Pau
[* 2] (spr. poh, lat. Palum), Hauptstadt des franz.
Departements
Niederpyrenäen, am
Gave de Pau
(s.
Gave), über den eine
Brücke
[* 3] nach dem
Flecken Jurançon führt, und an der
Französischen
Südbahn
(Linie
Toulouse-Bayonne, mit Abzweigungen nach
Oloron und Laruns) 190 m ü. M. gelegen, mit herrlichem
Blick auf die Pyrenäenkette, ist gut gebaut, hat schöne Spaziergänge (darunter die
Basse-Plante und der Schloßpark) und
einen großen öffentlichen Platz
(Place royale) mit reizender Aussicht und einer Marmorstatue König
Heinrichs IV. (seit 1843).
Am westlichen Ende der Stadt, mit derselben durch drei
Brücken
[* 4] in
Verbindung gesetzt, liegt das nach
Heinrich
IV. benannte
Schloß, in welchem dieser König 1553 geboren wurde und seine Kinderjahre verlebte. Es wurde im 14. Jahrh.
von
Gaston Phöbus,
Grafen von
Foix, neu erbaut und im 16. Jahrh. von
Margarete von
Valois restauriert, wird durch fünf an den
Seiten angebracht
Türme begrenzt und enthält im Innern mehrere schöne
Säle mit
Gobelins, Kunstgegenständen
und
Antiquitäten und eine 1843 vollendete
Kapelle.
Andre bemerkenswerte Bauwerke sind: die Kirchen St.-Martin und St.-Jacques (beide im gotischen Stil des 13. Jahrh. restauriert);
der neue Justizpalast, die neue Halle [* 5] mit Arkaden, in welcher die Bibliothek untergebracht ist;
die große
Kaserne, das Präfekturgebäude (mit dem
Archiv von
Béarn), das neue
Theater
[* 6] u. a. Pau
zählt (1886) 25,879 (als
Gemeinde 30,626)
Einw. Die ziemlich bedeutende
Industrie der Stadt besteht in der Fabrikation von
Leinwand (besonders
Taschentüchern, den sogen.
Mouchoirs de
Béarn),
Teppichen,
Kattun,
Hüten,
Leder,
Papier,
Drechsler- und Stahlwaren, großen
Färbereien,
Bleichereien und Dampfwäschereien.
Der
Handel ist ebenfalls sehr lebhaft, besonders mit
Leinwand,
Wein,
Schinken (Bayonner
Schinken),
Marmor,
Kalk und
Kastanien. In Pau
werden vier besuchte
Märkte abgehalten. Die Stadt besitzt, nachdem die 1724 von
Ludwig XIV.
gestiftete
Universität in der
Revolution aufgehoben worden und auch die 1721 gestiftete
Akademie der
Wissenschaften
und schönen
Künste eingegangen ist, ein
Lyceum, eine Lehrerbildungs- und
¶
mehr
theologische Anstalt, Zeichen- und Handelsschule, Bibliothek von 25,000 Bänden, ein Museum, mehrere gelehrte und industrielle
Gesellschaften, ein Gestüt und ein Waisenhaus. Ehedem die Residenz der Könige von Niedernavarra (Béarn), ist Pau
jetzt Sitz
des Präfekten, eines Appell- und Assisenhofs und eines Handelsgerichts. Die Stadt erfreut sich eines sehr günstigen Klimas,
welches zahlreiche Kranke und Rekonvaleszenten, namentlich Engländer, die hier auch eine eigne Kirche haben, anzieht; die
mittlere Temperatur beträgt 13,4° C. (im Winter 5,7° C.). Die Umgegend ist reich an Villen und liefert einen guten Wein (Jurançonwein).
- Pau
ist der Geburtsort Heinrichs IV. und Bernadottes, nachmaligen Königs Karl XIV.
Johann von Schweden.
[* 8] Es verdankt seinen Ursprung einem von einem Grafen des Béarner Landes gegen Ende des 10. Jahrh. erbauten,
im 14. Jahrh. erneuerten Schloß (Château du Pal). Um dieses Schloß, welches später den Namen Castel Menou führte und nach einigen
Jahrhunderte durch ein größeres verdrängt wurde, ließen sich nach und nach die Vasallen der Fürsten
und andre Landesbewohner nieder. 1502 zur Stadt erhoben, wurde Pau
bald Hauptstadt des Landes, Residenz der Fürsten und nach
und nach Sitz eines souveränen Rats, eines Parlaments sowie einer Universität und einer Akademie der Wissenschaften und Künste. 1848 war
das Schloß längere Zeit der Wohnsitz des gefangenen Abd el Kader und seiner Familie.