Ratichius
(Ratke),
Wolfgang, Schulmann, geb. 1571 zu
Wilster in
Holstein, erfand im Anschluß an
die
Philosophie
Bacons eine neue Lehrmethode besonders für den
Sprachunterricht, die er 1612 den in
Frankfurt
[* 2] versammelten deutschen
Reichsständen vorlegte, und kam nach längerm Wanderleben 1618 nach
Köthen,
[* 3] wo
Fürst
Ludwig von
Anhalt
[* 4] ihm eine Lehranstalt
nach seinem
Plan einrichtete. Daß von der
Sache zum
Namen und von der Muttersprache zur Kenntnis fremder
Sprachen fortgeschritten werden müsse, betonte Ratichius
vor allem. Da ihm aber die Befähigung zur erfolgreichen
Anwendung seiner im ganzen gesunden realistischen, auf richtige psychologische
Anschauungen gegründeten pädagogischen Prinzipien
fehlte, während er durch thörichte Heimlichkeit auf der andern Seite die Erwartungen überspannte, geriet er bald in
Streitigkeiten mit seinen
Lehrern, mit der reformierten
Geistlichkeit und mit seinem fürstlichen
Gönner, welcher ihn sogar
1619-1620 über acht
Monate gefangen hielt und ihm seine
Bibliothek erst 1629 auslieferte.
Auch ein zweiter
Versuch, in
Magdeburg
[* 5] eine Lehranstalt nach seinen
Grundsätzen zu errichten (1621), mißlang, und Ratichius
führte
seitdem ein ziemlich unstetes
Leben. Seit 1633 durch einen
Schlagfluß gelähmt, starb er 1635 in
Erfurt.
[* 6] Seine Einwirkung auf Mit- und Nachwelt war weit größer, als man nach seinem in praktischer Hinsicht ziemlich verfehlten
Leben annehmen sollte.
Vgl.
Krause, W. Ratichius
im
Licht
[* 7] seiner Zeit (Leipz. 1872);
Störl, W. Ratke (das. 1876);