Arbeiter genannt.
Die Ernte ist groß, aber wenig sind der Arbeiter,
Matth. 9, 37.
Darum bittet den HErrn der Ernte, daß er treue Arbeiter in seine Ernte sende,
ib. v. 38.
Solche falsche
Apostel und trügliche Arbeiter (welche euch nebst dem Evangelio das Gesetz Moses aufdrängen wollen) verstellen
sich zu
ChristusAposteln,
2 Cor. 11, 13.
Befleißige dich, GOtt zu erzeigen einen rechtschaffenen und unsträflichen Arbeiter,
2 Tim. 2, 15.
ist ein jeder, welcher an der wirtschaftlichen Produktion, an der Wertschaffung thätig teilnimmt. Allein
in einem engern, wenngleich gebräuchlichern Sinne bezeichnet man als Arbeiter oder Arbeitnehmer diejenigen, welche von Arbeitgebern
(Unternehmern, Fabrikanten) gegen Lohn mit einer Arbeit beschäftigt werden, bei der die körperliche Thätigkeit stark überwiegt,
mithin Tagelöhner, Fabrikarbeiter, Gesellen u. s. w. Die hier besonders in Betracht kommenden Arbeiter sind die
Lohnarbeiter in den Gewerben der Stoffgewinnung (Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei,
[* 2] Bergbau
[* 3] u. s. w.)
und in den Gewerben der Stoffherrichtung (Handwerk und Fabrikation). Die Gesamtheit dieser Arbeiter bildet den Arbeiterstand, die
arbeitende Klasse.
Eine genaue Feststellung der Zahl der in den Kulturstaaten thätigen Arbeiter ist nicht möglich. Noch am ehesten
kann dies für Deutschland
[* 4] geschehen, und zwar nach der Berufszählung vom Diese Zahlen sind
aber nur annähernd richtig, weil unter den gezählten Arbeiter sich auch solche befinden, die selbständige Lohnarbeiter
in Hauswirtschaften sind, ferner alle selbständigen kleinen Landwirte, welche zugleich landwirtschaftliche Tagelöhner sind,
ebenso alle in der Hausindustrie selbständig Erwerbsthätige; andererseits sind einzelne an sich zu den
Arbeiter gehörige Arbeitergruppen nicht mit aufgenommen. Nach der erwähnten Berufszählung waren von der Gesamtbevölkerung
(45 222 113 Personen) 17 632 008 (39 Proz.) Erwerbsthätige, 1 354 486 Personen (3 Proz.)waren berufslose Selbständige und
Anstaltsinsassen, auch in Berufsvorbereitung Begriffene, Dienste
[* 5] und 24 910 695 (55,1 Proz.) Angehörige. Unter
den Erwerbsthätigen waren in:
Handel und Verkehr (einschließlich Gast- und Schankwirtschaft)
727000
Häuslichen Dienstleistungen und Lohnarbeit wechselnder Art
398000
Zusammen
9502000
Unter
den 3 867000 landwirtschaftlichen waren 1 326000 weibliche Arbeiter oder 34 Proz.;
unter den 4 430000 «industriellen» Arbeiter etwa 340000 Hausindustrielle
und etwa 545000 weibliche Arbeiter. Von den Arbeiter Die Vorbildung der Arbeiter ist eine äußerst
verschiedene. Der «ungelernte Arbeiter», welcher Arbeitsleistungen
verrichtet, die keine besondere technische und geistige Ausbildung voraussetzen, die jeder vornehmen oder doch
in kurzer Zeit erlernen kann, hat nur die in den Volksschulen gelehrte Elementarbildung notdürftig genossen, während der
«gelernte Arbeiter» eine längere oder kürzere Lehrzeit durchgemacht,
auch vielfach in gewerblichen Fortbildungsschulen sich weitere Kenntnisse erworben hat.
Letztere dienen zur theoretischen Fachbildung vornehmlich für künftige Kleinmeister, Gesellen, gelernte Fabrikarbeiter,
Werkführer und Meister in Fabriken. Andere Arbeiter, vor allem im Handwerk, haben auch wohl specielle gewerbliche
Fortbildungsschulen (niedere Fachschulen) oder Lehrkurse durchgemacht, welche zur theoretischen Ausbildung der Angehörigen
eines Gewerbes oder verwandter Gewerbe von Innungen oder andern gewerblichen Korporationen begründet sind.
Unter den verschiedenen Arbeiterklassen ist die zahlreichste die der ungelernten Arbeiter. Diese Arbeiter häufen
sich in den Industriemittelpunkten an, in allen möglichen gewerblichen Unternehmungen können sie Beschäftigung finden,
sie können jederzeit die Unternehmungsarten, in denen sie arbeiten, wechseln, weil überall von ihnen nur eine Äußerung
ihrer natürlichen physischen und geistigen Kraft
[* 6] gefordert wird. Die wirtschaftliche und sociale Lage dieser Arbeiter war und
ist vielfach eine wenig befriedigende. An ihrer Verbesserung arbeiten alle um das Wohl der Gesamtheit bemühten Kräfte in
Staat, Kirche und Gesellschaft. Über die Bestrebungen zur Hebung
[* 7] des Arbeiterstandes in wirtschaftlicher, sittlicher und socialer
Hinsicht s. Sociale Frage.
Geschichte. In der antiken Volkswirtschaft, wenigstens bei den Griechen und Römern, waren die unselbständigen
Handarbeiter in der Landwirtschaft, im Bergbau, in den Gewerben und im Handel zumeist Sklaven. Bei den german. und andern europ.
Völkern lag auf niederer Wirtschaftsstufe die landwirtschaftliche und die nur geringfügige gewerbliche Arbeit unfreien,
hörigen Arbeiter ob. Erst mit dem Aufkommen der Städte wird das Handwerk von
¶
mehr
freien Bürgern betrieben. Die gewerbliche Bevölkerung,
[* 9] welche in den Zünften (s. d.) Förderung und Schutz fand, zerfiel
in Meister, Knechte (Gesellen) und Lehrlinge. Die unter dieser Gewerbeverfassung erstarkende gewerbliche Arbeit bildete eine
Art «Werkstattverhältnis» aus, das in mehr als einer BeziehungMeister und Arbeiter miteinander verband; ein Gegensatz zwischen
kapitalbesitzenden Unternehmern und kapitallosen Lohnarbeitern war noch nicht vorhanden; für alle bestand
die Möglichkeit, durch eigene Kraft zur selbständigen Unternehmerstellung zu gelangen.
Dies änderte sich wesentlich, als mit der Entwicklung der Großindustrie die alten Zunftschranken fielen, als an die Stelle
des zünftigen Gewerberechts die Gewerbefreiheit (s. d.) trat, welche das frühere Herrschafts- und
Dienstverhältnis in ein reines Vertragsverhältnis gleichberechtigter Personen umwandelte und die Freiheit und Selbständigkeit
der gewerblichen Lohnarbeiter rechtlich anerkannte. Die moderne Fabrikindustrie mit Maschinenbetrieb und weitgehender Arbeitsteilung
schuf aber nicht nur eine neue mit der Ausdehnung
[* 10] des Großbetriebes zunehmende Arbeiterklasse, sondern führte auch zu einer
vollständigen Umgestaltung der wirtschaftlichen und socialen Lage der Arbeiter. Das alte «Werkstattverhältnis»
schwand.
Die maschinenmäßig betriebene Industrie stellte Arbeitgeber und Arbeiter als Fremde einander gegenüber, die Kluft zwischen Arbeit
und Kapital erweiterte sich mehr und mehr, und immer schwieriger wurde es für den kapitallosen Arbeiter, sich zum
selbständigen Unternehmer emporzuringen. Die große Fabrikindustrie strebte nach einer stets weitern
Ausdehnung des Marktes und mußte mithin bemüht sein, die Waren immer billiger zu verkaufen. Ein möglichst niedriger
Preis der Waren ließ sich aber nur dann erzielen, wenn man den Arbeitslohn so tief als nur irgend angängig herabsetzte und
die billigsten Arbeitskräfte, Kinder und Frauen, in immer steigendem Maße heranzog.
Die vielfach nachteilige Ausnutzung der verschiedenartigen Arbeitskräfte durch die Unternehmer zwang dann allmählich den
Staat, der Freiheit des Arbeitsvertrages gewisse Grenzen
[* 11] zu ziehen. (S. Fabrikgesetzgebung.) Somit versteht man gegenwärtig
unter Arbeiter etwas ganz anderes als vor hundert oder noch mehr Jahren. Erst die moderne Großindustrie hat den heutigen
Arbeiterstand geschaffen, und erst auf dem Boden der kapitalistischen Gütererzeugung sind die mannigfachen
Fragen erwachsen, welche sich auf die Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen beziehen. -