Uetendorf
(Kt. Bern, Amtsbez. Thun). 558 m. Gem. und Dorf am linken Ufer der Aare und 4,5 km nw. Thun. Station der Gürbethalbahn (Bern-Belp-Thun). Postbureau, Telegraph, Telephon. Die Gemeinde besteht aus zahlreichen, zum Teil bis 4 km voneinander entfernten Weilern und Häusergruppen: Bei der Brügg (teilweise), Beim Bach, Buchshalden, Eggen, Eichberg, Flösch, Hölzli, Hohlegasse, Huck, Hübeli, Hurschgasse, Im Fronholz, Im Giebliz, Im Gut, Im Kehr, Lehn, Obere Allmend, Schulrain, Uetendorfberg, Untere Allmend, Wildenrüti und Zelg.
Zusammen: 266 Häuser, 1841 reform. Ew.; Dorf: 73 Häuser, 480 Ew. Kirchgemeinde Thierachern. Acker- und Wiesenbau, Viehzucht und -handel. 2 Käsereien, Mühle. Kuhglockengiesserei. Ein Teil der männlichen Bevölkerung arbeitet in den eidg. Werkstätten in Thun, doch ist fast überall die Fabrikarbeit mit einem kleinen landwirtschaftlichen Betrieb verbunden. Käsehandel. Sommerfrische. Im Zentrum des Dorfes steht ein alter Turm, der jetzt als Archivraum benutzt wird.
Oberhalb des Dorfes 2 Schulhäuser. Nördl. vom Dorf links an der Strasse nach
Uttigen der
Heidenbühl mit Spuren römischer
Befestigung. Unweit davon steht auf einer Anhöhe der Landsitz
Eichberg (Eigentum der Familie von Fischer)
mit ausgedehnten Parkanlagen. Sowohl von der
Ebene als von den Höhen von Uetendorf
hat man eine prächtige Aussicht auf
Thun
und Umgebung, die Stockhornkette, das Hochgebirge, die
Emmengruppe und die
Thäler der
Aare und
Zulg. Uetendorf
ist einer der
ältesten Orte der Landschaft Bern.
Am 26. Dezember 994 vergabte Kaiser Otto III. die seiner Grossmutter Adelheid
gehörenden
Güter in
Kirchberg,
Wimmis und Uetendorf
dem Kloster Sels im Elsass.
Aus dem 1223 zum erstenmale erwähnten Geschlecht derer von Uetendorf
, das im 14. Jahrhundert auch in
Aeschi angesessen war,
stammte Ymerla, die Gattin des Ritters Anton Senn, der seinen Anteil an der
Herrschaft Uetendorf
und seinen
grossen Grundbesitz daselbst 1380 an Johann von
Zeiningen aus
Thun verkaufte. Ebenfalls Anteilhaber an dieser
Herrschaft war
die reiche Familie Münzer aus Bern,
welche während des ganzen 14. Jahrhunderts hier angesessen war, sowie ferner Anna
Seiler,
die Gründerin des Inselspitals in Bern.
Mehrere Urkunden aus dem 14. Jahrhundert nennen eine Anzahl von teilweise
jetzt noch bestehenden
Höfen und Grundstücken in der Gemeinde Uetendorf.
1345 fand hier der Friedensschluss
zwischen Bern
und
Johann im
Thurn zu
Gestelen
(Jean de la
Tour-Chatillon) statt.
Die Gegend litt laut Urkunde von 1416 schon früh unter den Ueberschwemmungen der
Kander. Nach und nach
erwarb der
Spital von
Thun die
Herrschaft Uetendorf
, deren Ausübung dem
Rat übertragen wurde und diesem bis 1798 verblieb. 1545 kam
das vorher mit
Längenbühl vereinigte Dörfchen
Uetendorfberg an Uetendorf.
In kirchlicher Hinsicht früher zu
Amsoldingen
gehörend, schloss sich Uetendorf
1578 an die Kirchgemeinde
Thierachern an. Grosse Feuersbrunst 1685. Das 1685 von
Abraham
Tscharner von Bern
erbaute
Gut
Entenried kam später an die Familie von Fischer, welche um 1790 den Landsitz
Eichberg erbauen
liess. In den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts war dieser Sitz ein Zentrum der gegen den Umschwung von 1830 gerichteten aristokratisch-reaktionären
Bewegung. Uetendorf
ist Geburtsort von Johann Beckh (1724-1759), der nach glänzender Laufbahn als Diplomat
in polnischen Diensten von Friedrich dem Grossen zum Kriegsrat ernannt wurde und in Danzig starb.