Nachtwandeln
,
s. Somnambulismus.
Nachtwandeln
135 Wörter, 1'144 Zeichen
Nachtwandeln,
s. Somnambulismus.
(lat.), im engern Sinn das »Umherwandeln im Schlaf«, das Schlafwandeln;
dann das habituell gewordene, dem Anschein nach mit Überlegung vor sich gehende, in Wahrheit aber nur traumbewußte Verrichten von Handlungen während des Schlafs, das Schlafhandeln;
gewöhnlich rechnet man zum S. auch diejenigen meist auf Selbsttäuschung oder Betrug beruhenden Fälle, in welchen gewisse Personen Dinge oder Ereignisse wahrzunehmen glauben oder vorgeben, welche mittels gesunder Sinne nicht wahrzunehmen sind (das Hellsehen, clairvoyance);
endlich auch die Gesamtheit der noch vielfach problematischen Erscheinungen des sogen. tierischen Magnetismus [* 3] (s. Magnetische Kuren [* 4] und Hypnotismus).
Die beiden ersten Arten des S., welche man gewöhnlich als Nachtwandeln bezeichnet, charakterisieren sich besonders dadurch, daß bei mangelndem klaren Bewußtsein Handlungen vorgenommen werden, welche den Schein der Willkürlichkeit und Zweckmäßigkeit an sich tragen. Das Nachtwandeln nimmt niemals einen tödlichen Ausgang und stört den Fortgang der Körperentwickelung nicht auf eine erhebliche Weise. Beim Traum wie beim Nachtwandeln ist das dämmernde Selbstbewußtsein der Mittelpunkt, worin sich die dunkeln und verworrenen Empfindungen der Sinne und des Gemeingefühls, wenn nämlich solche noch zur Wahrnehmung kommen, sammeln, während Reihen von Vorstellungen und Willensantrieben auftreten, welche zu den mannigfaltigsten, ihnen entsprechenden Bewegungen der Glieder [* 5] sowie zu einem völlig artikulierten und zusammenhängenden Sprechen Veranlassung geben.
Nur die höchsten Grade dieser Erscheinungen kommen aber hier in Betracht, insofern bei ihnen die charakteristischen Bedingungen des Schlafs nicht mehr vorhanden zu sein scheinen. Dahin ist vor allem zu rechnen, daß die Nachtwandler ungeachtet der größten Anstrengung beim Erklettern von Fenstern, Dächern etc. nicht erwachen, was doch der Fall sein würde, wenn bei ihnen, wie beim gewöhnlichen Schlaf, die Fähigkeit zur Empfindung und Bewegung in gleichem Maß ab- und zunähme.
Vielmehr geben sie bei äußerer ordentlicher Bethätigung ihres ganzen Muskelsystems zuweilen eine so gänzliche Empfindungslosigkeit kund, daß weder das stärkste Licht, [* 6] noch der Schall [* 7] von lärmenden Instrumenten, noch die schärfsten Gerüche, noch Verletzungen der Haut [* 8] den geringsten Eindruck auf sie machen. Auch haben die Reden des Nachtwandlers nicht jenen Charakter der Zerfahrenheit und des Unzusammenhängenden wie die des Träumenden, sondern meist logischen Zusammenhang und bewegen sich, wie seine Handlungen, größtenteils im Kreis [* 9] früherer Erinnerungen.
Nach dem bisherigen Stand unsers Wissens unerklärlich ist der angebliche, im Volksmund allgemein behauptete Einfluß des Mondes auf die Nachtwandler, welcher zu der Bezeichnung Mondsucht (Lunatismus) Veranlassung gegeben hat. Die oft erzählten Sagen von Mondsüchtigen, welche auf Bäume, Dächer und Türme gleichsam dem Mond [* 10] entgegengeklettert seien etc., sind noch zu wenig beglaubigt, als daß man sie unbedenklich gelten lassen könnte. Erwähnung verdient noch, daß die Nachtwandler ihre Bewegungen auch auf gefährlichen Wegen mit der größten Sicherheit ausführen sollen, wobei das Freibleiben von Schwindel eine wirksame Unterstützung gewähren mag. Da das Nachtwandeln gewöhnlich einen völlig konstitutionellen Zustand darstellt, welcher als solcher das Individuum Jahrzehnte behaften kann, so läßt es sich höchstens durch kräftige diätetische Maßregeln mit einigem Erfolg bekämpfen. Zu letztern würden vor allem angemessene Körperanstrengungen, um einen möglichst festen und tiefen Schlaf zu bewirken, und Vermeidung aller das Nervensystem stärker aufregenden psychischen und physischen Reize, z. B. allzu reichliche Abendmahlzeiten, zu rechnen sein. Entschieden abzuraten ist von den gebräuchlichen Gewaltmitteln, wie z. B. den vor das Bett [* 11] gestellten Wassergefäßen, Prügeln u. dgl. Jedenfalls hat man die Nachtwandler unter eine angemessene Aufsicht zu stellen, damit sie in ihren Paroxysmen weder sich noch andern Schaden zufügen können. Vgl. Magnetische Kuren.
Nr. | Ergebnis | Somnambulismus |
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1 | ****** | Som|nam|bu|lis|mus, der; - [frz. somnambulisme, zu: somnambule, →somnambul] (Med.): das Schlafwandeln; Noktambulismus. |
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Clairvoyance, s. Somnambulismus
Hellsehen, s. Somnambulismus
Lunatismus, s. Somnambulismus
Mondsucht, s. Somnambulismus
Nachtwandeln, s. Somnambulismus
Somnambulismus
Nachtwandeln, s. Somnambulismus.
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Band - Seite | Artikel | Autor | Titel | Ausgabe |
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15.24 | Somnambulismus | "Umherwandeln im Schlaf" | das Schlafwandeln; | |
12.415 | Orakel | Wolf | Beitrag zur Geschichte des Somnambulismus im Altertum | (in den "Vermischten Schriften", Halle 1802) |
57.707 | Geisterseherei | "Hereinragen einer Geisterwelt in die unsere" | Somnambulismus und G. standen, wenn auch in etwas modifizierter Weise, in Blüte und zeitigten Justinus Kerners Seherin von Prevorst (s. d.) |
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