Titel
Altertum
,
im allgemeinen der ungeheure Zeitraum der Geschichte, der, seinem Anfang nach unbestimmbar, mit dem
Untergang
des weströmischen
Reichs und der Entstehung der christlich-germanischen
Staaten 476 endet; insbesondere der Zeitraum, welcher
die Geschichte der Griechen und
Römer
[* 2] umfaßt, das klassische Altertum
genannt, in welchem jedoch nicht nur
das Kulturleben jener beiden
Völker zusammengefaßt wird, sondern das in höherm oder geringerm
Maß auch solche
Völker mit
einbezieht, die, wie die Ägypter, Babylonier, Phöniker,
Hebräer etc., nach Errichtung des römischen Weltreichs zu jenen
in genauere Beziehungen traten. Im engern
Sinn versteht man unter Altertum
auch die
Urgeschichte jedes einzelnen
Volks, die ihren regelrechten
Abschluß mit einer
Periode findet, in welcher durch große Ereignisse eine völlige Umwandlung
des geistigen und sittlichen
Lebens des betreffenden
Volks sich vollzieht. So schließt das Altertum
ab bei
Germanen,
Kelten u. a.
mit der
Annahme des
Christentums, bei Arabern, Persern,
Türken mit der
Bekehrung zum
Islam, bei
Azteken,
Inka
[* 3] u. a. mit ihrer
Entdeckung und Unterwerfung durch die
Europäer und ihrer darauf folgenden
Annahme christlicher
Religion und
Kultur.
Was nun von Denkmälern aus den bezeichneten Perioden auf uns herübergekommen ist, nennen wir Altertümer oder Antiquitäten, und zwar versteht man darunter nicht nur Bau- und Kunstwerke (mit Einschluß von Gefäßen, Waffen, [* 4] Werkzeugen u. dgl.), sondern auch die Nachrichten von den staatlichen, religiösen und sozialen Einrichtungen, von dem öffentlichen und privaten Leben der betreffenden Völker, wie sie in den uns überlieferten Schriften, Denkmälern u. a. enthalten sind.
Wie von griechischen und römischen Altertümern, so spricht man auch von indischen, persischen, phönikischen, ägyptischen, von deutschen, skandinavischen, slawischen Altertümern. Von diesen Altertümern sind aber in neuerer Zeit die Werke der bildenden Kunst durch eine besondere Wissenschaft, die Archäologie (s. d.), zu einer eignen Provinz abgegrenzt worden, und so versteht man heute unter Altertümern nur noch die Staats-, Religions- und Privataltertümer.
Die Staatsaltertümer umfassen Verfassung, Rechtspflege, Polizei-, Finanz- und Kriegswesen, Kultur und Handel, die Religions- oder Sakralaltertümer den Kultus, die Privataltertümer die physischen und geselligen Verhältnisse, wie Familie, Sklaverei, häusliche Einrichtung, Lebensweise etc. Was wir davon in den speziellen Fällen der einzelnen Völker wissen, sowie was uns an Werken der Kunst erhalten blieb, das ist an den betreffenden Stellen im besondern aufgeführt worden.
Die bekanntesten Handbücher der klassischen Altertumskunde lieferten für die griechischen Altertümer: K. F. Hermann (»Lehrbuch der griechischen Antiquitäten«, neubearbeitet von Blümner u. a., Freiburg [* 5] 1882 ff., 4 Bde.),
Schömann (»Handbuch der griechischen Altertümer«, 3. Aufl., Berl. 1871-73, 2 Bde.);
für die römischen: Lange (»Handbuch der römischen Altertümer«, 3. Aufl., das. 1876, 3 Bde.),
Marquardt und Mommsen (»Handbuch der römischen Altertümer«, 2. Aufl., Leipz. 1876 ff., 7 Bde.) sowie Guhl und Koner (»Das Leben der Griechen und Römer«, 5. Aufl., Berl. 1882).
Populär gehalten ist Seyfferts »Lexikon der klassischen Altertumskunde« (Leipz. 1883, illustriert). Das oben angegebene zeitliche Maß ist übrigens bei den heutigen schnell vorwärts schreitenden Kulturvölkern keineswegs festgehalten worden, es erscheint näher an die Jetztzeit herangerückt und wird im Lauf der Zeiten noch weiter vorrücken. So betrachtet man namentlich auch die deutschen Altertümer, nämlich das, was man heute als »altdeutsch« bezeichnet, als bis zur Reformation reichend, eine Grenze, die sich auch Jakob Grimm bei der Darstellung der deutschen Rechtsaltertümer gezogen hat. Handbücher der deutschen Altertumskunde gaben Müllenhoff (Berl. 1870, Bd. 1) und Lindenschmit (Braunschw. 1880, Bd. 1), eine populäre Gesamtdarstellung enthält Götzingers »Reallexikon der deutschen Altertümer« (2. Aufl. Leipz. 1884). - Über die biblischen Altertümer vgl. Biblische Archäologie.