Die
Landschaft besteht im wesentlichen aus dem Flußthal und Stromgebiet des
Guadalquivir (Genaueres s. unter den einzelnen
Provinzen). Der Andalusier ist von schöner Körpergestalt, lebhaft und heiter, vergnügungssüchtig, leichtsinnig, aber
ehrlich und edel, redselig, voll
Verstand und Gewandtheit in der Auffassung, stolz auf sein Land und poetisch
begabt, aber arbeitsscheu, dabei genügsam, gastfrei und gefällig, aber auch jähzornig, keck und streitsüchtig, ein
Freund
des
Messers, wenn auch öfter nur ein prahlerischer Zungenheld.
In der
Kleidung liebt er bunte
Farben; eine
Jacke von
Seide,
[* 9]
Beinkleider mit vergoldeten
Knöpfen, weißeStrümpfe
mit seidenem
Band,
[* 10] ein buntes Brusttuch, ein schneeweißes
Hemd mit netter
Krause und offenem
Kragen, unter dem seidenen Leibgürtel
eine Cartuchera (Patronentasche) mit gesticktem Deckel, dies sind die wesentlichen
Bestandteile der andalusischen
Tracht. Die
Frauen sind von einer unnachahmlichen
Grazie und mit vielem Mutterwitz begabt und gelten, wenn auch nicht
für die schönsten, doch für die interessantesten und liebenswürdigsten Spanierinnen.
In den hohen
Thälern der
Sierra Nevada
leben noch reine Nachkommen der
Mauren. Zu dieser eigentlich maurisch-spanischen
Bevölkerung
[* 11] gesellen sich noch viele
Tausende
von
Zigeunern
(Gitanos), die teils ansässig sind, teils ein nomadisches
Leben führen.
In den ältesten
Zeiten wurde von den Turtern bewohnt, die
Gewerbe trieben und einige
Kultur besaßen, dabei
sanft und friedliebend, aber auch weichlich waren und keinem Eroberer widerstanden, und hieß
Bätica (nach dem
Bätis, jetzt
Guadalquivir) oder
Tartessos (phönikisch Tarschisch, nach seinen Bewohnern). Von
Fremden ließen sich zuerst die Phöniker
hier nieder, um die reichen Silberbergwerke auszubeuten; sie gründeten die
KolonienHispalis
(Sevilla),
Gades
(Cadiz) u. a.
Später nahmen die Karthager diese Gegenden ein, doch blieb ihr Einfluß lange Zeit auf die
Küsten beschränkt,
bis sie sich seit 237
v. Chr. durch
Eroberungen in
Spanien für das in
Sizilien
[* 12] Verlorne zu entschädigen suchten.
Schnell entartet, erlag das
Reich der Westgoten schon nach einem
Jahrhundert den Arabern in der
Schlacht
bei
Jeres de la Frontera 711. Als 755 die spanischen Araber sich von den
Kalifen in
Asien
[* 16] unabhängig machten, wurde der Sitz
einer neuen Dynastie von
Kalifen, die
Cordova zu ihrem Aufenthalt wählte. Die überwundenen
Goten wurden
von den Siegern mild behandelt, behielten freie Religionsübung, ihre eignen
Gesetze und
Sitten und zahlten bloß einen mäßigen
Tribut.
Die
BevölkerungAndalusiens war damals sehr zahlreich, der
Ackerbau blühend;
Künste und
Wissenschaften, besonders
Baukunst,
[* 17] Astronomie,
[* 18]
Medizin, wurden von den Arabern mit solchem Erfolg getrieben, daß Wißbegierige aus dem übrigenEuropa
[* 19] nach
Cordova reisten, um dort Kenntnisse zu erwerben, die man sonst nirgends fand. Als aber 1031 die Dynastie der
Omejjaden
in
Cordova ausstarb und die
Mauren, schon längst uneinig, sich in mehrere unabhängige
Reiche zerteilten, verfiel auch ihre
Macht und der Wohlstand des
Landes. In Andalusien entstanden die dreiKönigreicheSevilla,
Cordova und
Jaen, welche
nach vielen
Kämpfen, von 1238 bis 1248, durch König
Ferdinand III. von
Kastilien den
Mauren entrissen wurden. Die blinde Unduldsamkeit
der
Christen trieb bald darauf
Tausende der Besiegten nach
Afrika zurück und legte hiermit den ersten
Grund zu der seitdem immer
bedeutender gewordenen
Entvölkerung des
Landes. Von jener Zeit an war Andalusien ein Teil des
ReichsKastilien und
hatte mit diesem stets gleiche
Schicksale.
(span. Andalucia), im Altertume ein Teil der röm. Provinz Bätica, das Vandalitia oder Vandalusia zur Zeit
der Vandalenherrschaft, dann als Vereinigung der mächtigen Königreiche Sevilla, Jaen, Cordoba
[* 21] und Granada die letzte Stätte
der Maurenherrschaft in Europa, bildet jetzt eine Kapitanie mit dem Sitz des Generalkapitäns in Sevilla im südlichsten
TeileSpaniens und besteht aus den acht Provinzen Sevilla, Huelva, Cadiz, Cordoba, Jaen, Granada, Malaga und Almeria mit zusammen
87570,67 qkm und (1877) 3283436, (1887) 3429813 E. Im N. trennen das Land die einzelnen Sierren des andalus.
Scheidegebirges, namentlich die Sierra Morena, von Estremadura und Neucastilien. Östlich grenzt es an Murcia und im W. an
Portugal, im S. an das Mittelmeer mit den steilen Felsterrassen des Küstengebirges von Granada, das in der Sierra de Gador
bis 2325 m aufsteigt und sich bis gegen die Straße vonGibraltar
[* 22] fortsetzt, im W. an den Atlantischen Ocean
mit der offenen, zum Teil steppenartigen Mündungsebene des Guadalquivir, der in seinem ganzen Laufe Andalusien angehört und dessen
Hauptverkehrsader ist.
Man unterscheidet Hochandalusien(Andalucia alta) und Niederandalusien(Andalucia baja).Letzteres, das bätische Tiefland,
reicht zu beiden Seiten des Guadalquivir, allmählich sich verschmälernd, vom Busen von Cadiz aufwärts
bis el Carpio, oberhalb Cordoba, und bedeckt einen Raum von ungefähr 13770 qkm. Jenes wird gänzlich erfüllt durch das bätische,
vielgliedrige Gebirgssystem. Den Kern des Systems bildet die Sierra Nevada (s. d.), das südlichste Schneegebirge Europas, dessen
Gipfel bis 3481 m aufsteigen.
Getrennt davon und zum marianischen Gebirgssystem (Sierra Morena) gehörend, erhebt sich in der Nordostecke
von Granada die Sierra Sagra (2400 m). Infolgedessen ist die Bewässerung meist eine vorzügliche. Das Klima ist in der untern
Region ein fast afrikanisches, namentlich an den Mittelmeerküsten, wo der Solano im Sommer die Hitze zuweilen unerträglich
macht. An der atlantischen Küste dagegen herrschen kühlere Winde
[* 23] vor. Die mittlere Temperatur des kältesten
Monats ist etwa 15° C., die des wärmsten 30° C. Der Frühling beginnt im Februar und dauert je nach der Lage bis Mai oder
Juni. Im Sommer verdorrt die Vegetation bei mangelndem Regen, aber Ende September rufen die ersten Regen
ein zweites Frühjahr hervor, welches fast unmerklich wieder durch den milden Winter hindurch in den eigentlichen Frühling
übergeht. In den höhern Regionen ist Eis
[* 24] und Schnee
[* 25] keine Seltenheit; in Granada sinkt die Temperatur öfters bis –5°C.,
und selbst in dem durch seine milden Winter bekannten Malaga kommen ausnahmsweise
¶
mehr
Nachtfröste mit -2 bis -5° C. vor. Die BeinamenA.s, z. B. der Garten,
[* 27] der Kornspeicher, der Keller, der Stall, ja sogar der
Geldbeutel Spaniens, lassen auf einen ungemeinen Naturreichtum schließen; doch findet dieser sich nur noch in kleinen TeilenLandes, z. B. in den Vegas von Granada, Malaga, Velez Malaga, Motril, den Alpujarrasthälern und andern
Thälern der Sierra Nevada, den Plateaus von Ubeda und Baëza; im Tieflande in den Umgebungen von Cordoba, Sevilla, Ecija, Jerez
u. a. Hier bringt der schon im April reife Weizen 40fältige, der Mais 80-, ja 100fältige Frucht; die Oliven und Orangen erreichen
die größte Höhe, und die Vegetation wird subtropisch.
Zuckerrohr (früher auch Baumwolle),
[* 28] Feigendisteln, Bataten und Dattelpalmen gedeihen im Freien; baumartige Aloen und Kaktusarten
bilden undurchdringliche Decken, und eine Menge von Zierpflanzen Afrikas und Amerikas sind verwildert. Wein und Öl, Obst und
Südfrüchte giebt es im Überfluß. Im W. des Jenil dagegen, wo bei geringer natürlicher Bewässerung
die künstlichen Rieselwerke verfallen, wird der Anbau spärlicher; dort liegen weite Felder verödet.
Näher an der Küste sind noch einförmigere und nacktere Gegenden, und die Küstenebene zwischen der Guadalquivir- und Tintomündung,
Las Arenas Gordas genannt, ist sogar nur mit beweglichem Flugsande bedeckt. Im allgemeinen gehört aber Andalusien zu
den ergiebigsten Landschaften Spaniens, dank seinem milden Klima,
[* 29] seinem größern Wasserreichtum im Bereich
eines Gebirges, das in so südl. Breite
[* 30] die nie versiegenden Quellen großer Schneefelder besitzt, sowie den vorzüglichen Bewässerungsanlagen
der Mauren, auf deren Erhaltung jedoch nicht die nötige Sorgfalt verwendet wird.
Kein Land Europas bietet einen solchen Wechsel der üppigsten Fruchtbarkeit mit trostlosen Einöden dar
wie Andalusien, namentlich in seinen Gebirgen. Ebenso abwechselnd ist der Pflanzenwuchs. Bis in eine Höhe von 600 m finden sich die
Gewächse der tropischen und subtropischen Zone, namentlich als Kulturpflanzen die Orangeriegewächse. Bis zu 1000 m hinauf
gehen Ölbaum und Weinstock, Weizen bis 1500 m, Roggen und Gerste
[* 31] sogar in der Sierra Nevada über 2200 m,
darüber hinaus sind Alpenweiden.
Als Waldbäume finden sich in der untern Region namentlich immergrüne Eichen, in der Bergregion Kastanien, blattwechselnde
Eichen und Nadelhölzer,
[* 32] neben denen als Kulturpflanzen die Walnüsse und die mitteleurop. Obstbäume zu nennen sind. Die andalus.
Hengste, namentlich die cordobanischen, sind berühmt; auch liefern die Provinzen Sevilla und Cordoba die meisten der wilden
Stiere für die Stiergefechte. Wie der Besitz natürlicher Reichtümer das Land schon früh zum Ziel fremder Kolonisten und
Eroberer gemacht hat, wie schon Phönizier durch die Schätze von Tartessus angelockt wurden und die
Mauren hier mächtige Reiche gründeten, so erhob sich Andalusien auch selbständig zum Schauplatz einer frühen Gesittung, der Kunst,
Wissenschaft, der Ritterlichkeit, des Gewerbfleißes und Handels.
Die Audalusier sprechen ein mit arab. Worten gemischtes Spanisch; sie zeichnen sich aus durch Gastfreundschaft, Fröhlichkeit
und Leichtsinn, Verstand, Gewandtheit und Einbildungskraft und gehören zu den thätigsten Stämmen der
span. Nation. Die Frauen sind mit ungemeiner natürlicher Grazie begabt. Beide Geschlechter sind
von mittlerer Statur, schön gewachsen, von dunkelm Teint, haben meist schwarze Augen und
glänzendschwarzes Haar,
[* 33] gebogene Nase
[* 34] und halb orient. Schnitt des Gesichts, der besonders bei den Frauen stark hervortritt. Zu der maurisch-span.
Bevölkerung und den Moriscos kommen noch Tausende von Zigeunern. -