Tinte
(Dinte), jede zum Schreiben mit der
Feder bereitete Mischung. Die gewöhnliche Schreibtinte
muß dünnflüssig
sein, ohne jedoch zu leicht aus der
Feder zu fließen oder zu tropfen, sie darf bei längerm Stehen keinen Bodensatz bilden
und nicht dickflüssig, gallertartig werden. Auf der
Feder muß sie zu einem firnisartigen Überzug, nicht zu
einer bröckeligen
Masse eintrocknen. Sie darf das
Papier nicht mürbe machen, mit dem
Alter nicht vergilben, auch die
Feder
nicht angreifen und daher weder sehr sauer noch kupferhaltig sein.
Das
Schimmeln läßt sich durch eine
Spur von
Karbolsäure leicht verhindern.
Da T. nur unter dem Einfluß der
Luft verdirbt,
so verdienen Tinte
nfässer den Vorzug, welche die Berührung der Tinte mit der
Luft möglichst beschränken,
wie die artesischen. Diese enthalten einen eingesenkten Trichter, in den immer nur eine sehr geringe
Menge Tinte
eintritt, während
der Vorrat von der
Luft fast vollständig abgeschlossen ist. Auch die Tinte
nfässer mit vom
Boden seitlich emporsteigendem
Halse sind empfehlenswert.
Die alte schwarze Galläpfeltinte
besteht aus einer mit
Eisenvitriol versetzten Abkochung von
Galläpfeln und enthält gerbsaures
und gallussaures
Eisenoxydul und
Eisenoxyd. Sie bildet keine vollkommne
Lösung, vielmehr sind die
Eisenoxydsalze nur in der
Tinte
suspendiert, und wenn die
Eisenoxydulsalze an der
Luft vollständig in Oxydsalze verwandelt sind und
sich zu
Boden gesetzt haben, so ist die Tinte
unbrauchbar geworden. Das
Nachdunkeln beruht auf der Umwandlung der
Eisenoxydulsalze
in schwarze
Eisenoxydsalze.
Mit der Zeit aber wird die
Gerb- und
Gallussäure der letztern durch den
Sauerstoff der
Luft ebenfalls oxydiert, und die
Schrift
vergilbt, indem nur
Eisenoxyd zurückbleibt. Man bereitet die Galläpfeltinte
durch
Ausziehen chinesischer
Galläpfel und
Versetzen des
Auszugs, welcher 5-6 Proz.
Gerbsäure enthalten soll, mit so viel
Eisenvitriol, daß von letzterm 9 Teile
auf 10 Teile
Gerbsäure kommen.
Frische Galläpfeltinte
, welche fast nur gerb- und gallussaures
Eisenoxydul enthält, ist sehr
blaß und wird vorteilhaft mit
Blauholz gefärbt.
Alizarintinte
(welche mit
Alizarin nichts zu thun hat) ist eine mit
Indigo
[* 2] gefärbte Galläpfeltinte
, zu deren
Darstellung
man in
einer klaren verdünnten
Lösung von
Indigo in rauchender
Schwefelsäure
[* 3]
Eisen
[* 4] löst, um
Eisenvitriol zu bilden, worauf die noch
vorhandene freie
Säure mit kohlensaurem
Kalk fast vollständig neutralisiert wird. Die vom ausgeschiedenen
schwefelsauren
Kalk abgegossene
Flüssigkeit wird schließlich mit Galläpfelabkochung versetzt.
Diese Tinte
ist völlig klar, seegrün, liefert schön schwarze, fest haftende
Schrift, welche tief in das
Papier eindringt, wird
aber allmählich auch im Tintenfaß
schwarz und bildet zuletzt auch einen Bodensatz.
Ihre
Säure greift die
Stahlfedern ziemlich
stark an. Sehr gute
Tinten werden mit
Blauholz dargestellt. Eine klare Abkochung des
Holzes oder eine
Lösung
von Blauholzextrakt mit wenig
Soda, dann mit chromsaurem
Kali versetzt, gibt eine schön blauschwarze, gut fließende Tinte
, welche
schnell trocknet, die
Federn nicht angreift und sich tief
¶
mehr
ins Papier zieht. Eine sehr gute Blauholztinte, die unter vielen Namen im Handel ist, erhält man durch Versetzen einer klaren Lösung von Blauholzextrakt mit Ammoniakalaun, Kupfervitriol und wenig Schwefelsäure. Diese Tinte schreibt anfangs gelbrot, wird aber schnell schön samtschwarz und gibt sofort schwarze Schriftzüge, wenn man sie mit Chromtinte mischt. Auch einfache Lösungen von Nigrosin oder Indulin in Wasser geben gute schwarze Tinten, die nach dem Eintrocknen durch Zusatz von Wasser sofort wieder verwendbar gemacht werden können. Alle diese Tinten, namentlich die Galläpfeltinten, versetzt man, um ihnen mehr Konsistenz zu geben, mit etwas Gummi. Zu Kopiertinten eignen sich am besten die Galläpfel-, Alizarin- und eigentlichen Blauholztinten. Man macht sie aber konzentrierter und versetzt sie mit mehr Gummi und etwas Glycerin.
Das Problem, völlig unauslöschliche Tinten zu bereiten, ist noch nicht vollkommen gelöst; wenn man aber auf einem mit Ultramarin gebläuten Papier schreibt, dessen Farbe durch Betupfen mit Säure zerstört wird, so genügen schon viele unsrer gewöhnlichen Tinten, und auf Papier, welches mit Ultramarin und Chromgelb grün gefärbt ist, genügt jede Tinte, da man die Schriftzüge auf keine Weise entfernen kann, ohne einen der Farbstoffe zu zerstören. Ausgezeichnet ist die Tinte, mit welcher die Nummern in die preußischen Staatspapiere eingeschrieben werden.
Dieselbe ist schwach angesäuerte Galläpfeltinte und enthält noch salpetersaures Silberoxyd und chinesische Tusche. Es ist unmöglich, auf dem oben genannten grünen Papier mit dieser Tinte Geschriebenes unbemerkbar zu vertilgen. Ist auf weißem Papier Geschriebenes ausgelöscht worden, so gelingt es oft, die Schriftzüge wieder hervorzurufen, wenn man das Papier in ganz schwache Salzsäure taucht und dann in eine konzentrierte Lösung von gelbem Blutlaugensalz legt. Enthielt die Tinte auch nur wenig Eisen, so erscheinen die Schriftzüge blau.
Als rote Tinte benutzt man Lösungen von Teerfarbstoffen, eine mit Gummi versetzte Lösung von Karmin in Ammoniak oder einen mit Sodalösung bereiteten, dann mit Weinstein und Alaun [* 6] versetzten Kochenilleauszug, welchem noch etwas Gummi und Alkohol zugesetzt wird. Die rote Tinte der Alten bestand aus einer Mischung von Zinnober [* 7] mit Gummilösung. Als blaue Tinte dient eine mit Gummi versetzte Lösung von Anilinblau oder Indigkarmin. Auch eine Lösung von Berliner Blau [* 8] hält sich sehr gut und greift die Stahlfedern nicht an, was die durch Auflösen von Berliner Blau in Oxalsäure bereitete Tinte in hohem Grade thut.
Violette Tinte, unter verschiedenen Namen im Handel, ist eine Lösung von Blauviolettanilin in Wasser; grüne Tinte erhält man durch Lösen von Jodgrün in Wasser, sie ist leuchtend blaugrün und kann durch Pikrinsäure nüanciert werden. Gold- und Silbertinte ist eine Mischung von Gummilösung (die etwas Wasserglas enthalten kann) mit Blattgold oder Blattsilber, welches auf einer Porphyrplatte mit Honig zerrieben, ausgewaschen und getrocknet wurde. Sympathetische Tinten sind Spielereien, da alle mit denselben ausgeführten Schriftzüge sichtbar werden, wenn man das Papier stark erhitzt oder mit Kohlenpulver reibt oder mit verschiedenen Reagenzien prüft.
Verdünnte Kobaltchlorürlösung gibt unsichtbare Schriftzüge, welche beim Erwärmen blau werden und beim Erkalten wieder verschwinden. Enthält die Lösung auch Nickelsalz, so werden die Schriftzüge grün. Bleisalz- und Quecksilbersalzlösungen geben unsichtbare Schriftzüge, die durch Schwefelwasserstoff braun oder schwarz werden. Kupfervitriolschriftzüge werden durch Ammoniak schön blau. Verdünnte Blutlaugensalzlösung eignet sich sehr gut als sympathetische Tinte auf eisenfreiem Papier.
Die Schriftzüge werden durch Eisenoxydsalze blau. Beachtung verdienen solche Tinten für den brieflichen Verkehr mit Postkarten. Tinte zum Zeichnen der Wäsche muß der wiederholten Einwirkung von Seife, Alkalien, Chlor und Säuren widerstehen. Am häufigsten wendet man Silbermischungen an, die recht dauerhafte Schriftzüge liefern, zuletzt aber auch braun werden und verblassen. Man mischt eine Lösung von Höllenstein (salpetersaures Silberoxyd) in Ammoniak mit einer Lösung von Soda und Gummi in destilliertem Wasser und erwärmt die Schriftzüge mit einem Plätteisen, bis sie vollständig schwarz geworden sind.
Man extrahiert auch die Schalen der Elefantenläuse (Anakardien) mit einem Gemisch von Äther und Weingeist und läßt das Filtrat verdunsten, bis es die zum Schreiben geeignete Konsistenz hat. Die Schriftzüge werden nach dem Trocknen mit Kalkwasser befeuchtet und erscheinen dann tief braunschwarz. Sehr praktisch ist Anilinschwarz, zu dessen Herstellung man ein grünlichgraues Pulver kauft, welches, feucht auf die Wäsche aufgetragen, beim Erwärmen über kochendem Wasser den sehr echten Farbstoff liefert.
Rote Schriftzüge erhält man, wenn man die Wäsche mit einer Lösung von kohlensaurem Natron und Gummi arabikum in destilliertem Wasser befeuchtet, auf der getrockneten und geplätteten Stelle mit einer Lösung von Platinchlorid in destilliertem Wasser schreibt und die getrockneten Schriftzüge mit einer Lösung von Zinnchlorür in destilliertem Wasser sorgfältig nachzieht. Waren, welche der chemischen Bleiche unterworfen werden sollen, stempelt man mit einer innigen Mischung von Eisenvitriol, Zinnober und Leinölfirnis.
Auf Weißblech schreibt man mit einer Lösung von Kupfer [* 9] in Salpetersäure und Wasser. Pflanzenetiketten schreibt man auf blank gescheuertes Zinkblech mit einer Lösung von gleichen Teilen essigsaurem Kupferoxyd und Salmiak in destilliertem Wasser. Die Schriftzüge werden bald tiefschwarz und haften sehr fest. Tinte zur Bezeichnung kupferner und silberner Geräte bereitet man durch Kochen von Schwefelantimon (Spießglanz) mit starker Ätzkalilauge. Über lithographische Zeichen- oder Schreibtinte s. Lithographie.
Vgl. Andreae, Vollständiges Tintenbuch (5. Aufl. v. Freyer, Weim. 1876);