Mosses
(Plateau und
Col des) (Kt. Waadt,
Bez. Aigle,
Gem.
Ormont Dessous). 1448 m. Sumpfiges und welliges
Plateau mit
Passübergang zwischen der Kette Le
Chaussy-Paraz de
Marnex und dem
Mont d'Or. Wasserscheide zwischen dem Gebiet der
Rhone und
des
Rhein, von der nach S. die
Raverettaz (oder
Rionzettaz) zur
Grande Eau
(Pays d'Enhaut) und nach N. der
Hongrin
und die
Torneresse zur
Saane (Thal der
Ormonts) abfliessen. Die Gemeindeabteilung Les Mosses
reicht von
L'Ortier bis zu der
Brücke
über den
Hongrin bei La Lécherettaz und umfasst die Alpweiden des
Commun des Mosses
, von Les Pleines Mosses, La Preisaz etc.
Grösste Siedelung ist der
Weiler
Les Fontaines mit Schulhaus und Postablage; auf der Passhöhe selbst
steht in 1448 m das Gasthaus La Preisaz.
Rauhe Gegend, in der sich im Winter der Schnee nicht selten derart anhäuft, dass der Postwagenverkehr unterbrochen werden muss. Die Strasse über den Pass verbindet Aigle und Le Sépey mit L'Étivaz, Les Moulins und Château d'Œx; Le Sépey-Les Fontaines 18 km, Les Fontaines-L'Étivaz 7 km und L'Étivaz-Château d'Œx 9 km. Die nach Ormont Dessous eingepfarrten Bewohner dieses Plateaus huldigen wie die Mehrzahl der Ormonands überhaupt nomadisierenden Bräuchen und halten sich hier oben meist nur vom Juli bis Januar auf, während sie die übrige Zeit des Jahres in den Gemeindeabteilungen La Comballaz und Les Voëtes leben.
Der
Pass ist von jeher sowohl von den Leuten der Gegend selbst als auch von
Pilgern über den Grossen
St. Bernhard und von Truppenabteilungen
stark benutzt worden. Man sieht heute noch Reste eines alten
Weges, der vielleicht von den Römern angelegt
worden ist und in höherem Niveau als die heutige Strasse der sö. Berglehne folgt. Im 14. Jahrhundert besassen hier die
auf der Burg
Aigremont sitzenden
Herren von Pontverre und die
Grafen von
Greierz Grundeigentum und Rechte, was zu zahlreichen
Streitigkeiten zwischen diesen beiden Geschlechtern führte. Um die Angelegenheit zu schlichten, setzte
man 1328 den
Lauf des
Hongrin als Grenze zwischen den beidseitigen Besitzungen fest. 1429 trat ein Grossgrundbesitzer von Les
Mosses
auf
Seite des
Grafen von
Greierz über. 1475 überschritt eine aus Leuten von
Saanen und
Château d'Œx bestehende bernerische
Truppe den
Pass, um einer über den Grossen
St. Bernhard bis nach
Aigle vorgedrungenen Abteilung Lombarden
den Weg zum Heer Karls des Kühnen zu versperren. 1476 bestätigte Bern
den Bewohnern der
Ormonts ihre alten Rechte und
Freiheiten.
Von dieser Zeit an kam der alte Streit zwischen den Ormonands und den Leuten des
Pays d'Enhaut um das Anrecht auf die Benutzung
der Wälder und Alpweiden von Les Mosses
von neuem zum Ausbruch. Im August 1502 zogen 300 junge Burschen aus
Château d'Œx
über das
Plateau von Les Mosses
und überfielen die Ormonands, von denen sie sechs töteten und eine grössere Anzahl verwundeten.
Da der
Rat zu Bern
die Schuldigen nicht bestrafte, verschafften sich die Leute der
Ormonts ihre Genugtuung selbst,
indem sie ebenfalls über Les Mosses
zogen, ins
Pays d'Enhaut einfielen und alle Siedelungen längs der
Saane ausplünderten.
Später mussten sie freilich die gemachte Beute wieder zurückerstatten. Im gleichen Jahr 1502 kam das ganze
Plateau von Les
Mosses
zusammen mit dem Rest der
Ormonts an Bern,
dem es verblieb, bis 1798 dieses gesamte Gebiet integrierender
Bestandteil des Kantons Waadt
wurde. Seit der Eröffnung der Bahnlinie von
Montreux nach
Montbovon und
Château d'Œx hat der Verkehr über
den Col des Mosses
bedeutend abgenommen. Der
Pass liegt zwischen dem Triaskalkkamm des
Mont d'Or und den
aus dickbankigen Flyschbreccien aufgebauten Gipfeln des
Chaussy und verdankt seine Entstehung dem Vorhandensein einer Zwischenzone
von schieferigem und leicht verwitterbarem Flysch. Die tonigen Verwitterungsprodukte dieses Flyschschiefers und die Moränenablagerungen
des einstigen Chaussygletschers geben dem
Plateau seinen sumpfigen und nassen Charakter, dem es auch seinen Namen zu verdanken
hat. Bei
La Comballaz tritt aus der Trias des
Mont d'Or eine Schwefelquelle aus. Vergl. den von E. de la
Harpe und E. Busset herausgegebenen Guide des
Ormonts; ferner Corthésy, E. Étude histor.
sur la
Vallée des Ormonts.
Lausanne 1903.