Mißbrauch
der
Amtsgewalt
, s.
Amtsverbrechen.
Mißbrauch der Amtsgewalt
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Mißbrauch
der
Amtsgewalt
, s.
Amtsverbrechen.
(Amtsdelikt), im weitern Sinn jede Pflichtverletzung eines Beamten, im engern Sinn und in der juristischen Bedeutung des Worts die kriminell strafbare Verletzung der besondern Amtspflicht eines solchen. Abgesehen von den allgemeinen Verpflichtungen eines jeden Staatsbürgers, liegen nämlich dem Beamten besondere Verpflichtungen ob, welche durch seine amtliche Stellung begründet sind. Eine Verletzung dieser Amtspflichten, wie z. B. Verletzung des Amtsgeheimnisses, Insubordination u. dgl., kann eine Disziplinaruntersuchung und Disziplinar- oder Ordnungsstrafen nach sich ziehen, welch letztere in Warnung, Verweis, Geld- oder Arreststrafe, Strafversetzung und Dienstentlassung bestehen. Das hierbei zu beobachtende Verfahren ist regelmäßig durch besondere Gesetze normiert, welche den Beamtenstand gegen Willkürlichkeiten schützen und namentlich das Recht der Beschwerde gegen derartige ¶
Disziplinarstraferkenntnisse im geordneten Instanzenzug einräumen. Steigert sich aber die Verletzung der Amtspflicht zu einer Verletzung der staatlichen Rechtsordnung überhaupt, so reicht eine im Verwaltungsweg zu verhängende Disziplinarstrafe nicht aus, sondern strafrechtliche Verfolgung und eine durch das Strafgesetz normierte öffentliche Strafe müssen Platz greifen. Derartige Fälle werden als Amtsverbrechen im eigentlichen Sinn bezeichnet. Dabei ist jedoch zu beachten, daß nicht jedes Verbrechen, welches ein Beamter begeht, auch ein Amtsverbrechen ist.
Ein solches liegt vielmehr nur dann vor, wenn das Verbrechen eine Verletzung der besondern Amtspflicht des Beamten involviert. Nur findet zwischen dem von einem Beamten begangenen gemeinen Verbrechen und seinem Amtsverhältnis insofern ein Zusammenhang statt, als ein solches Verbrechen regelmäßig die Unfähigkeit zu öffentlichen Ämtern und den Verlust derselben nach sich zieht. Zuweilen bezeichnet die Strafgesetzgebung auch ein an und für sich gemeines Verbrechen ausdrücklich als ein Amtsverbrechen, wenn es von einem Beamten begangen wurde, und setzt dafür eine besondere Strafe fest; so das deutsche Reichsstrafgesetzbuch (§ 340, 342, 339, 350) in Ansehung der von einem Beamten in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Amtes vorsätzlich begangenen Körperverletzung, eines unter gleichen Verhältnissen begangenen Hausfriedensbruchs, einer Erpressung oder Nötigung durch Mißbrauch der amtlichen Gewalt oder durch Androhung eines solchen, endlich auch in Ansehung einer Unterschlagung von Geldern und andern Sachen, welche ein Beamter in amtlicher Eigenschaft empfangen oder im Gewahrsam hatte.
Das Strafgesetzbuch versteht dabei unter Beamten im allgemeinen alle im Dienste [* 4] des Reichs oder in unmittelbarem oder mittelbarem Dienst eines Bundesstaats auf Lebenszeit, auf Zeit oder nur vorläufig angestellten Personen, ohne Unterschied, ob sie einen Diensteid geleistet haben oder nicht, desgleichen die Notare. Doch treten in einigen besondern Fällen auch die Geschwornen, Schöffen, Schiedsmänner und Schiedsrichter, Geistliche und andre Religionsdiener, Anwalte und Rechtsbeistände hinzu.
Im einzelnen führt das Reichsstrafgesetzbuch folgende Amtsverbrechen auf: Annahme von Geschenken von seiten eines Beamten für eine in sein Amt einschlagende, an sich nicht pflichtwidrige Handlung, Bestechung (s. d.), insbesondere diejenige eines Richters, Schiedsrichters, Geschwornen oder Schöffen, Parteilichkeit bei Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache und vorsätzliche Verhängung einer Untersuchung über Unschuldige. Ebenso wird der Beamte bestraft, welcher vorsätzlich eine ungerechte Strafe vollstrecken läßt (Zuchthaus bis zu fünf Jahren), während eine fahrlässige Handlungsweise in dieser Beziehung mit Gefängnisstrafe oder Festungshaft bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 900 Mk. geahndet wird.
Auch die vorsätzliche Pflichtverletzung durch Nichtausübung der Strafgewalt ist mit Strafe bedroht, desgleichen die Befreiung eines Gefangenen durch vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten eines Aufsichtsbeamten. Auch die Anwendung von Zwangsmitteln, um einen Angeschuldigten zu einem Geständnis oder überhaupt bei einer amtlichen Vernehmung jemand zu einer Aussage zu bestimmen, wird streng geahndet. Zu den Amtsverbrechen gehört ferner der Fall, daß ein Beamter, Advokat, Anwalt oder sonstiger Rechtsbeistand bei der Erhebung von Gebühren, Vergütungen, Steuern und Abgaben sich zu eignem Vorteil einer Übervorteilung schuldig macht, oder daß ein Beamter, welcher Steuern, Gebühren oder andre Abgaben für eine öffentliche Kasse zu erheben hat, Abgaben, von denen er weiß, daß der Zahlende sie überhaupt nicht oder nur in geringerm Betrag schuldet, erhebt und das rechtswidrig Erhobene ganz oder zum Teil nicht zur Kasse bringt.
Endlich sind noch eine Reihe von Strafbestimmungen für besondere Berufsklassen und deren Amtsverbrechen gegeben, so für die Öffnung und Unterdrückung von Briefen von seiten eines Postbeamten (Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten), Verfälschung, Unterdrückung, Offenbarung von Depeschen seitens eines Telegraphenbeamten (dieselbe Strafe), Prävarikation (s. d.) eines Advokaten, Anwalts oder sonstigen Rechtsbeistandes und pflichtwidrige Eheschließung durch Geistliche oder Standesbeamte (Zuchthaus bis zu fünf Jahren).
Ferner wird ein Religionsdiener, welcher zu den religiösen Feierlichkeiten einer Eheschließung schreitet, bevor ihm nachgewiesen worden ist, daß die Ehe vor dem Standesbeamten abgeschlossen worden, mit Geldstrafe bis zu 300 Mk. oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. Zu diesem Amtsverbrechen wurde später infolge des Kulturkampfes auch noch das Vergehen des Kanzelmißbrauchs (s. d.) hinzugefügt. Endlich ist auch noch des sogen. Arnim-Paragraphen (§ 353a des Strafgesetzbuchs) zu gedenken, der jener bekannten Affaire des Fürsten Bismarck mit dem vormaligen Botschafter des Deutschen Reichs in Paris, [* 5] dem Grafen Harry von Arnim, seine Entstehung verdankt, welch letzterm um deswillen der Prozeß gemacht wurde, weil er gewisse Aktenstücke aus dem Botschaftsarchiv an sich genommen hatte.
Hiernach soll nämlich ein Beamte im Dienste des auswärtigen Amtes des Deutschen Reichs, der die Amtsverschwiegenheit dadurch verletzt, daß er ihm amtlich anvertraute oder zugängliche Schriftstücke oder eine ihm von seinem Vorgesetzten erteilten Anweisung oder deren Inhalt andern widerrechtlich mitteilt, mit Gefängnis bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 5000 Mk. bestraft werden. Gleiche Strafe trifft den mit einer auswärtigen Mission betrauten oder bei einer solchen beschäftigten Beamten, welcher den ihm durch seinen Vorgesetzten amtlich erteilten Anweisungen vorsätzlich zuwiderhandelt oder in der Absicht, seinen Vorgesetzten in dessen amtlichen Handlungen irre zu leiten, demselben erdichtete oder entstellte Thatsachen berichtet.
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