Titel
Teplitz
(Töplitz), 1) Stadt und berühmter
Kurort im nördlichen
Böhmen,
[* 2] in dem reizenden, zwischen
dem
Erzgebirge und dem böhmischen
Mittelgebirge sich ausbreitenden Bielathal 230 m ü. M. gelegen,
Station der
Eisenbahnen
Aussig-Teplitz-Komotau
und
Dux-Bodenbach, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft, eines Bezirksgerichts, Hauptzoll- und Revierbergamtes, hat ein
Schloß des
Fürsten
Clary mit schönem
Park, eine Dechanteikirche, eine evang.
Kirche (1862 erbaut), einen
israelitischen
Tempel
[* 3] (1882), ein
Realgymnasium, eine
Handelsschule, eine Fachzeichenschule für
Keramik,
[* 4] ein schönes Stadttheater
(seit 1874), einen
Gewerbeverein, eine
Sparkasse (Einlagen 5 Mill.
Gulden), eine
Filiale der
Österreichisch-Ungarischen
Bank,
ein österreichisches, ein sächsisches und preußisches Militärbadeinstitut, 3
Spitäler und (1880) 14,841, mit dem angrenzenden
Badeort
Schönau 16,750 Einw. In neuerer Zeit hat sich die Stadt, begünstigt
durch die in der Umgegend befindlichen reichen Braunkohlenlager (1887 wurden im Revierbergamtsbezirk Teplitz
23,9
Mill. metr. Ztr.
Kohlen gefördert), zu einem bedeutenden
Industrie- und Handelsplatz emporgeschwungen. Es bestehen hier insbesondere
Fabriken für Wirkwaren,
Knöpfe,
Baumwoll- und Gummiwaren, chemische
Produkte,
Glas,
[* 5] Siderolith, Töpferwaren,
Spiritus,
[* 6] Mehl,
[* 7]
Bretter,
Möbel,
[* 8] ein
Walzwerk
[* 9] mit Bessemerhütte, eine Maschinenbauwerkstätte und eine Gasanstalt.
Die gegenwärtig benutzten
Heilquellen von
Teplitz-Schönau (die Stadtbadquellen, nämlich die Urquelle und die Frauenbadquelle,
48° C., die Steinbadquelle 34,6,° die Stephansquelle 36,75, die
Sandbadquelle 32,5° und die Wiesenquelle 32,7° in Teplitz
, die
Schlangenbadquelle 39° und die Neubadquelle 44,75° C. in
Schönau) führen meist alkalisch-salinisches
Wasser, mit nur geringen festen
Bestandteilen, vorzugsweise kohlensaurem
Natron, vermischt. 10,000 Volumteile der Urquelle enthalten 1110 Teile
halb gebundene, 34 wirklich freie
Kohlensäure, 51
Stickstoff, 18
Sauerstoff, 4,144 kohlensaures
Natron, 0,630
Chlornatrium, 0,018
phosphorsaures
Natron, 0,228 schwefelsaures
Kali, 0,175 Teile
Kieselsäure etc. Das
Wasser ist farblos und
hat einen matten
Geschmack. Die
Quellen werden fast ausschließlich zum
Baden
[* 10] gebraucht und zwar vorzugsweise gegen chronischen
Rheumatismus,
Gicht,
Lähmungen, bei skrofulösen Anschwellungen und
Geschwüren,
Neuralgien, beginnenden Rückenmarksleiden,
namentlich aber bei den Nachkrankheiten aus
Schuß- und Hiebwunden, nach
Knochenbrüchen
(»Bad
[* 11] der
Krieger«).
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Die Urquelle dient auch zur Trinkkur. Von den Quellen werden 10 Badehäuser gespeist. Die Frequenz von Teplitz-Schönau belief sich 1887 auf 7351 Kurgäste nebst 19,224 Passanten. Der Badegesellschaft dienen als Versammlungs- und Vergnügungsorte: der in der Mitte der Stadt gelegene Kurgarten, in welchem sich das neue Stadttheater, die Trinkhallen, der Kursalon und das palastartige Kaiserbad befinden;
der Garten [* 13] und Park des fürstlich Claryschen Schlosses;
die 264 m hohe Königshöhe mit dem Schießhaus, der Schlackenburg und dem Denkmal König Friedrich Wilhelms III.;
das Belvedere;
der Seumepark mit dem Grabmal Joh. Gottfr. Seumes (gest. 1810);
der Kaiserpark;
die Payer- und Humboldtanlagen;
der 392 m hohe Schloßberg mit Schloßruinen;
der Turner und Propstauer Park etc. In der Nähe Eichwald, inmitten prächtiger Waldungen, in neuerer Zeit als Sommeraufenthalt
und klimatischer Kurort vielbesucht, mit Kaltwasserheilanstalt, Porzellan- und Siderolithfabrik. - Die Quellen von Teplitz
sollen
der Sage nach 762 entdeckt worden sein, waren aber zweifellos viel früher bekannt.
Urkundlich wird der
Stadt erst im 12., der Bäder im 16. Jahrh. gedacht. Um 1630 gehörten Stadt und Schloß dem Herrn v. Kinsky, der in Wallensteins
Sturz verwickelt ward. Darauf belieh der Kaiser Ferdinand II. den Generalfeldmarschall Grafen von Aldringer damit, und als 1634 der
Mannesstamm dieses Geschlechts erlosch, kamen Stadt und Schloß an die Clarys. Im September und Oktober 1813 war
Teplitz
das Hauptquartier der drei alliierten Monarchen. Im September 1835 hatten die Monarchen von Österreich,
[* 14] Rußland und Preußen,
[* 15] im Herbst 1849 der Kaiser von Österreich, die Könige von Preußen und Sachsen
[* 16] und der Kaiser von
Österreich und der Prinz-Regent von Preußen eine Zusammenkunft in Teplitz
1862 wurde das 1100jährige Jubelfest der Thermen gefeiert
und dabei ein Denkmal enthüllt.
Durch eine Katastrophe in den benachbarten Kohlenwerken von Ossegg welche das Thermalwasser dorthin abführte,
war die Fortexistenz von Teplitz
als Badeort in Frage gestellt. Doch wurde das Verhängnis glücklich abgewendet
und die Quellen in kurzer Zeit (3. März) an ihren alten Austrittsöffnungen wieder zu Tage gefördert.
Vgl. Friedenthal, Der Kurort
Teplitz
-Schönau, topographisch und medizinisch dargestellt (Wien
[* 17] 1877);
Herold, Studien über die Bäder zu Teplitz
(das. 1886);
Delhaes, Der Badeort Teplitz-Schönau (3. Aufl., Prag [* 18] 1886);
Lustig, Karlsbad und Teplitz
, balneo-therapeutisch (2. Aufl.,
Wien 1886);
Hallwich, Teplitz, eine deutschböhmische Stadtgeschichte (Leipz. 1886).
2) Ungar. Badeort, s. Trentschin.