Titel
Tübingen.
[* 2]
1) Oberamt im württemb.
Schwarzwaldkreis, hat 222,97 qkm und (1895) 36 812 (17 872 männl., 18 940 weibl.) meist
evang. E., 1 Stadt und 29 Landgemeinden. - 2) Oberamtsstadt im Oberamt an einem Hügel
am obern Neckar, in den hier die
Ammer und die Steinlach mündet, an den Linien
Stuttgart-Horb und Tübingen
-Sigmaringen
(87,5 km) der Württemb. Staatsbahnen,
[* 3] Sitz des Oberamtes, eines Landgerichts (Oberlandesgericht
Stuttgart)
[* 4] mit 9
Amtsgerichten
(Calw, Herrenberg, Nagold, Neuenbürg,
Nürtingen, Reutlingen,
[* 5] Rottenburg, Tübingen
,
Urach), eines Amtsgerichts und einer Generalsuperintendenz,
hat (1895) 13 976 (7163 männl., 6813 weibl.) E., darunter etwa 1900 Katholiken,
in Garnison
Stab
[* 6] und 1.
Bataillon des 10. württemb.
Infanterieregiments Nr. 180, Post, Telegraph, [* 7] Denkmäler Uhlands (1873), Silchers (1874), Hölderlins (1881) und Ottilie Wildermuths (1887), einen Kaiser-Wilhelm-Turm (1891), enge abschüssige Straßen mit alten Häusern im Innern der Stadt, an die zwei neuere Vorstädte anstoßen, von denen die östliche die neuen Gebäude der Universität enthält, ein Gymnasium und eine Realschule. Die Stiftskirche (1469-83 erbaut) hat alte Glasbilder im Chor und Grabmäler württemb.
Fürsten (unter andern
Eberhard im
Bart und
Herzog
Ulrich). Überragt wird die Stadt von dem Schloß Hohentübingen
im Renaissancestil,
dessen
Bau vom
Herzog
Ulrich 1540 vollendet wurde, mit der Universitätsbibliothek und prächtiger Aussicht
auf die Schwäbische
Alb. Die
Universität wurde 1477 vom
Grafen
Eberhard im
Bart gestiftet und unter
Herzog
Ulrich nach 1535 reformiert; 1536 gründete
Ulrich das evang.-theol. Seminar (sog.
Stift), eine Anstalt, welche den theol. und philos.
Studien eine hervorragende
Stellung gesichert hat. Berühmt ist die von Ferd.
Christ.
Baur (s. d.) begründete
theol.
Richtung, die sog.
Tübinger Schule geworden. 1811 verlor die
Universität ihre alten Privilegien und
Vorrechte; 1817 wurde
die 1812 in Ellwangen errichtete sogenannte kath. Landesuniversität mit der
Universität in Tübingen
vereinigt und ein dem evang.
Seminar entsprechendes kath. Konvikt (Wilhelmsstift) in dem 1816 aufgehobenen
Collegium illustre gegründet; ferner trat 1817 zu den fünf
Fakultäten als sechste eine staatswissenschaftliche und 1863 eine
naturwissenschaftliche. Die
Universität hat (1897) 65 Professoren, 16
Docenten und 1310 Studierende. Die Universitätsbibliothek
(300000
Bände, darunter 3500 Handschriften) ist in der Reformationszeit aus den
Bibliotheken aufgehobener Klöster entstanden;
größere
Bibliotheken besitzt auch das
Stift und Wilhelmsstift. In der Nähe von Tübingen
das alte Cistercienserkloster
Bebenhausen (s. d.).
[* 1] ^[Abb.]
Die Stadt Tübingen
wird zuerst 1078 erwähnt. Sie gehörte den
Grafen von Tübingen
, bis sie 1342 durch
Kauf an den Pfalzgrafen
Ulrich von
Württemberg
[* 8] kam. Am wurde hier der
Tübinger Vertrag zwischen dem
Herzog
Ulrich und dem Landtage,
die Grundlage der württemb.
Verfassung, abgeschlossen. Die Stadt und
Burg wurde 1519 vom Schwäbischen
Bund belagert und erobert; 1647 wurde
sie von den
Franzosen unter
Turenne erobert und 1688 an den Brigadegeneral Peysonnel übergeben, welcher die Festungswerke
schleifen ließ. -
Vgl. Klüpfel
und Eisert, Geschichte und
Beschreibung der Stadt und
Universität Tübingen
(2
Bde., Tüb. 1849);
Klüpfel, Die Universität in ihrer Vergangenheit und Gegenwart (Lpz. 1877);
Tübingen
und seine Umgebung (2.
Aufl., ebd. 1889);
Fink, Tübingen
(Zür. 1891).