Verrücktheit
,
diejenige Form der
Geisteskrankheiten (s. d.), bei welcher als Grundstörung eine
allgemeine
Schwäche der psychischen Thätigkeit vorhanden ist. Die moderne
Seelenlehre faßt unter dem
Namen der primären
Verrücktheit
eine eigenartige sehr große und in ihren Einzelheiten äußerst mannigfache Symptomengruppe zusammen,
welche streng von ähnlichen Zuständen zu unterscheiden ist, die sich aber sekundär an andre
Geisteskrankheiten
(Manie,
Melancholie,
Epilepsie) anschließen kann.
Die primäre Verrücktheit
befällt zumeist
Personen, in deren
Familie
Geisteskrankheiten erblich sind, oder die von
epileptischen, dem Trunk ergebenen Eltern abstammen oder in früher
Jugend Schädigungen ihrer Gehirnentwickelung,
Verletzungen
u. dgl. erlitten haben. Die hervorstechendsten
Symptome sind
Halluzinationen und
Wahnideen, welche mit den denkbar verschiedensten, scheinbar logischen Gedankenkombinationen
verbunden, zu ganzen
Komplexen irriger
Vorstellungen verarbeitet werden.
Größenwahn,
Glaube an hohe Abkunft, an
Reichtümer, an ungewöhnliche Fähigkeiten sind mit
Sinnestäuschungen,
Visionen, Stimmenhören
oft zu
Verfolgungswahn verknüpft, so daß die Kranken nicht selten gegen ihre Umgebung aggressiv werden oder auch
Hand
[* 3] an
ihr eignes
Leben legen. Die Verrücktheit
befällt meist junge Individuen von 17-25
Jahren oder ältere, namentlich
Frauen, im 40.-50. Lebensjahr; sie ist eine chronische
Krankheit, die höchst selten nach 5-6monatlicher Dauer in
Genesung übergeht,
sondern meist unheilbar ist und im
Blödsinn endet. Die Behandlung muß unter allen Umständen der Leitung eines erfahrenen
Irrenarztes und einer
Irrenanstalt anvertraut werden, da in der Privatbehandlung die größten
Gefahren
für den Kranken und die Umgebung entstehen können.