Rohrpost.
Um zu ermöglichen, daß man auf Rohrpost
strecken von einer
Station durch eine zweite nach einer dritten
hin direkt verkehren kann, ohne daß in, der Zwischenstation eine Umladung erforderlich ist, hat K.
Maron in
Kolberg
[* 2] eine selbstthätige
Übertragung für Rohrpost
anlagen konstruiert, die folgendermaßen eingerichtet ist: Es sei zunächst
vorausgesetzt, daß die
Übertragung vom ersten
Amt A bis zum mittlern
B und von diesem zum dritten C durch verdichtete
Luft
geschehen soll. Bei B befindet sich verdichtete
Luft in dem Behälter R
[* 1]
(Fig. 1), der mit dem nach C führenden
Rohr (Q,
[* 1]
Fig.
2) kommuniziert.
Der aus dem Rohr P von dem Amt A kommende Zug soll durch diese Luft in dem Rohr Q nach dem Amt C befördert werden. Durch das bei S sich anschließende Rohr L kann die vor dem von A herkommenden Zug befindliche Luft (Vorluft) ins Freie entweichen, die zur Überführung des Zuges aus P nach Q nötige Vorrichtung findet sich in der Kammer V. Diese Vorrichtung bleibt dieselbe, auch wenn die Beförderung durch Luftverdünnung und vom Ankunftsamt aus erfolgt, ebenso, wenn sie durch verdichtete Luft vom absendenden und zugleich durch verdünnte Luft vom empfangenden aus bewirkt wird. Im erstern Fall ist jedoch das dann die atmosphärische Luft hinter den Zug einlassende Rohr L am Rohr Q, der Behälter mit verdünnter Luft dagegen bei S am Rohr P anzubringen. Im letztern Fall dagegen bleibt R wie in [* 1] Fig. 1, und der Behälter mit verdünnter Luft wird anstatt des Rohres L bei S mit dem Rohr P verbunden.
Die Hauptaufgabe der in V befindlichen Übertragungsvorrichtung besteht nun darin, die Wirkung des die Beförderung des Zuges veranlassenden Unterschieds des Luftdrucks hinter und vor dem Zug in den beiden Abschnitten der Rohrleitung, welche durch das Übertragungsamt verbunden werden, aufzuheben und dem Zug zu gestatten, sich selbstthätig und ohne wesentlichen Verlust an Zeit und Kraft, [* 3] bez. Geschwindigkeit, vor allem auch ohne heftige Stöße den Übergang von P nach Q zu eröffnen. Dazu dient das in [* 1] Fig. 2 sichtbare Doppelklappenventil (Differentialventil vv1). Die Klappe v verschließt die Mündung des Rohres P und ist durch einen Bügel mit dem Ventilteller
[* 1]
^[Abb.: Fig. 1 und 2.
Marons selbstthätige
Übertragung für Rohrpost
anlagen.]
¶
mehr
v1 verbunden, welcher eine Öffnung in der Oberwand mn eines die Mündungen beider Rohre P und Q umgebenden Kastens von obenher verschließt, während der Raum der Kammer V über v1 mit dem Rohr P durch den Schlitz s verbunden ist. Die Öffnung in der Wand mn ist etwas kleiner als der Querschnitt des Rohres P, so daß der in dem Kasten herrschende Luftdruck auf v stärker schließend wirkt als auf v1 öffnend, und somit beide zuhält, bez. wenn geöffnet, schließt, jedoch nur mit derjenigen geringen Kraft, die dem Überdruck auf die größere Fläche des Ventils v entspricht.
Hierdurch soll erreicht werden, daß die Ventile schon durch eine geringe Kraft geöffnet werden können. Kommt nun ein Zug von A an, so stößt die vorderste Büchse desselben das Ventil [* 5] v auf, und zwar ist der Stoß infolge des geringen Widerstandes des Ventils gegen das Öffnen nur ein geringer. Der Zug muß nun durch die ihm innewohnende lebendige Kraft entgegen dem Widerstand der verdichteten Luft in Q vorwärts getrieben werden, bis der den Zug schließende Treiber die Anschlußstelle des Reservoirs R passiert hat, so daß der Luftdruck hinter ihn tritt.
Ein Entweichen von Druckluft aus L ist dann nicht mehr möglich, weil sich das Ventil vv1 sofort nach dem Durchgang des Treibers geschlossen hat. Natürlich tritt bei diesem Übergang eine momentane Verminderung der Geschwindigkeit ein und zwar um so mehr, je längere Zeit der Zug dem Luftdruck entgegenarbeiten muß, also je weiter R von V entfernt ist; deshalb ist R thunlichst nahe an V zu legen. Im weitern Verlauf wirkt die verdichtete Luft auf den Zug ein und treibt ihn mit einer dem Luftdruck entsprechenden Geschwindigkeit nach dem Amt C, wo sich eventuell dieselben Vorgänge wiederholen können.
Erfolgt die Beförderung durch Luftverdünnung oder zugleich durch Verdichtung von der einen und Verdünnung von der andern Seite, so ist die Wirkung der Vorrichtung eine ähnliche. Damit das Doppelventil vv1 sicher schließt, ist unter der Messingplatte mn noch ein Elektromagnet M angeordnet, dessen Pole den unter dem Ventil v1 angebrachten Anker [* 6] U kräftig nach unten ziehen, so daß beide Ventile fest gegen ihre mit Kautschukringen belegten Sitze angedrückt werden. Dieses Anpressen darf aber in dem Moment, wo ein Zug durchgelassen werden soll, nicht stattfinden, deshalb muß der den Magneten erregende elektrische Strom für die Dauer des Übergangs des Zuges unterbrochen werden, was mit Hilfe eines ins Rohr P hineinragenden Kontakthebels durch den Zug selbst geschieht.
In Amerika [* 7] ist eine pneumatische Post nach dem System Johnson geplant und zwar zunächst zwischen New York und Chicago. In einem etwa 1 m weiten Rohr, das unten mit einer Flachschiene versehen ist, soll eine zur Aufnahme der zu befördernden Gegenstände bestimmte Hohlkugel unter Anwendung von gepreßter und verdünnter Luft bewegt werden, so daß die Kugel auf der Schiene rollt, wodurch die Reibung [* 8] auf ein Minimum zurückgeführt ist. Die erforderliche Betriebsluft (sowohl Preßluft als verdünnte Luft) soll durch eine 25pferdige Dampfmaschine [* 9] mittels Rootsscher Ventilatoren (s. Bd. 6, S. 976) erzeugt werden.
Die Kugel, deren Durchmesser etwas kleiner ist als der des Rohres, rollt aus der obern Kante der Flachschiene, also vollständig frei. Der geringe Verlust an Triebkraft durch den Spielraum zwischen Kugel und Rohr (Undichtheit) soll wegen der außerordentlich hohen Geschwindigkeit, mit welcher die Kugel fortbewegt wird, kaum in Betracht kommen. Die Geschwindigkeit beträgt nach den Ergebnissen bei einer Versuchsanlage ca. 27 m pro Sekunde. (Die Kugel durchlief die Versuchsstrecke von etwa 300 m Länge in 11 Sekunden.) Hierbei ist jedoch in Betracht zu ziehen, daß sie infolge ihrer Trägheit nur allmählich in Bewegung gesetzt werden konnte und ihre größte Geschwindigkeit erst gegen Ende der Strecke erlangte.
Die größte Geschwindigkeit muß aber viel größer sein als die auf die ganze Versuchsstrecke verteilte mittlere. Man hofft, auf zusammenhängenden, großen Strecken der Kugel eine Geschwindigkeit von 130-140 m in der Sekunde erteilen zu können, also etwa die fünffache Geschwindigkeit der schnellsten Eisenbahnzüge. Die Postsendungen von New York nach Chicago, welche zur Zeit noch 25 Stunden brauchen, würden mit der Johnson-Rohrpost diese Strecke in etwa 5 Stunden zurücklegen.
Das Gewicht der Kugel mit Inhalt betrug bei den Versuchen 340 kg. An der Endstation wird die Kugel von einem Luftkissen empfangen, durch welches ihre Geschwindigkeit allmählich auf Null reduziert wird. Es können auch mehrere Kugeln in einigen Zwischenräumen zu gleicher Zeit fortbewegt werden. Einem Zusammenstoß derselben wird durch die dazwischen befindlichen Luftkissen vorgebeugt. Bei den Versuchen hat sich herausgestellt, daß die Kugel auf gerader Strecke, der Schiene folgend, genau in der Mitte des Rohres läuft, ohne gegen dessen Wandungen anzustoßen, wovon man sich durch Anfärben der Kugeloberfläche wiederholt überzeugte. Die Kugel wird nämlich ähnlich einem im Gang [* 10] befindlichen Zweirad durch die schnelle Fortbewegung im Gleichgewicht [* 11] erhalten. In Kurven ist die Laufschiene nach Maßgabe des Radius der Kurve von dem tiefsten Punkte des Rohrquerschnitts nach der äußersten Seite hin zu versetzen, um dem Anlaufen der Kugel gegen das Rohr infolge der Zentrifugalkraft [* 12] vorzubeugen.