Appretur
,
die Zurichtung einer
Ware, besonders der
Gewebe,
[* 3] des
Papiers, des
Leders etc., um derselben für den
Gebrauch,
die Bestimmung oder für den
Markt gewisse
Eigenschaften zu verleihen. Die Appretur
arbeiten im weitern
Sinn zerfallen in
chemische und mechanische,
da man zu ihnen auch die
Färberei und
Bleicherei rechnen muß. Im gewöhnlichen engern
Sinn versteht
man darunter nur diejenigen
Arbeiten, welche ohne
Bleiche und
Färberei die
Ware verschönern und vollenden.
Die Arbeiten zur Verschönerung der Gewebe insbesondere bezwecken wesentlich eine Reinigung derselben und die Hervorbringung eines dem Auge [* 4] angenehmen Ansehens oft in Begleitung einer großen Glätte und eines starken Glanzes. Die Vollendungsarbeiten dienen dazu, die Stoffe für bestimmte Zwecke mehr oder weniger in ihrem Wesen zu ändern. Die Reinigungsarbeiten bestehen im Noppen und Waschen. Durch das Noppen oder Belesen werden die Knoten, Fäden und sonstige nicht hingehörende Teile, Strohstücke, Holzsplitter u. dgl., in der Weise beseitigt, daß man sie mittels einer Metallspitze oder einer Federzange (Noppzange) an die Oberfläche zieht und dann eventuell abschneidet oder abkneipt.
Die zu dieser Arbeit mehrfach erfundenen Noppmaschinen sind wenig in Aufnahme gekommen. Mit dem Waschen beabsichtigt man die Entfernung derjenigen Substanzen, die durch das Schlichten der Kette in das Gewebe gekommen sind (Stärke, [* 5] Leim, Gummi, Dextrin, Glycerin etc.) oder von der Spinnerei herrühren (Fett in den Wollgeweben) oder während des Wehens unabsichtlich die Gewebe verunreinigt haben (Schmieröl vom Webstuhl) [* 6] etc. Es erfolgt mit seltenen Ausnahmen mittels der Waschmaschinen (s. d.) und ist begleitet von den Operationen zum Trocknen, die je nach der Verschiedenartigkeit des Stoffs auf verschiedene Weise, aber stets in zwei Stadien vorgenommen werden, nämlich erstens durch Auspressen entweder mittels Auswringens, oder Ausschleuderns auf der Zentrifuge [* 7] (s. d.), oder Auspressens auf Walzenpressen und zweitens durch Verdampfen des Wassers mittels Wärme [* 8] und Luftbewegung in Trockenräumen oder auf Trockenmaschinen (s. d.). Mit dem Trocknen wird gewöhnlich noch eine Operation verbunden, welche etwanige Falten und Runzeln durch scharfes Anspannen der Zeuge (das sogen. Aufrahmen, Rahmen) entfernt, indem man dieselben entweder wirklich in Rahmen einspannt, oder mittels bewegter Stiftenketten oder drehender Trommeln mit Stiften ununterbrochen auseinander zieht.
Da die unansehnliche, rauhe, wenig glänzende Oberfläche der Gewebe eine Folge der großen Ungleichförmigkeit ist, mit welcher die Härchen oder Faserenden dieselbe bedecken und überziehen, so kann sie zum Teil durch Entfernung, zum Teil durch Hervorbringung einer großen Regelmäßigkeit der Fasern beseitigt werden. Das erstere geschieht fast ausschließlich durch Abbrennen (Absengen, Sengen) auf Sengmaschinen (s. d.), das zweite durch Aufrichten (Rauhen) auf Rauhmaschinen (s. d.) und regelmäßiges Abschneiden (Scheren) [* 9] der Fasern auf Schermaschinen (s. d.).
Durch diese
Arbeiten kann aber nur die dem Webmaterial von
Natur zukommende
Glätte und sein natürlicher
Glanz hervorgebracht
werden. Wünscht man einen höhern
Glanz, so ist ein Verstopfen der Gewebeporen durch das
Füllen und ein
Glätten der Oberfläche vermittelst eines Überzugs
und starken
Drucks erforderlich. In vielen
Fällen vereinigt man beides,
indem man das
Gewebe mit einer
Masse (Appretur
masse) imprägniert, welche zwar verschieden zusammengesetzt, aber in der
Regel
aus einem
Füllstoff (feinem weißen
Thon,
Kaolin,
Schwerspat,
Talk,
Gips,
[* 10]
Kreide
[* 11] u. dgl.) mit einem
Bindemittel
(Stärkekleister,
Leim,
Dextrin,
Seife,
Wachs,
Pflanzenschleim) besteht, und nach dem
Trocknen oder Festwerden dieser
Masse zwischen
glatten
Körpern scharf preßt. Zum
Imprägnieren, auch
Stärken genannt, bedient man sich eines Trogs zur
Aufnahme der Appretur
masse,
durch den man das
Gewebe gewöhnlich vermittelst
Walzen hindurchzieht, und einer
Trockenmaschine in
Verbindung
mit diesem
Trog. Zum
Glätten benutzt man dann verschiedene
Pressen, insbesondere die sogen.
Mangen und die
Kalander
[* 12] (s. d.),
weshalb die
Arbeit selbst auch
Mangen und
Kalandern
(Cylindrieren) genannt wird.
Zu den Vollendungsarbeiten gehören hauptsächlich das
Gaufrieren,
Moirieren und das
Filzen. Das
Gaufrieren dient dazu, dem
Gewebe
Muster einzupressen (z. B. bei
Buchbinderleinwand,
Futterkattun etc.), und erfolgt zwischen
Walzen, deren Oberflächen
mit den entsprechenden
Mustern versehen sind (Gaufrierwalzen). Durch das
Moirieren oder
Wässern erhält das
Gewebe jenes als
Moiree allbekannte flammenartige Ansehen, ebenfalls zwischen gravierten
Walzen oder auch, indem man zwei aufeinander gelegte
Stoffe durch die
Walzen gehen läßt, wobei sich die
Fäden ungleichmäßig zusammenquetschen und den gewünschten
Lichtreflex hervorbringen. Das
Filzen ist dasjenige
Verfahren, durch welches
Stoffe mit großer
Dichtigkeit versehen werden.
Es findet in hervorragender
Weise in der Tuchfabrikation Anwendung und wird durch das
Walken (s. d.) ausgeführt. Die Appretur
arbeiten
werden je nach der Art des
Gewebes, dem
Material, den Anforderungen etc. höchst verschieden, namentlich
auch bezüglich der Reihenfolge, vorgenommen.
Über die Appretur
einzelner
Gewebe ist im allgemeinen folgendes zu bemerken.
Die Baumwollstoffe werden nach dem
Waschen und
Trocknen in der
Regel erst gesengt, dann oft gerauht und geschoren, regelmäßig
gestärkt und kalandriert und in bestimmten
Fällen gaufriert, gerahmt und moiriert. Leinenwaren werden
im wesentlichen wie baumwollene
Gewebe behandelt, nur fällt bei ihrer natürlichen
Glätte das Sengen und
Scheren fort. Nach
dem
Stärken werden sie auf der
Mange oder auf
Kalandern geglättet; man wendet aber auch, um eine nicht glänzende, dem
Faden
[* 13] seine Rundung nicht bemerkbar raubende, sanft gewässerte Appretur
zu erhalten, einen besondern
Kalander, die sogen. Schlagmühle,
Stampf- oder Stoßkalander, an, bei welcher auf eine
Walze fest aufgewickelte, etwas feuchte
Leinwand durch sehr glatte, senkrecht herabfallende
Stampfen bearbeitet wird.
Beim Tuch bearbeitet man, nachdem der Loden gewaschen und genoppt ist, die Filzdecke, mit welcher er aus der Walke hervorgeht, aus freier Hand [* 14] oder häufiger mittels Maschinen mit den eiförmigen, voll kleiner Widerhaken sitzenden Fruchtköpfen der Kardendistel, um die Härchen aus der Filzdecke stärker und gleichmäßiger herauszuziehen und nach einer Richtung hin niederzustreichen. Die Karden sind in 12 oder 16 Doppelreihen auf der hohlen Kardentrommel angebracht, welche sich mit großer Geschwindigkeit um ihre Achse dreht, während das ausgespannte nasse Tuch langsam an ihrem Umkreis vorübergeht und etwa ein Sechstel des letztern ¶
mehr
berührt. Die teuern und vergänglichen Karden durch metallene Vorrichtungen zu ersetzen, ist nunmehr fast vollständig gelungen; doch hat man auch jenen durch Imprägnieren mit Kupfervitriol größere Dauerhaftigkeit verliehen. Die durch das Rauhen hervorgezogenen Härchen werden nun durch das Scheren in gleicher und geringer Länge abgeschnitten, um eine glatte und feine Oberfläche hervorzubringen. Man bürstet auf dem trocknen Tuch die Haare [* 16] gegen den Strich auf und schneidet sie dann mit Schermaschinen (s. d.), selten noch mit großen Handscheren, auf gleiche Höhe ab. Man kann das Ziel des Rauhens und des Scherens nur durch einen stufenweisen Gang [* 17] erreichen und muß daher beide Arbeiten mehrere Male abwechselnd miteinander vornehmen.
Die beim Scheren entstehenden Abfälle (Scherwolle) sind fast staubartig fein, indes kann man aus ihnen und aus den Abfällen vom Rauhen etwa 20 Proz. Härchen abscheiden, welche gleich Lumpenwolle zu verwenden sind. Man mischt wohl die gesamten Abfälle mit der Walkflüssigkeit und verfilzt sie so mit der Oberfläche des Lodens, daß das Gewicht der Ware bedeutend vermehrt und unter geringerm Einlaufen des Tuches mit geringerm Zeitaufwand eine Decke [* 18] erzeugt wird. Nach dem Scheren werden die Tuche noch einmal genoppt, dann zusammengelegt und gepreßt.
Sehr häufig werden die Tuche noch vor Beendigung des Rauhens und Scherens dekatiert, d. h. man wickelt sie, straff angespannt, auf eine hohle, an beiden Seiten offene, in der Mantelfläche fein durchlöcherte Walze, bedeckt sie mit grober Leinwand, umwindet sie straff mit einem breiten hänfenen Gurt und setzt sie in einem Kasten der Einwirkung von Wasserdampf aus. Die Wolle erlangt dadurch einen schönen, sehr dauerhaften Glanz, und die Härchen bleiben auch beim Tragen beständig in gleicher Richtung liegen (das Tuch trägt sich nicht rauh).
Ausgedehnten Gebrauch macht man auch von Bürstenmaschinen, deren Wirkung durch gleichzeitig gegen das Tuch ausströmenden Wasserdampf
unterstützt wird. Beim Pressen legt man zwischen die einzelnen Lagen Glanzpappe und bedeckt den Stoß oben
und unten mit heißen eisernen Platten. Nach 1-2 Tagen wird das Tuch umgelegt und nochmals gepreßt; es erlangt hierdurch einen
sehr starken Glanz, welcher aber gegen Nässe höchst empfindlich und überdies nicht jedermann willkommen ist. Da außerdem
das beim Trocknen auf Spannrahmen sehr ausgereckte Tuch durch Nässe stark einläuft, so krumpt man es vor der
Verarbeitung, um den Preßglanz und die Spannung zu beseitigen. Man taucht es in Wasser und läßt es mäßig ausgespannt trocknen
oder bearbeitet es mit Wasserdampf und preßt es ohne Glanzpappe (Dekatieren). - Kammwollene Zeuge werden je nach ihrer Beschaffenheit
genoppt, gesengt, gewaschen, geschoren, mit Leimwasser gesteift, über Kohlenfeuer getrocknet, gemangelt
oder kalandert, geglättet oder geglänzt und gepreßt. - Seidene Gewebe werden nur in gewissen Fällen appretiert, besonders
überzieht man leichte Tafte und Atlasse auf der Rückseite mit Tragantschleim, trocknet sie schnell und erhöht ihren Glanz
durch Kalandern mit geheizten Metallwalzen. Über Appretur
des Papiers und des Leders s. d.
Vgl. Meißner, Der praktische Appreteur etc. (Leipz. 1875);
Derselbe, Die Maschinen für Appretur
etc. (Berl. 1873);
Grothe, Die Appretur
maschinen (das.
1879).