Titel
Unterwalden
,
der 6. Kanton [* 2] der Schweiz, [* 3] grenzt im N. an den Vierwaldstätter See, im O. an den Kanton Uri, im S. an Bern, [* 4] im W. an Luzern, [* 5] hat eine Fläche von 765,3 qkm und wird durch den Kernwald in die Halbkantone Obwalden und Nidwalden geteilt. Obwalden oder ob dem Wald, 474,8 qkm, umfaßt das Gebiet der Sarner Aa und des Sarner Sees sowie die Hochthäler von Lungern und Engelberg, Nidwalden oder nid dem Wald, 290,5 qkm, das übrige Gebiet der Engelberger Aa und die Ufergelände des Vierwaldstätter Sees.
Bevölkerung. [* 6]
1) Obwalden. Der Halbkanton hatte 1880: 15 356, 1888: 15 043 (7515 männl., 7528 weibl.) E., darunter 335 Evangelische;
ferner 2402 bewohnte Häuser mit 3440 Haushaltungen in 7 Gemeinden. Im Kanton geboren sind 13 144, in der übrigen Eidgenossenschaft 1500, im Auslande 399;
Bürger ihrer Wohngemeinde sind 10 231, einer andern Gemeinde des Kantons 2336, eines andern Kantons 2020, Ausländer 456. Der Muttersprache nach sind 14 702 Deutsche, [* 7] 30 Franzosen und 300 Italiener.
Die Zahl der Geburten (einschließlich Totgeburten) betrug 1895: 325, der Eheschließungen 94, der Sterbefälle 245. - 2) Nidwalden. Der Halbkanton hatte 1880: 11 992, 1888: 12 538 (6146 männl., 6392 weibl.) E., darunter 112 Evangelische;
ferner 1659 bewohnte Häuser und 2884 Haushaltungen in 11 Gemeinden. Im Kanton geboren sind 10 371, in der übrigen Eidgenossenschaft 1610, im Auslande 557;
Bürger ihrer Wohngemeinde sind 7854, einer andern Gemeinde des Kantons 2295, eines andern Kantons 1773, Ausländer 616. Der Muttersprache nach sind 12 116 ¶
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Deutsche und 402 Italiener. Die Zahl der Geburten (einschließlich Totgeburten) betrug (1894) 371, der Eheschließungen 80, der Sterbefälle 301. Wie die benachbarten Oberbasler (s. Hasli) sind die Männer schlank, aber kräftig und stark gebaut.
Erwerbszweige.
1) Obwalden. Von der Fläche sind 399,4 qkm, d. i. 84,12 Proz., produktives Land: 109 qkm Waldungen und 290,4 Acker-, Garten-, Wiesen- und Weideland. Von dem unproduktiven Lande sind 10 qkm Gletscher, 11,3 Seen, 10,1 Flüsse [* 9] und Bäche und 41,8 Felsen und Schutthalden. Nach der Viehzählung von 1896 hat der Halbkanton 208 Pferde, [* 10] 11 046i Rinder, [* 11] 3831 Schweine, [* 12] 1925 Schafe, [* 13] 5554 Ziegen und 1535 Bienenstöcke. - 2) Nidwalden. Von der Fläche sind 217,9 qkm, d. i. 75,01 Proz., produktives Land; 72 qkm Waldungen, 145,9 Acker-, Garten-, Wiesen- und Weideland.
Von dem unproduktiven Lande sind 3,5 qkm Gletscher, 32,1 Seen und 34,4 Felsen und Schutthalden. Nach der Viehzählung von 1896 hat der Halbkanton 176 Pferde, 8036 Stück Rindvieh, 2553 Schweine, 464 Schafe, 1323 Ziegen und 1415 Bienenstöcke. Haupterwerbszweige sind Alpenwirtschaft, Viehzucht [* 14] und Obstbau, in Obwalden entwickelte Hausindustrie (Strohhüte, Seidengewebe); Vieh, Käse und Holz [* 15] die wichtigsten Ausfuhrartikel. Die Steinbrüche liefern Kalkstein, Gips [* 16] und Schiefer.
Von Mineralquellen sind zu erwähnen die Eisenquelle von Schwendikaltbad in Obwalden und die alkalische Schwefelquelle von Rotzloch in Nidwalden. Industrie (Parkettfabrikation) und Handel sind im Aufblühen; Bahnen sind die über den Brünig (s. d.), die Pilatusbahn (s. d.), die Straßenbahn Stansstad-Stans, die Stanserhorn- und die Bürgenstockbahn, die Uferorte des Vierwaldstätter Sees sind durch Dampfboote verbunden, gute Fahrstraßen durchziehen die Hauptthäler.
Verfassung. Die Landesgemeinde entscheidet über Gesetze, wählt den Landammann, ein Mitglied in den Ständerat, den Regierungsrat, die Landschreiber u. s. w. Dagegen wird die vorberatende Behörde, in Obwalden Kantonsrat (80 Mitglieder), in Nidwalden Landrat (je ein Mitglied auf 250 E.) genannt,in den einzelnen polit. Gemeinden gewählt. Die unterste richterliche Instanz ist in beiden Halbkantonen das Friedensrichter- bez. Vermittelamt der Gemeinden, die höchste das Obergericht.
In den schweiz. Nationalrat und in den Ständerat wählt jeder Halbkanton je ein Mitglied. Hauptorte der beiden Halbkantone sind Sarnen (Obwalden) und Stans (Nidwalden). In kirchlicher Beziehung gehört zum Bistum Chur; [* 17] Ob- und Nidwalden besitzen je drei Klöster. Neben den Primarschulen bestehen ein Lyceum in Sarnen und ein Gymnasium in Stans sowie eine Klosterschule (Progymnasium) zu Engelberg, in Nidwalden 4 Sekundärschulen. Militärisch gehört zum Stammbezirk der 4. Division. Das Wappen von Obwalden ist ein von Silber und Rot geteilter Schlüssel im rot und weiß quergeteilten Felde, von Nidwalden ein silberner Schlüssel im roten Felde mit doppeltem Schaft und Bart.
Geschichte. Der jetzige Kanton wahrscheinlich vom 7. Jahrh. an von Alamannen besiedelt und schon seit der Mitte des 12. Jahrh. in zwei Hälften geschieden, stand im 13. Jahrh. unter der gräfl. Gewalt der Habsburger, 1291 schlossen Ob-und Nidwalden mit Uri und Schwyz den Bund der drei Waldstätte, der die Grundlage der spätern Eidgenossenschaft bildete. 1309 erlangte die Reichsfreiheit; der Einführung der Reformation stand es entschieden feindlich gegenüber.
In der Folgezeit teilte die Schicksale der Eidgenossenschaft (s. Schweiz) bis zu deren Umsturz 1795. Durch die helvet. Verfassung ward es dem Kanton Waldstätten zugeteilt. Obwalden unterwarf sich; Nidwalden aber wollte die neue Ordnung nicht anerkennen und ward nach heldenmütigem Kampfe von den Franzosen erobert und furchtbar verwüstet (Sept. 1798). Die Mediationsakte von 1803 und der Bundesvertrag von 1815 setzten wieder in die Rechte eines selbständigen Kantons ein. Nidwalden, das den neuen Vertrag nicht annehmen wollte, wurde durch eidgenössische Truppen dazu gezwungen. Seither gehörte beständig der konservativ ultramontanen Partei der Schweiz an; 1832 trat es dem reaktionären Sarner Bunde, 1845 dem Sonderbunde bei. Bei den Abstimmungen von 1872 und 1874 über Revision der Bundesverfassung stimmten beide Halbkantone für Verwerfung. -
Vgl. Gut, Der Überfall in Nidwalden im J. 1798 (Stans 1862);