Saint
Cergue
(Kt. Waadt,
Bez. Nyon).
1013 m. Gem. und Pfarrdorf; 9,5 km nw.
Nyon und an der schönen Strasse, die von
Nyon über den
zwischen dem
Noirmont und der
Dôle eingeschnittenen, bedeutenden Grenzpass des
Col de Saint Cergue nach
dem französischen Dorf Les Rousses führt. Strasse nach Arzier. Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen
Nyon-Morez und
La
Cure-Le
Brassus. Der Bau einer Eisenbahn von
Nyon her wird geplant. Die ziemlich umfangreiche Gemeinde (2300 ha) reicht bis
zur Landesgrenze gegen Frankreich und liegt ganz im Bergland, weshalb sie hauptsächlich
Wald und Sennberge
umfasst.
Durch die Abtretung des Dappenthales an Frankreich ist sie seinerzeit um ein gutes Stück verkleinert worden. Zusammen mit dem Grenzweiler La Cure und einigen nahe dem Dorf zerstreuten Einzelhöfen: 82 Häuser, 376 zur grossen Mehrzahl reform. Ew.; Dorf: 57 Häuser, 269 Ew. Land-, Wald- und Weidewirtschaft, Viehzucht. Die vor etwa 50 Jahren eingeführte Fremdenindustrie hat sich lange Zeit in bescheidenem Rahmen gehalten und ist erst seit den letzten Jahren zu hoher Blüte gelangt.
Mehrere Gasthöfe.
Brüche auf dolomitische Purbeckmergel, die in
Nyon zu Töpferwaren gebrannt werden.
Die Bergstrasse steigt aus der
Ebene mit grossen Schlingen bis Saint Cergue
auf, erreicht 3,5 km w. vom Dorf den Passscheitel
(1211 m) und vereinigt sich im Grenzweiler
La Cure mit der von Genf
über die Faucille einerseits und der aus dem Jouxthal über
Le Bois d'Amont andererseits herkommenden Strasse. Das Gebiet von Saint Cergue
gehörte einst der
Abtei von
Saint Oyens de
Joux (heute
Saint Claude in Frankreich), doch besassen hier auch noch die Propstei
Bassins und das Kloster
Oujon Grundbesitz.
Der
Pass selbst ist schon seit dem 13. Jahrhundert von
Pilgern, Kaufleuten und Reisenden überschritten worden. Als
das Waadtland an
das Haus Savoyen überging, empfanden die
Mönche von
Saint Oyens das Bedürfnis, den
Pass von Saint Cergue
zu befestigen. Zu diesem Zweck schloss Étienne de
Villars, Abt von
Saint Oyens, 1299 einen Vertrag mit seinem Verwandten Humbert
de Thoire-Villars, Herrn von
Aubonne, wonach dieser sich zum Bau eines festen
Schlosses und eines Dorfes
am Eingang zum
Pass verpflichtete.
Das
Schloss wurde in den nächsten Jahren auf einer den
Pass beherrschenden Anhöhe s. vom jetzigen Dorf erstellt. 1326 beanspruchte
das Haus Châlon die Hut des Passes für sich, die es dann nach verschiedenen Schwierigkeiten und nach Bezahlung einer
Entschädigung an die
Herren von
Villars auch wirklich erhielt. Da das Dorf Saint Cergue
während der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts
nur langsam sich entwickelte und ganz klein geblieben war, gewährten die
Mönche allen neuen Kolonen verschiedene
Freiheiten
und Vorrechte.
Nachdem zwischen dem Kloster
Saint Oyens und dem
Haus Savoyen zu wiederholten Malen Streitigkeiten entstanden
waren, bemächtigte sich letzteres 1412 des
Schlosses, das aber noch im selben Jahr wieder an die Châlon zurückkam. Es scheint
aus verschiedenen Quellen hervorzugehen, dass seit dem 15. Jahrhundert die Gerichtsbarkeit über die Gegend von Saint Cergue
dem Burgherrn von
Nyon zustand, während der Burgherr von Saint Cergue
blos diejenige über das
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mehr
Dorf ausübte. Das Schloss wurde 1475 von den Eidgenossen in Asche gelegt und ist seither nicht wieder aufgebaut worden. In
der Nacht vom 9. auf den lagerten in Saint Cergue
die unter dem Befehl von Jakob Wildermett stehenden Neuenburger
und Bieler Freischaren, die zum Entsatz der vom Herzog von Savoyen belagerten Stadt Genf heranrückten.
Am folgenden Morgen stiegen sie in die Ebene herab und gewannen dort die Schlacht bei Gingins. Als Bern
während der Eroberung des
Waadtlandes 1536 auch Saint Cergue
ganz in seine Gewalt bekommen wollte, stiess es auf heftigen Widerstand von Seiten Burgunds.
Es kam zu zahlreichen Unterhandlungen, während welcher die Leute der Landvogtei Nyon 1593 sogar einmal
plündernd ins burgundische Gebiet einfielen. 1606 sprach dann endlich ein von beiden Parteien bestelltes Schiedsgericht,
dessen Mitglieder aus verschiedenen Schweizer Städten stammten, Saint Cergue
endgiltig der Republik Bern
zu. Doch gab die Grenzbereinigung
noch zu mancherlei Streitigkeiten Anlass, die bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts andauerten (vergl.
den Art. Dappes).
Unter der Berner Oberhoheit blieb das Dorf lange Zeit sehr arm. Die Berner befestigten während ihrer Herrschaft den Passeingang
w. vom Dorf. Es fand sich in dieser Gegend (vielleicht auf dem 1862 an Frankreich abgetretenen Gebiet)
eine Quelle, La Bonne Fontaine genannt, die ihrer kräftigen Heilwirkungen auf Hautkrankheiten (selbst Aussatz) wegen weit
berühmt war und ohne Zweifel vieles zur Besiedelung des Landes beitrug. Um ihren Besitz stritten sich der Herzog von Burgund
und der Graf von Savoyen; als letzterer sich ihrer mit Gewalt bemächtigen wollte, liess man sie verschütten.
Dies wird aber von anderer Seite her bezweifelt, indem man geltend macht, dass sie noch auf verschiedenen späteren Karten
(so besonders auf einer 1766 erschienenen Karte des Kantons Bern)
eingezeichnet ist. Auf diese Quelle bezieht sich wahrscheinlich auch
ein 1557 vom Rat von Genf
erlassenes Verbot des Wasserschöpfens aus einer verfehmten Quelle bei Saint Cergue.
1100: Saint Ciricus; 1228: Saint Cyricus; 1314: Saint Cericus.