Titel
Arabische
Litteratur.
Die a.
L. ist nicht bloß wegen ihres überaus reichen und mannigfaltigen
Inhalts von höchster
Bedeutung im geistigen Entwickelungsprozeß der Menschheit, sondern sie gewinnt insbesondere darum ein
eigentümliches
Interesse, weil ihre
Blüte
[* 2] in eine Zeit fällt, wo in ganz
Europa
[* 3] noch tiefes
Dunkel herrschte; damals fanden
viele
Wissenschaften nur in ihr eine
Freistätte und gedeihliche
Pflege, deren
Resultate dann auf die Anfänge der abendländischen
Wissenschaft nachdrücklichen Einfluß übten.
Die Geschichte der arabischen Litteratur
beginnt
erst ein halbes
Jahrhundert vor
Mohammed. Den ganzen Zeitraum vor
Mohammed nennen
die Araber selbst (wenn auch mehr in religiösem
Sinn) »die
Tage der Unwissenheit«. Daß in
Arabien indes schon frühzeitig
die
Poesie geübt worden sei, läßt schon der
Genius des
Volks und seine Lebensweise erwarten. Die in dem
Glücklichen
Arabien ansässigen
Stämme hatten alles, was die Naturpoesie begünstigt, lebhafte Auffassungsgabe und leidenschaftliche
Empfindung.
Aber auch das mit Gefahren und Beschwerden verbundene Leben in dürren Sandwüsten und unter steten Fehden der Stämme mußte eine männliche und heroische Dichtkunst wecken, die einen ritterlichen Geist atmete und in Liebesworten und Schlachtgesängen sich ergoß. So entstand eine Poesie, welche in hervorragender Weise Sache des ganzen Volks war. Das höchste Ansehen, welches den erfolgreichen Dichter belohnte, regte den Wetteifer zwischen Stämmen und Einzelnen an; wer sich begeistert genug fühlte, um andre Dichter zu besiegen, hing (nach einer schlecht verbürgten, aber charakteristischen Sage) zu Mekka sein Gedicht als Herausforderung an die Wand der Kaaba.
Der Dichter mußte seinen Kritikern Rede stehen mit Wort, Lanze und Schwert, und nur, wenn er die Tadler besiegte, konnte das aufgehangene Gedicht die Ehrenstelle an der Wand der Kaaba behaupten. Auf solche Preisgedichte deutete man die Namen Moallakât (»aufgehängte«) und Modsahhabat (»vergoldete«, weil sie mit goldenen Buchstaben auf Byssus geschrieben seien). Die Sammlung der Moallakât enthält sieben Gedichte der vormohammedanischen Dichter Amrilkaís, Tárafah, Soheir, Lebíd, Antara, Amru ben Kolthúm, Hárith (vgl. W. Jones, The Moallakat, Lond. 1784; Arnold, Septem Moallakat, Leipz. 1850; Ph. Wolff, Muallakat ins Deutsche [* 4] übertragen, Rottweil [* 5] 1857). Außer diesen Gedichten sind aus der Zeit vor Mohammed noch viele zum Teil gleich alte in den Diwanen (s. unten) einzelner Dichter und Stämme und in den beiden Hamâsa (s. d.) und andern Anthologien der Araber erhalten, obgleich die meisten erst in das Jahrhundert nach Mohammed gehören. Besonders berühmt sind der Diwan der Hudseiliten (hrsg. von Kosegarten, Lond. 1854) und die Sammlung der Diwane der Dichter En-Nâbiga, Tárafah, Alkama, Antara, Amrilkaís, Soheir. Alle diese Dichtungen setzen ein ziemlich reich entwickeltes Leben und einen feinen Formensinn voraus (vgl. Ahlwardt, Über Poesie und Poetik der Araber, Gotha [* 6] 1856; Nöldeke, Beiträge zur Kenntnis der Poesie der alten Araber, Hannov. 1864). Neben und mit der Dichtkunst, gleichwie diese aber nur durch mündliche Überlieferung fortgepflanzt, blühten das Sprichwort und die Sagengeschichte der Stämme.
Eine andre
Richtung nahm das Geistesleben der Araber durch
Mohammed.
Sein
Koran, der sich der Form nach an
die Reimprosa anschloß, in welcher schon früher allerhand
Sprüche religiöser
Weisheit überliefert wurden, stellte sich
in mehr als einer Beziehung in direkten
Gegensatz zu den bisherigen
Anschauungen der Araber.
Alles wurde nun religiösen
Gesichtspunkten
untergeordnet, und wenn auch das freie, obwohl einseitige Geistesleben der Araber sich nicht vollkommen unterdrücken
ließ, so mußten seine Äußerungen zunächst sich doch in jenem
Rahmen halten und größtenteils mit dem heiligen
Buch in
Verbindung treten. So wurde nicht allein die der alten
Poesie nahestehende
Sprache
[* 7] desselben maßgebend für alle spätere Litteratur
übung,
sondern der
Koran erzeugt und bedingt zunächst ausschließlich die
Entwickelung der wissenschaftlichen
Triebe,
neben welcher die
Poesie, vorläufig noch in den alten Geleisen, hergeht.
Mit der Unterwerfung und
Bekehrung der vom Atlantischen
Ozean bis hinter den
Oxus sitzenden Völkermassen haben die Araber auch
ihre
Sprache bis zu einem gewissen
Grade diesen Völkern aufgedrängt. Der
Koran durfte, damit nicht die
Authentie des göttlichen
Wortes leide, in keine fremde
Sprache übersetzt werden; ihn zu verstehen, mußte der persische Mohammedaner
Arabisch lernen. Seine dunkeln
Stellen, seine
Anspielungen auf bestimmte Verhältnisse oder
Thatsachen konnte man nur in ihrem
richtigen
Sinn erfassen, wenn man sich an diejenigen wandte, welche dem
Propheten bei Lebzeiten nahegestanden hatten, in seinen
Ideen lebten, seiner Äußerungen sich erinnerten, und deren
Berichte nun eifrig gesammelt und gesichtet
wurden (Traditionslitteratur
). So entstand die wissenschaftliche Bearbeitung der
Grammatik, so die Koranwissenschaften, aus
welchen dann die gesamte übrige wissenschaftliche Litteratur
hervorging, indem die heilige Geschichte allmählich die Profangeschichte
in sich aufnahm, die Koranerklärung sich zur
Dogmatik einerseits, zur
Jurisprudenz anderseits erweiterte;
denn
bürgerliches Gesetzbuch nicht weniger als Religionsnorm ist das göttliche
Wort dem
Moslem wie dem
Juden.
Nicht allzulange aber ließ das geistige Leben der unterworfenen Völker sich in so enge Grenzen [* 8] einschließen. Die Erhebung der Abbassiden zur Kalifenwürde (750) gab das Signal zu einer geistigen Emanzipation der nationalen und freisinnigen Elemente, welche besonders in Persien [* 9] zahlreich vertreten ¶
mehr
waren, von der Engherzigkeit des mohammedanischen Dogmas und der Einseitigkeit des spezifisch arabischen
Geistes. Gelang es
auch binnen kurzem der orthodoxen Reaktion, die Bewegung zurückzudämmen, so hatte doch die kurze Freiheit genügt, Wissenszweige
ins Leben zu rufen, für welche innerhalb des strengen Islam eigentlich kein Platz war: die Naturwissenschaften und
vor allen die Philosophie. Beide waren bis dahin ausschließlich von Syrern gepflegt worden, welche die Schriften griechischer
Philosophen und Ärzte kannten und studierten (s. Syrische Litteratur
).
Unter den Abbassiden nun fing man an, diese Werke aus dem Syrischen in die allgemeine Litteratur
sprache des mohammedanischen
Orients, das Arabische
, zu übersetzen. Gleichzeitig wurden durch persische Vermittelung ähnliche
Verbindungen mit Indien angeknüpft, und dem Eifer, mit welchem man dem Fremden Eingang verschaffte, entsprach die Energie der
eignen Thätigkeit, welche bei den ältern Abbassiden, vor allen bei Al Mamun (813-833), die wirksamste Förderung fand. Er
ließ eine große Bibliothek sammeln, an welcher er Gelehrte anstellte, gründete eine Sternwarte
[* 11] und unterstützte
überhaupt in jeder Weise die verschiedenartigen wissenschaftlichen Bestrebungen, welche sich an jene Übersetzungen anknüpften
und die zwar nur in einzelnen Fällen Neues geschaffen, jedenfalls aber die Errungenschaften des klassischen Altertums erhalten
und für das Mittelalter fruchtbar gemacht haben. Dieses rege geistige Leben ging auch dann nicht ganz
unter, als im 10. Jahrh. die Macht der Kalifen durch die Emir Al Omrah und die Zersplitterung ihres Reichs sehr abnahm und die
Einkünfte zu den Unterstützungen der Gelehrten und gelehrten Anstalten nicht mehr hinreichten.
Ein zweites Vaterland hatte die arabische
Kultur in Spanien
[* 12] gefunden. Hier wetteiferten die neuen omejjadischen
Kalifen mit den Abbassiden im Orient. Durch ihre Bemühungen begannen Ackerbau, Kunstfleiß und Handel zu blühen, und Spanien
wurde, besonders seit Almóndsir, Abd ur Rahmân III. (912) und Hákem II. (961), ein Hauptsitz der arabischen Litteratur.
Was Bagdad für Asien,
[* 13] war die von Hákem II. gestiftete Universität zu Cordova für den Westen. An dem regen
wissenschaftlichen Leben im arabischen
Spanien nahmen auch die Juden teil, und auch für deren Litteratur
war Spanien mehrere
Jahrhunderte hindurch der Hauptsitz. Von Spanien aus verbreitete sich der wissenschaftliche Ruhm der Araber über das christliche
Europa, und bald nach 900 reiste man aus Frankreich und andern europäischen Ländern dahin, um bei den
Arabern hauptsächlich Mathematik und Medizin zu studieren. Gebrochen wurde die Blüte der arabischen Litteratur
in Europa mit
dem Fall Cordovas 1236.
Vgl. v. Schack, Poesie und Kunst der Araber in Spanien und Sizilien [* 14] (Berl. 1865, 2 Bde.).
Nachdem die abbassidischen Kalifen im Orient zu bloßen Pontifices herabgesunken waren, wurden die Emir
Al Omrah und die Gründer der aufkommenden einzelnen Dynastien, in welche das Kalifat sich auflöste, die Beförderer der Wissenschaften.
So Aghlab, der Gründer der Dynastie der Aghlabiten in Tunis
[* 15] (um 800); Asîs, der Fatimide (975-996), der Stifter der Universität
in Kairo;
[* 16] Mahmud, der Ghasnawide (997-1030), u. a. Selbst in der heutigen Berberei blühten Künste und Wissenschaften, und in
Sizilien finden sich noch heute Spuren von einer bedeutenden arabischen
Kultur.
Bemerkenswert ist, daß das eigentliche Arabien von diesem wissenschaftlichen Leben wenig oder gar nicht berührt ward.
Die
unvermischten Nationalaraber, welche dort, von dem Verkehr mit den unterworfenen Völkerschaften durch
ihre Wüsten abgeschnitten, ihren Sitten und Gewohnheiten treu blieben, haben ihre alte Unwissenheit durch das ganze Mittelalter
beibehalten, und es ist niemals aus den Augen zu lassen, daß die arabische Litteratur
seit der Abbassidenzeit keineswegs die Litteratur
der Araber, sondern die Litteratur
der orientalischen Völker ist, welche sich in wissenschaftlichen Schriften
des Arabischen
fast ebenso ausschließlich bedienten wie das mittelalterliche Abendland des Lateinischen.
Mit dem 14. und 15. Jahrh. geht die Blüte der arabischen
Litteratur zu Ende, und die ganze neuere Zeit hat nur zwei große
Gelehrte aufzuweisen, den überaus vielseitigen Sojuti im 15. und den Polyhistor und Bibliographen Hadschi Chalfa
zu Konstantinopel
[* 17] im 17. Jahrh., der, freilich ohne eigne Originalität, die ganze ältere
Litteratur erfaßte. Außer dem Koran umfaßt das Studium der neuern Araber nur die Grammatik (Nahw), die Tradition (Hadith)
und das Gesetz (Fikh); aber auch hierin sind nur die Scheichs und Muftis wohlunterrichtet. Indes läßt die
Einführung der Buchdruckerkunst und der Lithographie in verschiedene mohammedanische Kulturkreise ein neues Litteraturleben
erwarten, und in Syrien, Ägypten,
[* 18] Nordafrika zeigt sich bereits eine regere litterarische Thätigkeit.
Poetische Litteratur.
Den ersten Platz unter den besondern Fächern der arabischen
Litteratur nimmt die Poesie (Schi'r) ein, deren
erste Blüte in die Zeit kurz vor Mohammed fällt. Der Gegenstand der meisten Gedichte jener Periode sind die individuellen
Erlebnisse der Dichter. Jede merkwürdige That, jede empfangene Wohlthat, jede überstandene Gefahr, jedes genossene oder
ersehnte Liebesglück ward durch ein Gedicht gefeiert. Der äußern Form nach gab und gibt es unter den
Arabern nur eine Art der Poesie, die mit den abendländischen Formen nichts Gemeinschaftliches und einen selten mit erzählenden
Elementen versetzten lyrischen Charakter hat.
Jeder Vers (Beit, »Haus, Zelt«) zerfällt in zwei Halbverse (Misrá, »Thürflügel«) von
gleichem Metrum, die Verse haben gleichen Endreim (Káfiah), und auch das Versmaß geht ohne Abwechselung
oder Strophenbildung durch das ganze Gedicht durch. Der Einteilungsgrund der arabischen
Gedichte ist die Länge. Von den kürzern
heißen die 7-14 Beit langen Ghasele; sie sind meist erotischen Inhalts. Gedichte von mehr als 30, doch selten über 100 Beit
heißen Kaside (Kaçídah); in ihnen werden stets mehrere, zum Teil an bestimmte Reihenfolge gebundene
Gegenstände (Liebesklagen, Lobsprüche, Preis des eignen oder fremden Ruhms) in eine oft sehr äußerliche Verbindung gebracht.
Einen andern Einteilungsgrund kann man dem Reim entnehmen, nach welchem ein Gedicht z. B. Lamíjah heißt, wenn es auf den
Buchstaben l gereimt ist. Eine Sammlung von Gedichten Eines Verfassers heißt Diwán (»Register«). Über
die arabische
Metrik haben gehandelt: Freytag, Darstellung der arabischen
Verskunst (Bonn
[* 19] 1830);
Coupry, Traité de versification arabe (Leipz. 1875);
Guyard (im »Journal asiatique« 1876).
Mit dem Koran kam ein religiöses Element in die Poesie, das ihrer freien Entwickelung hinderlich war. Ihre Wiedergeburt fällt in die Epoche der Abbassiden. Indessen nimmt sie nun den Charakter der Kunst statt der Natur an; denn die Dichter waren großenteils Gelehrte, und viele suchten ihren Ruhm vorzüglich in sinn- und geistreichen Schmeicheleien, die für ¶
mehr
den Dichter über alle Vorstellung einträglich waren. So gab der Feldherr Táher dem Abu Nowás 300,000 Dirhems für drei Verse auf seine Freigebigkeit mit den Worten: »Wären der Verse mehr, so wären auch der Dirhems mehr«. Die berühmtesten Dichter sind: der eben erwähnte Abu Nowás (gest. 814), der auch frische Trinklieder verfaßte (hrsg. von Ahlwardt, Greifsw. 1861);
Asmai (Açma'i, gest. 828 oder 328), auch ausgezeichnet als Kenner der alten Poesie und Sprachforscher;
Abu Temmám (s. d.);
Ibn Doreid (s. d.);
Mutanabbi (s. d.);
Abul-Alá (gest. 1057), voll Ernst und Leidenschaft die Schäden seiner
Zeit geißelnd (vgl. Rieu, De Abul-Alae vita et carm., Bonn 1843; Auszüge mit Übersetzungen von Arabische
v.
Kremer in der »Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft«, Bd. 29-31);
Tograi (s. d.);
Ibn al Fáridh (s. d.);
Isseddín al Makdisí (gest. 1279),
allegorisch über Vögel [* 21] und Blumen (hrsg. von Garcin de Tassy, Par. 1821);
Buçíri (gestorben um 1295),
berühmt durch ein Lobgedicht auf Mohammed unter dem Titel: »Bordah« (hrsg. mit deutscher
Übersetzung von C. Arabische
Ralfs, Wien
[* 22] 1860), u. a. Da es nach arabischer
Ansicht das Merkmal eines guten Gedichts ist, daß es
mit Weisheitssprüchen (Hikmah) durchwebt ist, so nehmen Sprichwörter und Gnomen in dieser Litteratur natürlich eine hohe
Stelle ein.
Nicht geringer ist die Bedeutung der sprichwörtlichen Redensarten, deren Kenntnis zum Verständnis gelehrt schreibender Schriftsteller oft ganz unentbehrlich ist. Die meist apokryphischen je 100 Sprüche Alis, Abu Bekrs, Omars und Othmans hat der persische Dichter Watwát (gest. 1182) gesammelt (Alis Sprüche allein hrsg. von Fleischer, Leipz. 1837). Spätere Sammlungen sind von Meidani (gest. 1124; hrsg. von Freytag, Bonn 1838-1843, 3 Bde.), Samachschari (1074-1143; übersetzt von Fleischer, Leipz. 1835, und von Weil, Stuttg. 1836). Die Gewohnheit, Sittenlehren und Lebensregeln in Fabeln, Parabeln und Apologen einzukleiden, ist schon aus der Bibel [* 23] bekannt und im Orient einheimisch.
Die a. L. besitzt zwei berühmte Sammlungen dieser Art. Die eine, aus Indien stammend (wo das Werk den Titel: »Pantschatantra«, d. h. Fünfbuch, trägt),
in der aus dem Persischen geflossenen arabischen Übersetzung »Calila wa dimna« genannt, enthält Klugheitsregeln für einen Monarchen, in Tierfabeln eingekleidet, und ist unter den verschiedenen Namen: »Fabeln Bidpais«, »Humajun Nameh« (»Kaiserliches Buch«) u. a. eins der im Orient verbreitetsten Bücher und in viele abendländische Sprachen übersetzt, aus dem Persischen ins Arabische von dem Perser Ibn el Mukaffa (gestorben etwa 756; der arabische Text hrsg. von de Sacy, Par. 1816; mehrfach auch seit 1251 d. H. in Bulak gedruckt).
Die andre Sammlung führt den Namen Lokmans (s. d.). Noch ausschließlicher der Volkslitteratur gehört der Roman an. Die arabischen Romane geben sich teils als wahre Erzählungen (Kiçça) oder Biographien (Síret), teils als Märchen (Hikájah); hauptsächlich wählte man Ritter- und Heldengeschichten zum Gegenstand der Darstellung, doch wurden manche Stoffe auch aus dem Persischen entlehnt. Die beiden umfangreichsten und zugleich beliebtesten Romane sind: »Das Leben Antaras«, das in der altarabischen Zeit, und »Das Leben des Sultans Bibárs«, das in den Kreuzzügen spielt.
Märchen gehören noch heutzutage zu den beliebtesten Unterhaltungen; an der Spitze derselben stehen »Tausendundeine Nacht« (s. d.). Als Anthologien sind neben den beiden Hamasen (s. d.) zu nennen: das »Große Liederbuch« des Abulfáradsch al Isfaháni (gest. 967),
eine großartige Sammlung mit biographischen und theoretischen Beigaben (Ausgabe mit Übersetzung, begonnen von Kosegarten, Greifsw. 1840; vollständig gedruckt in 20 Bdn., Bulak 1285 d. H.), und die »Einzige Perle der Welt« des Tha'álebi (gest. 1038), nach den Ländern geordnet (vgl. Dieterici, Mutanabbi und Seifuddaula, Leipz. 1847). Neuarabische Sprichwörter hat Burckhardt gesammelt (übersetzt von Kirmß, Weim. 1834), Volkspoesien (besonders der Beduinen) Wallin und Wetzstein.
Der Poesie sehr innig verwandt sind die sogen. Makamen (s. d.), die von den Arabern als Meisterstücke der Redekunst gepriesen werden und in ihrer Form sich an die Reimprosa des Korans anlehnen. Sie sind bald im erzählenden, bald im dialogischen Ton gehalten. Begründet wurde diese Dichtungsweise durch Hamadáni (gest. 1007), vollendet durch Hariri (s. d.).
Vgl. außer den bereits angeführten Werken noch: Humbert, Anthologie arabe (Par. 1819);
Jolowicz, Polyglotte der orientalischen Poesie (2. Ausg., Leipz. 1856), und die verschiedenen arabischen Chrestomathien von de Sacy, Kosegarten u. a.
Geschichtschreibung. Geographie.
Die historische Litteratur fällt zunächst mit der Traditionswissenschaft, zum Teil auch mit der philologischen Erklärung der alten Poesie (Stammsagen u. dgl.) und der Genealogie zusammen. Allmählich entwickelt sie sich selbständiger. Wákidi (747-823) wird als Darsteller der ersten islamitischen Eroberungszüge genannt (manches ist ihm untergeschoben, echt die von v. Kremer, Kalk. 1855-56, herausgegebenen und die von Wellhausen, Berl. 1882, übersetzten Stücke); Ibn Koteibah (828-889) lieferte höchst wichtige Nachrichten über die alte Geschichte und die verschiedenen Stämme in einem universell angelegten Kompendium (hrsg. von Wüstenfeld, Götting. 1850). Seit dem 3. Jahrh. der Hedschra aber wurde nach dem Bekanntwerden mit der persischen Überlieferung, mit griechischer Astronomie [* 24] und christlicher Chronologie und durch Erweiterung des Gesichtskreises die Geschichte ein Lieblingsgegenstand der arabischen Gelehrten.
Das Verfahren ist annalistisch, ohne historischen Pragmatismus, aber in der guten Zeit nie ohne Angabe der schriftlichen oder mündlichen Quelle. [* 25] Anekdotische Details lieben die Geschichtschreiber besonders und vergessen darüber oft das Wichtigere; bei den meisten findet sich Übertreibung, Wundersucht und Leichtgläubigkeit, aus vielen spricht ein religiöser Geist und eine theokratische Ansicht der Weltbegebenheiten. Seit dem 10. Jahrh. schrieb man auch Universalgeschichtswerke, worin die Geschichte häufig nach Dynastien behandelt wird, und Al Berúni (973-1048), ein höchst bedeutender Kopf, verfaßte eine wichtige »Chronologie orientalischer Völker« (hrsg. von Sachau, Leipz. 1876-78; engl. von demselben, Lond. 1879). Die Sprache ist meist einfach und schmucklos, bei vielen selbst vernachlässigt, bei andern umgekehrt schwülstig und bombastisch.
Trotz dieser Beschaffenheit der arabischen Geschichtschreibung ist ihr Inhalt wichtig, und für manche Partien ist sie unsre einzige Quelle. Die ersten umfassenden Geschichtschreiber sind Perser; unter ihnen ragt durch gewaltigen Fleiß hervor Tábari (839-923), dessen für die Geschichte des Orients unvergleichlich wichtige Weltgeschichte verloren schien, jetzt aber ziemlich vollständig wieder aufgefunden ist und von einem Verein von Orientalisten unter de Goejes Leitung herausgegeben wird (bisher 13 Halbbde., Leid. 1879-84; einiges war schon ¶