1) (jetzt
Andro)
Insel im
Griechischen Archipel, die nördlichste und nächst
Naxos größte der
Cykladen, durch
die Doropassage von
Euböa getrennt und gleichsam die Fortsetzung dieser
Insel, ist 405 qkm (8 QM.) groß
und zählt (1879) 22,562 Einw. Sie wird auf der Westseite von einem
Gebirge durchzogen, in dessen östliche Abhänge reich mit Fruchtbäumen
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und Weinreben bedeckte Thäler eingeschnitten sind, und erzeugt besonders Seide,
[* 3] Wein, Oliven, Limonen etc.; auch die Vieh-, namentlich
die Schafzucht und die Vogeljagd sind nicht unwichtig. Von den Einwohnern suchen viele in den größern Städten der Levante
als Handwerker oder Dienstboten bei Europäern ihren Erwerb. Die Insel, zuerst von karischen Seeräubern
besetzt, wurde infolge der dorischen Wanderung durch Ionier bevölkert und sandte schon um 650 v. Chr. mehrere Kolonien nach
der Chalkidike aus.
Nach den Perserkriegen, in welchen sie auf seiten der Perser gestanden hatte, gehorchte sie den Athenern. Später geriet sie
in makedonische, dann in pergamenische, endlich 133 v. Chr. in römische Gewalt. Nach Begründung des lateinischen
Kaisertums erhielt sie 1207 in dem venezianischen EdelmannMarinoDandolo einen eignen Fürsten, dessen Nachfolger aus andern
venezianischen Familien sich gegen die Türken behaupteten und erst 1566 denselben die Insel überlassen mußten. Der Hauptort
Andros liegt auf der Ostküste, hat einen kleinen Hafen und 1800 Einw.
Vgl. Hopf, Geschichte der InselAndros und
ihrer Beherrscher von 1207 bis 1566 (Wien
[* 4] 1855, Urkunden etc. 1856). -
die nördlichste Insel der östl. Reihe der Cykladen (s. d.), jetzt eine eigene Eparchie des Nomos Kyklades,
bildet die südöstl. Fortsetzung von Euböa, von dem es durch einen 10 km breiten Kanal
[* 6] getrennt wird. Es ist ein etwa 40 km
langer, von NW. nach SO. streichender Bergrücken
aus krystallinischen Gesteinen (bis 975 m hoch), der durch zahlreiche, von W. nach O. gerichtete Querthäler gegliedert ist.
Letztere sind im Gegensatz zu den kahlen Höhen wohlbewässert, fruchtbar und liefern Getreide,
[* 7] Wein, Öl, Südfrüchte, Baumwolle
[* 8] und Gemüse in Menge; Hauptprodukt ist Seide.
In dem von Albanesen bewohnten nördl. Teile der Insel wird hauptsächlich Viehzucht
[* 9] und Ackerbau betrieben.
Die Insel hat 405 qkm und (1889) 18 103 E. Die Hauptstadt Andros, an einer Bucht der Ostküste, hat (1889) 2030, als Gemeinde 8186 E.,
einen kleinen wenig geschützten Hafen, ist Sitz eines griech. und eines kath. Bischofs und ein belebter
Handelsort. Ungefähr in der Mitte der Westküste liegt das Dorf Paläopolis an der Stelle der alten Hauptstadt von deren
Hafen, Dionysostempel und Burg nur noch unscheinbare Reste erhalten sind.
Andere Hafenorte auf der Insel sind Korthion auf der Ostküste mit 423 E. und Gavrion oder Gavri mit 863 E.,
auf der Westküste (an der Stelle einer alten Ortschaft Gaurion) mit trefflichem kleinen Hafen. Außerdem besitzt die Insel
zahlreiche wohlhabende und hübsche Dörfer. Sie war anfangs von karischen Seeräubern bewohnt, dann durch Pelasger und Ionier
bevölkert und sendete um die Mitte des 7. Jahrh. v. Chr. eine Anzahl Kolonien nach der thraz. Halbinsel
Chalcidice.
Nach den Perserkriegen stand sie unter der Herrschaft der Athener, von denen sie mehrfache Bedrückungen zu erdulden hatte;
später kam sie in die Gewalt der Macedonier. Nach Besiegung der letztern durch die Römer
[* 10] ward von diesen dem pergamenischen
König Attalus überlassen, ging aber nach dem Tode des letzten Attalus mit der ganzen Erbschaft desselben
wiederum an die Römer über. Andros teilte hierauf die Geschicke Griechenlands, bis es nach Begründung des lat. Kaisertums 1207 in
dem venet. Edelmann Marino Dandolo seinen eigenen Fürsten erhielt. Es stand dann teils unter eigenen Fürsten, teils unter
venet. Statthaltern, bis es 1566 in die Gewalt der Türken geriet. Unter der türk. Herrschaft war Andros, als
Schatullegut von Sultaninnen, ziemlich unabhängig und zahlte einen Tribut von ungefähr 30000 Piastern. -
Vgl. Hopf, Geschichte
der Insel und ihrer Beherrscher in dem Zeitraume von 1207-1566 (Wien 1855; Urkunden und Zusätze, ebd. 1856).