Annalen
(Jahrbücher, Annales libri),
Bücher, worin die merkwürdigsten Begebenheiten in chronologischer
Folge, nach
Jahren abgeteilt, verzeichnet werden.
Alle Geschichtschreibung hat mit solchen Annalen
angefangen; die alten
Ägypter, Assyrer und
Perser und noch früher die
Chinesen hatten ihre Annalen.
Die ältesten der
Römer
[* 2] sind die von den
Priestern
abgefaßten Annales pontificum oder Annalen
maximi, welche meist nur auf
Religion und
Kultus Bezügliches enthielten und bei der
Eroberung der Stadt durch die
Gallier zu
Grunde gingen.
Später, vorzüglich nach dem zweiten
Punischen Kriege,
gab es außer den neuen Priesterannalen
auch sogen.
Familien- (Annales
gentium) und Konsularannalen
(Annalen consulares), worin teils die Thaten ausgezeichneter
Männer, teils wichtige Veränderungen
in den innern und äußern Verhältnissen des
Staats kurz aufgezeichnet waren. Die Konsularannalen
wurden
auf hölzerne, mit geleimter
Leinwand überzogene Tafeln geschrieben und erhielten davon auch den
Namen
Libri lintei (Leinwandbücher).
An der
Spitze dieser römischen Annalen
schreiber (Annalisten) erscheint
Quintus
Fabius
Pictor (220
v. Chr.). Als sich im Augusteischen
Zeitalter die Geschichtschreibung mehr ausbildete, ging nach und nach der
Name Annalen
auch auf solche geschichtliche
Werke über, in welchen zwar die Berücksichtigung der
Chronologie nach den einzelnen
Jahren vorherrschte, sonst aber in Behandlung
und
Anordnung des
Stoffs das höhere
Prinzip der Geschichtschreibung vorwaltete; so die Annalen
des
Tacitus u. a.
Vgl. Nitzsch, Die römische Annalistik (Berl. 1873).
Die rohe Form der fast tabellarischen Aneinanderreihung der erzählten Ereignisse nach Jahren finden wir wieder im Mittelalter, doch führen die meist von Mönchen damals geschriebenen Geschichtswerke dieser Art häufig den Namen Chroniken. Sie beginnen in der Regel von Erschaffung der Welt oder von Christi Geburt, haben aber nur für das Zeitalter, in welchem sie abgefaßt wurden, historische Bedeutung. Die Sprache [* 3] dieser Werke ist gewöhnlich ein inkorrektes Latein, welches in Italien [* 4] seit dem 13. Jahrh., in Frankreich und Deutschland [* 5] seit dem 14. bisweilen mit der Landessprache vertauscht wurde.
Diese Annalen
und
Chroniken des
Mittelalters sind mehrfach gesammelt worden: für
Deutschland am vollständigsten von
Pertz
(»Monumenta Germaniae historica«),
vgl. Wattenbach, Deutschlands [* 6] Geschichtsquellen im Mittelalter (4. Aufl., Berl. 1877);
für
Frankreich von Annalen
Duchesne und
Bouquet;
für Spanien [* 7] von Eug. da Llaguno Amirola;
für England von Commelin, Savile u. a.;
für
Dänemark
[* 8] von
Langebek. In neuerer Zeit führten mehrere wissenschaftliche
Zeitschriften, worin besonders eine historische
Tendenz vorherrscht, den
Namen Annalen.
Eins der einflußreichsten Werke dieser Art waren die
»Europäischen«,
später
»Politischen Annalen«
, hrsg. von
Posselt seit 1795, zuletzt unter
Rottecks Redaktion bis 1832, wo sie wegen angeblich revolutionärer
Tendenz durch Bundesbeschluß verboten wurden.
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