griech. Lyriker, geboren um 550 v. Chr. zu Teos, einer ionischen Stadt Asiens, deren Einwohner um 540 vor der
drohenden persischen Herrschaft nach dem thrakischen Abdera übersiedelten. Von dort kam Anakreon an den Hof
des Polykrates von Samos und wurde hier hoch geehrt. Nach dessen Ende (522) rief der Tyrann Hipparchos den Dichter nach Athen.
Von Anakreons Leben nach dem Sturz der Peisistratiden weiß man nichts Sicheres. Wohl nur Sage ist es, daß
er, 85 Jahre alt, durch Verschlucken einer getrockneten Weinbeere gestorben sei.
Auf der Burg zu Athen stand seine Bildsäule, die ihn als einen vom Wein begeisterten greisen Sänger darstellte, wie er überhaupt
bei den Griechen als Typus eines noch im Alter dem Wein und der Liebe huldigenden Dichters galt. Denn der
Liebe, dem Wein und der heitern Geselligkeit war die Mehrzahl seiner in dem weichen ionischen Dialekt verfaßten Lieder gewidmet,
die durch ihre Schönheit und Anmut berühmt waren. Die Alten kannten drei Bücher Anakreontischer Lieder, von denen nur noch
spärliche Fragmente erhalten sind (am besten bearbeitet von Bergk, Leipz. 1834, u. in dessen »Poetae
lyrici graeci«, 4. Aufl., das. 1882). Nachahmungen der Anakreontischen Poesie aus verschiedener, zum Teil später Zeit und
von verschiedenem Wert enthält eine des Anakreon Namen fälschlich tragende Sammlung von etwa 60 zumeist Wein- und Liebesliedern
(neuere Ausg. von Mehlhorn, Glog. 1825; Rose, 2. Aufl., Leipz. 1876; bei Bergk a. anakreon O.). Diese Anakreontischen
Lieder wurden oft übersetzt, z. B. von Gleim, Uz, Götz, in neuester Zeit von Uschner (Berl. 1864), E. Mörike (Stuttg. 1865)
und Junghans (Leipz. 1873). Eine antike Statue des Anakreon (1835 am Monte Calvo gefunden) enthält die Villa Borghese in
Rom.
einer der bedeutendsten griech. Lyriker, geb. zu Teos in Ionien, wurde von dem Vater des
Polykrates nach Samos berufen, um diesen in der Musik zu unterrichten. Nachdem Polykrates sich der Herrschaft über die Insel
bemächtigt hatte (533 v.Chr.), blieb Anakreon an seinem Hofe, wo seine hauptsächlich den heitern Lebensgenuß feiernde Dichtung
ihre schönsten Blüten entfaltete. Nach dem Sturze des Polykrates (522) wurde von Hipparchus, dem Sohne
des Pisistratus, nach Athen eingeladen, wo er mit Hipparchus selbst, mit Xanthippus, dem Vater des Perikles, und andern vornehmen
Athenern in engem Verkehr lebte.
Von Athen, das er entweder nach der Ermordung des Hipparchus (514) oder nach der Vertreibung des Hippias
(510) verließ, scheint er sich zunächst nach Larissa in Thessalien zu dem Dynasten Echekratidas begeben zu haben, seine letzten
Lebensjahre hat er wohl in Teos oder in deren Tochterstadt Abdera zugebracht; gestorben ist er bald nach 495 v. Chr., angeblich
im Alter von 85 J., nach sagenhafter Überlieferung an einer vertrockneten Weinbeere. Die Teïer setzten
sein Bild auf ihre Münzen und zeigten sein Grab; in Athen errichtete man ihm auf der Akropolis eine Statue in Gestalt eines vom
Weine trunkenen Sängers neben der des Xanthippus. Von einer sitzenden Statue des in Teos ist vielleicht eine Statue der Villa
Borghese zu Rom eine Nachbildung. Eine berühmte Büste des Anakreon findet sich auch im Kapitolinischen Museum. Von seinen im ion.
Dialekt abgefaßten Dichtungen sind nur Fragmente erhalten (gesammelt von Bergk in «Poetae lyrici graeci», Bd. 3, 4. Aufl.,
Lpz. 1882).
Mit Unrecht tragen A.s Namen die sog. Anacreaontea, eine Sammlung von einigen 60 Liedchen in
kurzen Verszeilen, die in Versbau, Sprache und Ton von den echten Bruchstücken des Anakreon wesentlich abweichen und zum Teil aus
der alexandrinischen, zum Teil erst aus der röm. Zeit stammen; häufig herausgegeben (von Bergk a. O.) und ins Deutsche übertragen
(von Uschner, Verl. 1864; Mörike, Stuttg. 1864; Feldmann, Altona 1875; Weissel, Lpz. 1886; Knauer, Wien
1888; Kaysel, Ludwigslust 1890). - Auch aus dem byzant. Mittelalter existiert eine Sammlung solcher Gedichte.