Wochenbett
(Kindbett, Puerperium), der Zeitraum von der völligen Ausstoßung der Frucht und der Nachgeburt bis zur Rückkehr (Involution) des Organismus aus dem Zustand, in welchen ihn die Schwangerschaft versetzt hatte, zu seinem frühern. Dieser im allgemeinen auf sechs Wochen sich erstreckende Rückbildungsprozeß geht zunächst in den Geburtsorganen und zwar hauptsächlich in der Gebärmutter, [* 2] der Scheide und den äußern Genitalien vor sich, gibt sich jedoch auch, obwohl minder bestimmt, im Gesamtorganismus zu erkennen.
Die Zurückführung der durch die Schwangerschaft veränderten Größe und Struktur der Gebärmutter zur Norm wird zum Teil durch den Wochenbettfluß (Lochien) vermittelt. Im Gesamtorganismus gibt sich die Tendenz zur Rückkehr in den frühern Zustand zunächst durch eine veränderte Säfteströmung kund. Von den Anstrengungen der Geburt ermattet, verfällt die Entbundene in der Regel in einen Schlaf, aus dem sie, wenn nicht die Geburt ihre Kraft [* 3] in einem ungewöhnlichen Grad erschöpft hat, bald gestärkt und erquickt erwacht.
Infolge der nun wieder erhöhten Hautthätigkeit bricht ein reichlicher
Schweiß aus, der für den günstigen
Verlauf des Wochenbetts
von größter Wichtigkeit ist. Das Nahrungsbedürfnis ist in den ersten
Tagen des Wochenbetts
nur
gering, der
Stuhl träge; allmählich jedoch wird der
Appetit reger und auch der Stuhlgang regelmäßig. Gleichzeitig regelt
sich die
Funktion des
Nervensystems, das während der
Schwangerschaft mannigfach gestört war. Von größter
Wichtigkeit für den durch das Wochenbett
bedingten Rückbildungsprozeß ist die Milchsekretion. - Die dem Wochenbett wesentlich
angehörenden
Krankheiten sind auf
Störungen im Rückbildungsprozeß des
Uterus begründet und verraten sich zunächst durch
eine vollständige Unterdrückung oder eine andre
Anomalie
[* 4] der Wochensekretionen: des
Schweißes, der
Lochien
oder der
Milch.
Diese
Anomalien des Rückbildungsprozesses bedingen im
Verein mit dem Zustand, in welchem der
Organismus sich nach der
Geburt
befindet, den
Charakter der Wochenbett
krankheiten. Die neuesten
Erfahrungen lassen keinen
Zweifel darüber, daß die ganze
Fülle
dieser letztern als Wundkrankheiten anzusehen ist, welche auf
Entwickelung kleinster Organismen
(Bakterien)
in den Geburtswegen, auf deren Verbreitung durch die Blutbahn und der durch sie bedingten Blutzersetzung zu beziehen sind.
Daher ist die peinlichste Reinhaltung aller
Personen und Gegenstände, welche mit der
Wöchnerin in Berührung kommen, die Lüftung
der Wochenstube erstes und unbedingtes Erfordernis (s.
Kindbettfieber). Außer diesen fieberhaften Erkrankungen
gehören hierher
Blutflüsse aus den Geburtsteilen, die Lagenveränderungen des
Uterus und der
Scheide, die namentlich späterhin
die
Quelle
[* 5] langwieriger
Leiden
[* 6] werden können,
Affektionen der Harnorgane, mechanische oder sympathische
Leiden des
Mastdarms,
Lähmung desselben,
Entzündung mit ihren
Folgen, Unregelmäßigkeit in der Stuhlausleerung und endlich die weiße
Schenkelgeschwulst,
insofern bei letzterer wenigstens in der
Mehrzahl der
Fälle die krankhaften Veränderungen sich ins
Becken
erstrecken. Häufig beobachtet man auch im W.
Neuralgien in den
Genitalien oder ihnen benachbarten Teilen, und endlich können
sich sowohl im Verdauungsapparat als in den
Organen der
Brust-,
Hirn- und Rückenmarkshöhle primär und sekundär gefahrvolle
Zustände entwickeln. Aus diesem
Grund ist eine ärztliche Überwachung des Wochenbetts
dringend erforderlich.