Titel
Pfizer
,
1) Paul Achatius, Publizist, geb. zu Stuttgart, [* 2] studierte in Tübingen [* 3] die Rechte, wurde 1827 Oberjustizassessor zu Tübingen, 1831 aber wegen seiner Schrift »Briefwechsel zweier Deutschen« (Stuttg. 1831, 2. Aufl. 1832), worin er den Anschluß an Preußen [* 4] als die einzige Hoffnung deutscher Nationalität empfahl, aus dem Staatsdienst entlassen. Hierauf ward er von der Stadt Tübingen in die Zweite Kammer gewählt, wo er als einer der beredtesten Wortführer der Opposition glänzte, bis die Kammer infolge seiner die Bundesbeschlüsse betreffenden Motion [* 5] aufgelöst wurde.
Nach publizistischen und philosophischen Studien, deren Ergebnisse zum Teil in seinen »Gedanken über Recht, Staat und Kirche« (Stuttg. 1842, 2 Bde.) niedergelegt sind, ward er 1847 Stadtrat und Vorstand des Handelsschiedsgerichts in Stuttgart. Im März 1848 wurde er als Kultusminister in das Kabinett berufen, gab jedoch das Portefeuille aus Gesundheitsrücksichten schon im August d. J. wieder ab, wurde darauf Oberjustizrat in Tübingen, legte 1858 auch diese Stelle nieder und starb in Tübingen. Von seinen durch Dialektik und Eleganz der Darstellung ausgezeichneten Schriften sind noch hervorzuheben: »Gedanken über das Ziel und die Aufgaben des deutschen Liberalismus« (Tübing. 1832);
»Über die Entwickelung des öffentlichen Rechts in Deutschland« [* 6] (Stuttg. 1835);
»Das Recht der Steuerverwilligung« (das. 1836);
die Broschüren: »Deutschlands [* 7] Aussichten im Jahr 1851« (das. 1851) und »Zur deutschen Verfassungsfrage« (das. 1862).
Vgl. W. Lang, Von und aus Schwaben (Heft 1, Stuttg. 1885).
2) Gustav, lyrischer Dichter und Kritiker, Bruder des vorigen, geb. zu Stuttgart, studierte in dem Stift zu Tübingen, wo er auch längere Zeit als Repetent fungierte, und ist seit 1846 Professor am Stuttgarter Obergymnasium. Einen Namen erwarb er sich zuerst durch seine »Gedichte« (Stuttg. 1831),
denen er nach einer italienischen Reise eine zweite Sammlung (das. 1835) folgen ließ. Dann schrieb er: »Martin Luthers Leben« (Stuttg. 1836),
welchem das Gedicht »Der Welsche und der Deutsche, [* 8] Äneas Sylvius Piccolomini und Gregor von Heimburg« (das. 1844),
eine dichterische
Darstellung der
Kulturkämpfe des 15. Jahrh., deren tiefere
Wirkung nur durch ihre
Breite
[* 9] beeinträchtigt
ward, und die durch gute
Darstellung ausgezeichnete »Geschichte
Alexanders d. Gr. für die
Jugend« (das. 1846) sowie die »Geschichte
der Griechen für die reifere
Jugend« (das. 1847) nachfolgten. 1836 übernahm Pfizer
die
Leitung der
»Blätter zur
Kunde der Litteratur des
Auslandes« und 1838 die Redaktion des lyrischen Teils des »Morgenblattes«,
während er sich zugleich an den Übersetzungen von
Bulwers und
Byrons Werken beteiligte. Eine neue Gedichtsammlung veröffentlichte
er unter dem
Titel:
»Dichtungen epischer und episch-lyrischer
Gattung« (Stuttg. 1840). Als
Kritiker führte
er sich ein durch seine
Schrift
»Uhland und
Rückert« (Stuttg. 1837) und durch seine Beurteilung von
Heines
Schriften und
Tendenz
in der
»Deutschen Vierteljahrsschrift«, wofür sich
Heine durch seinen cynischen
»Schwabenspiegel« rächte. Pfizer
unterscheidet
sich von den übrigen Dichtern der schwäbischen
Schule wesentlich durch den vorwaltend reflektierenden
Charakter seiner
Poesien. 1848 wurde er als Vertrauensmann in das Märzministerium berufen, schied aber bald wieder aus. In
politischer Beziehung bekannte er sich, auch in einigen
Schriften, zu den
Anschauungen seines
Bruders.
Anonym veröffentlichte
er: »Gereimte
Rätsel aus dem
Deutschen
Reich« (Berl. 1876).