Angorawolle
,
s. Ziege (Angoraziege).
Angorawolle
613 Wörter, 4'075 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Angorawolle,
s. Ziege (Angoraziege).
Angorawolle
(Angorahaar, Kämelhaar, unrichtig Kamelhaar). Das Kämelhaar kommt von der Kämelziege, einem in der Gegend von Angora in Kleinasien gezüchteten kleinen Schlag von Ziegen mit gewundenen Hörnern und Hängeohren, deren Name durch das arabische chamal = zart, fein, erklärt wird. Die ihr ähnliche persische Ziege, mit demselben Haarwuchs, liefert ihr Haar unter derselben Bezeichnung. Andre Ziegenhaare aus der Levante sind weniger geschätzt und wohlfeiler.
Das Kämelhaar ist lang (das beste hat 30 cm), fein, weich, seidenartig glänzend und krauslockig, meistens ganz weiß, zuweilen grau und am seltensten schwarz. Die schwarze und die weiße Sorte sind am meisten geschätzt. Eine geringere Sorte ist die sogenannte Wickelwolle (Pelotage). Die Stadt Angora und ihre Umgegend ist seit langer Zeit berühmt wegen des feinen Garnes, das die Weiber dort aus dem Ziegenhaar zu spinnen verstehen, und der daraus gewebten vorzüglichen Zeuge, die unter dem Namen Kamelotte, Serge und Shawls von Angora bekannt sind, in größter Menge in der Levante selbst verbraucht werden, früher auch nach Europa kamen. In großen Mengen aber wurden die im Orient gesponnenen Garne in verschiedenen Feinheitsgraden in Europa eingeführt, während man hier seit einigen zwanzig Jahren immer mehr nur den Rohstoff von dorther bezieht und die Spinnerei selbst besorgt.
Die Einfuhr des Kämelhaars in Europa ist im Abnehmen; sie soll in England jährlich etwa 100000 kg betragen. Die Ausbildung der Kammgarnspinnerei mit ihren jetzt so schönen Erzeugnissen hat dem Artikel Abbruch gethan, wenn schon die Kammgarne an Glanz nicht den Kämelgarnen gleichkommen. Die Ziegenwolle heißt bei den Franzosen Poil de chevre, bei den Engländern Mohair, und unter dieser Bezeichnung gehen denn auch die verschiedenen Webwaren, in welche der Stoff ganz oder teilweise eingeht (s. d. Artikel). - Das eigentliche Kamelhaar und das vom Trampeltier ist ebenfalls ein Spinnstoff, den man aber in den Ländern, wo das Tier gehalten wird, meistens selbst verarbeitet und von dem wenig nach Europa kommt. Es ist auch nicht so beschaffen, daß es mit dem Kämelhaar verwechselt werden könnte.
Das Haar wird vom Rücken, Hals und Bauch genommen; das vom Rücken ist das beste und in der Qualität überhaupt steht das persische obenan. Es kommt in den Farben schwarz, rot und grau vor, und in dieser Reihenfolge gehen auch die Preise abwärts. Das feinste Haar gibt ziemlich gute, doch glanzlose Kamelotte, die geringere Sorte gröbere Zeuge, Filzdecken u. s. w. Das nach Frankreich und England gehende Haar wird teils zur Hutmacherei, teils zu feinen Pinseln benutzt. - Zoll: Gemäß Tarif im Anh. Nr. 41 a bis d.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Angorawolle,
Angorahaar, Kämelhaar (frz. poil de chèvre; engl.
mohair), das Haar
[* 2] der Angoraziege (s. d.);
es wird aber häufig mit dem Haar anderer orient. Ziegen, das jedoch viel weniger
wertvoll ist, verwechselt. Die Haare
[* 3] der echten Angorawolle
sind fein, sehr weich, seidenartig glänzend und krauslockig; meistens
ganz weiß, zuweilen grau und am seltensten schwarz. Letztere Sorte sowie die weiße sind am meisten
geschätzt. Eine geringere Sorte ist die sog. Wickelwolle (frz.
pelotage).
Unter dem Mikroskop
[* 4] sieht man die Cuticulaplättchen bei der echten Angorawolle
fast immer deutlich, sie besitzen
im allgemeinen die Breite
[* 5] des Haars und haben eine zackige Kontur. Die Markschicht ist in manchen Haaren fast zusammenhängend
sichtbar, in andern findet sie sich nur inselartig angedeutet. Die Breite der Angorawolle
schwankt zwischen 0,027 und 0,054 mm, sie
beträgt meist 0,044 mm. Die Länge beträgt 15-20 cm, zuweilen auch 30 cm und mehr. Das Gewicht eines Vließes schwankt zwischen
1250-2500 g. Früher glaubte man, daß dieses lange Seidenhaar die Grannen wären,
jetzt weiß man, daß es das eigentliche Wollhaar ist, welches das Übergewicht über die Grannenhaare erlangt und letztere
fast gänzlich verdeckt; bei andern langhaarigen Ziegen ist gerade das Umgekehrte der Fall. Die Gesamtausfuhr von Angorawolle
erhebt
sich nicht über 2500 Ballen jährlich.