Vermögen
,
die Fähigkeit zu einer Thätigkeit, z. B. Sehvermögen
, geistiges Vermögen; die
Summe der einem einzelnen zustehenden
Güter. In der
Rechtswissenschaft stellt man das
Vermögensrecht dem
Familienrecht gegenüber
(s.
Recht) und versteht unter Vermögen
(bona) die
Stimme der im
Eigentum einer
Person befindlichen wirtschaftlichen
Güter nach
Zurechnung der
Forderungen und nach Abzug der
Schulden. - In der
Volkswirtschaftslehre wird oft der
Begriff in der
gleichen
Weise definiert wie in der Rechtslehre, dabei spricht man aber auch von
Volks- und Weltvermögen
, indem man nur einen
gewissen Vorrat von
Gütern ins
Auge
[* 2] faßt.
Das Vermögen
bildet die Grundlage selbständiger wirtschaftlicher
Existenz, ist ein wichtiger
Faktor für Stärkung
des
Kredits und für fortschreitende Individualisierung. Die Ermittelung des jeweiligen Vermögen
sstandes und seiner Änderungen
hat für die
Privat- wie für die
Volkswirtschaft ein großes
Interesse, indem sie über den Erfolg wirtschaftlicher Maßregeln
Aufschluß gibt. Die Messung des einer einzelnen
Privatperson gehörigen Vermögens
ist verhältnismäßig
leicht auszuführen, schwierig oder geradezu unmöglich aber ist eine genaue
Bezifferung des gesamten
Volksvermögens, d. h.
aller derjenigen Gegenstände, welche
Angehörigen eines
Volkes (mit Einschluß aller juristischen
Personen) zur
Verfügung stehen,
mit Berücksichtigung der Forderungsrechte und
Schulden an fremde
Nationen.
Abgesehen von dem Mangel einer zuverlässigen
Statistik, enthält das
Volksvermögen eine
Menge sehr wertvoller
Elemente, die in
Geld nicht wohl taxierbar sind (Häfen,
Mineralquellen, naturfreie
Güter etc.). Auch würde die
Summe keinen
hinreichenden Aufschluß über die wirtschaftliche
Lage geben, da auch die Art der Verteilung und die der Verwendung (Vermögen
sobjekte
als Schutzmittel gegen Naturgefahren gegenüber dem Nutzvermögen
) in Betracht zu ziehen ist.
Die Zahlenangaben sind deshalb nur sehr approximativer
Natur, so wenn man das großbritannische
Volksvermögen auf 8000 Mill.
Pfd. Sterl., das französische (für 1870 von
Wolowski) auf 160,000 Mill.
Fr., dasjenige der
Vereinigten Staaten
[* 3]
(Wells für
1860) auf 14,000 Mill.
Doll. schätzte. Weit schwieriger
noch ist die Vergleichung zwischen verschiedenen
Völkern und
Zeiten, zumal es hier an einem brauchbaren
Maßstab
[* 4] fehlt und
gar die
Statistik der Vergangenheit kaum das kärglichste
Material bietet. Es müssen deshalb, auch wenn aus Einkommensermittelungen durch
Kapitalisierung eine Zahl gewonnen wurde,
noch allgemeine Kennzeichen zur Beurteilung der Vermögen
slage und ihrer Änderungen zu
Hilfe genommen
werden.
Als solche sind anzuführen: die Statistik der jährlichen Gütererzeugung, Größe von Aus- und Einfuhr, natürliche und räumliche Bewegung der Bevölkerung, [* 5] wie Eheschließungen, Geburtsziffer, Sterblichkeit, durchschnittliche Lebensdauer, Aus- und Einwanderung, Sanitätsverhältnisse, Kriminalstatistik, Zahl der Armen mit Rücksicht auf die Art der Armenpflege, Stand des Lohns in verschiedenen Arbeitszweigen mit Beachtung der Arbeitszeit, Hauptnahrung der Masse, ihre ¶
mehr
Wohnungsverhältnisse, Aufwand, der für feinere Bedürfnisse und für größere kostspielige Anlagen gemacht wird, der Stand der internationalen Kreditverhältnisse, Vorkommen von großen Zahlungen im Innern und nach außen, Zahl und Art der abgeschlossenen Versicherungen (Feuer-, Lebensversicherungen), Höhe der Staatseinnahmen, insbesondere Bewegung der Verbrauchssteuern, etc.
Vgl.
Birkmeyer, Über das Vermögen
im juristischen Sinn (Erlang. 1879).