Titel
Mineralwässer;
es sind dies bekanntlich solche Quellwässer, welche sich durch einen größern Gehalt an festen, bei der Abdampfung zum Vorschein kommenden Salzen, häufig auch durch einen Gasgehalt (Kohlensäure oder Schwefelwasserstoff), und zum Teil durch die warme oder heiße Temperatur, mit welcher sie aus der Erde quellen, von gewöhnlichem Brunnenwasser unterscheiden. Die Bestandteile solcher Wässer sind nach Art und Menge sehr verschieden und man hat sie hiernach in folgende Klassen gebracht:
1) Eisen- oder Stahlwässer; enthalten viel Kohlensäure und in dieser kohlensaures Eisenoxydul aufgelöst. Man bezeichnet sie auch näher als Eisensäuerlinge. In einzelnen Fällen ist das Eisen auch als Vitriol vorhanden.
2) Schwefelwässer, zeigen einen mehr oder minder deutlichen Geruch nach faulen Eiern oder vielmehr, wie diese auch, nach Schwefelwasserstoff, enthalten aber meist noch verschiedne Salze und Kohlensäure.
3) Alkalische Wässer, mit vorwiegendem Gehalt an kohlensaurem Natron, daher laugenhaft schmeckend, in der Regel noch gasförmige Kohlensäure enthaltend.
4) Bitterwässer, durch einen Gehalt an schwefelsaurer Magnesia deutlich bitter schmeckend.
5) Salzwässer oder Soolen, deren Hauptbestandteil Kochsalz ist, bilden zum Teil warme Quellen.
6) Säuerlinge. Bei ihnen ist die Kohlensäure der charakteristische Bestandteil, der ihnen den angenehm säuerlich-prickelnden Geschmack verleiht. Infolge dieses Gehaltes an freier Kohlensäure enthalten diese Säuerlinge häufig auch gewisse Mengen kohlensauren Kalk und kohlensaure Magnesia aufgelöst, ebenso wie die Stahlwässer das kohlensaure Eisenoxydul; beim Stehen an der Luft scheiden sich dann diese Karbonate infolge des Entweichens der freien und halbgebundnen Kohlensäure in Form von unlöslichen Flocken aus.
Viele unsrer Mineralwässer
werden bekanntlich in wohlverschlossenen steinernen oder gläsernen Flaschen
versendet und
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dadurch Handelsartikel. Große derartige Handlungen führen gegen 60 verschiedne Wässer. Die Füllung der Flaschen unmittelbar aus den Quellen erfordert Aufmerksamkeit und Sorgfalt, damit von den Gasen möglichst wenig verloren gehe und die Füllung frei von Staub und andern Unreinigkeiten gehalten werde, durch welche der Flascheninhalt in der Regel bald verdirbt. Eisenwässer sind sehr empfindlich gegen Luft, die etwa mit in die Flaschen gelangt, indem sich durch Einwirkung derselben der Eisengehalt ausscheidet und schlammförmig absetzt.
Überhaupt sind nur die kalten und an Gasen nicht zu reichen Wässer versendbar, ohne an Kräftigkeit viel einzubüßen.
Die Füllung und Versendung der Wässer geschieht im Frühjahr und enthalten die Flaschenstöpsel meistens
auf der Unterseite die laufende Jahrzahl eingebrannt. Früherhin waren die Abnehmer völlig zufrieden gestellt durch einige
Garantie, daß die Wässer von diesjähriger Füllung seien; gegenwärtig bieten die Brunnendirektionen, aus Anlaß der starken
Konkurrenz der künstlichen Mineralwässer
, selbst mehr.
Eine Anzahl Direktionen halten auf Hauptplätzen Zentrallager, die durch beständige Zusendungen immer frisch erhalten werden und von denen die kaufmännischen Kunden durch bloßen Umtausch gegen Ware, die über einen Monat alt geworden, frische beziehen können. Auf dieser Liste stehen: Adelheidsquelle, Bilin, Friedrichshall, Püllna und Saidschitz, Driburg, Eger, Ems, Homburg, Krankenheil, Karlsbad, Kissingen, Marienbad, Pyrmont, Salzbrunn, Schwalbach, Selters, Vichy, Weilbach, Wildungen. -
Die künstliche Nachbildung der natürlichen Mineralwässer
wurde schon in frühern Jahrhunderten versucht, konnte aber erst
durch die heutige Verfeinerung der chemischen Analyse perfekt werden und es werden jetzt die meisten gangbaren Wässer auch
künstlich fabriziert. Natürlich kann nur auf Grund der genauesten Ermittelungen der Bestandteile eines
natürlichen Wassers und ihrer Mengenverhältnisse auch eine genaue Nachbildung desselben aus destilliertem Wasser unter
Hinzufügung derselben Bestandteile, die man in den natürlichen M. gefunden hat, mit Erfolg unternommen werden, während
eine Nachahmung aus dem Gröbsten viel leichter thunlich ist.
Bekanntlich war der Apotheker Dr. Struve in Dresden der erste, der die Industrie der künstlichen M. ergriff und ausbildete, und durch Errichtung von Trinkanstalten in verschiednen Städten seine Produkte populär machte. Ob diese künstlichen Erzeugnisse wirklich die natürlichen völlig ersetzen können oder nicht, hängt nur von der bei der Bereitung angewendeten Sorgfalt ab, sodaß auch die kleinsten Mengen eines in einem natürlichen M. gefundenen Stoffs, auch wenn er scheinbar für unwirksam gehalten werden sollte, in dem künstlichen Wasser in der richtigen Menge und derselben Verbindung sich wieder finden; ist dies nicht der Fall, so kann ein solches künstliches M. das natürliche auch nicht vollständig ersetzen. -
Die Bestandteile, welche sich in verschiednen Mineralwässern
vorfinden, sind wie gesagt sehr mannigfaltig.
So finden sich im Selterswasser außer der Kohlensäure und
den Hauptingredienzen Kochsalz und kohlensaures Natron noch kleine
Mengen von schwefelsaurem Kali, Chlorkalium, phosphorsaurem Kalk, sowie Spuren von Thonerde, Fluorcalcium, kohlensauren Kalk,
Strontians, Baryt, Lithion, Magnesia, Eisen, Kieselsäure. Die abführenden Wässer wirken durch ihren Gehalt
an Glaubersalz oder Bittersalz und Chlormagnesium. Einzelne Quellen sind brom- und jodhaltig und genießen dadurch das Zutrauen
besondrer Heilwirkungen; viele enthalten auch sehr kleine Spuren von Cäsium, Rubidium, Mangan, Arsen u. a. Metallen. -
Einige Wässer werden nicht bloß in Erwartung einer medizinischen Wirkung, sondern auch als bloßes Erfrischungs- und Durstlöschungsmittel getrunken und in ihnen ist die Kohlensäure das Wesentliche. Es sind diese das reine kohlensaure Wasser, das Soda- und das Selterswasser. Das letztere bildet eigentlich ein Mittelding, indem es ebensowohl Gesunden als ein ausgezeichnetes Durstlöschungs- und Erfrischungsmittel, wie Patienten in einer ganzen Reihe krankhafter Zustände dient. Es war auch dasjenige, dessen Nachahmung zuerst versucht wurde.
Solche Wässer, bei denen es sich also nicht um strikte Nachbildung einer bestimmten Quelle handelt, sind bekanntlich in neurer Zeit in den ausgedehntesten Verbrauch gekommen und überall käuflich. Sie sind stets Fabrikware und man hat es dabei in der Gewalt, ihnen einen viel stärkern Kohlensäuregehalt zu geben als die natürlichen Wässer nach ihrer Abfassung in Flaschen haben können. Die Bereitung solcher Wässer zum Privatverbrauch wird, wie bekannt, sehr häufig in den hierzu käuflichen kleinen Apparaten vorgenommen.
Bei fabrikmäßiger Darstellung gestalten sich Apparate und Operationen anders; die drei Arbeitsstadien sind: Entwickeln des Kohlensäuregases aus kohlensauren Mineralien, Reinigen und gewaltsames Einpressen desselben in reines Wasser. Die besten Materiale zur Säuregewinnung sind die natürliche kohlensaure Magnesia (s. Magnesit) und Abfälle von weißem Marmor. Aus gewöhnlichem Kalkstein und Kreide bringt das Gas einen übeln Geruch mit, der die Reinigungsarbeit schwieriger macht.
Der Entwickler des Apparats ist ein metallener Cylinder mit Bleifütterung, in dessen Deckel sich drei verschließbare Öffnungen befinden. Durch die eine wird das kohlensaure Mineral, gepulvert und mit heißem Wasser angerührt, eingegeben; auf der andern steht ein Trichter, aus welchem durch einen Hahn absatzweise Schwefelsäure ins Innere fließen gelassen wird; in der dritten ist das Rohr eingesetzt, durch welches die entwickelte Kohlensäure ab- und in die Waschgefäße geleitet wird. Im Entwickler findet sich ein Rührwerk, dessen stehende Welle durch den Deckel gasdicht nach außen geht und das in Umdrehung gesetzt wird, wenn die erste stürmische Gasbildung nachläßt. Der Reinigungsapparat besteht aus drei durch Rohrleitungen verbundenen geschlossenen Gefäßen von der Einrichtung der sog. Woulffschen Flaschen; das erste enthält eine Lösung von Eisenvitriol, das zweite eine solche von doppeltkohlensaurem Natron, das dritte reines Wasser. Nachdem das ¶
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Gas diese drei Lösungen durchstrichen und sich dadurch gereinigt hat, tritt es in den Sammler, der eine in Wasser stehende, sich hebende und senkende Glocke ist, ganz von der Einrichtung und Wirkung der Gasometer an Gasanstalten. Zur Einverleibung des Gases in das Wasser dient das Mischgefäß, ein verschließbarer Ballon oder liegender Cylinder, in welchen, nachdem er bis über die Hälfte mit Wasser gefüllt worden, mittels einer Luftpumpe das aus dem Sammler geschöpfte Gas so lange eingepumpt wird, bis die beabsichtigte Spannung in demselben (4-5 Atmosphären) erreicht ist.
Während des Einpumpens wird gleichzeitig das im Mischgefäß liegende, mit Flügeln versehene Rührwerk, dessen horizontale Welle gasdicht durch die Wandungen geht, in Bewegung gesetzt, denn nur dann, wenn das Wasser solchergestalt stark geschlagen wird, nimmt es größere Gasmengen rasch und willig auf. Man hat auch vereinfachte Apparate, sog. Selbstentwickler, bei welchen der Gasometer und die Druckpumpe in Wegfall gebracht sind und das Gas aus dem Waschapparat direkt in das Mischgefäß tritt. Hier muß also der benötigte Druck von mehreren Atmosphären durch die Anhäufung des Gases im Entwickler selbst erzeugt werden, der dann um so stärker gebaut sein muß.
Ist die Mischung von Gas und Wasser geschehen, so wird die Flüssigkeit auf Flaschen abgezogen. Hierzu dient eine besondre Vorrichtung, die Füll- und Verkorkungsmaschine mit einem besonders konstruierten Hahn, aus welchem das Wasser in die Flaschen dringt, ohne daß die äußere Luft ins Spiel kommt. Dem Wasser folgt alsbald der in den Flaschenhals eindringende Kork, worauf die Flaschen sogleich von Arbeitern erfaßt und durch Verbinden mit Draht gesichert werden.
Für die Versorgung von Trinkanstalten dienen kupferne, innen verzinnte Cylinder, deren Steigrohr im Innern bis ganz nahe an den Boden herabgeht, sodaß alle Flüssigkeit an diesem tiefsten Punkte eintreten muß. Der Druck, den die im Gefäß zurückbleibende und den durch das Auslassen sich vergrößernden Raum immer erfüllende Kohlensäure auf den Wasserspiegel ausübt, bewirkt das Steigen der Flüssigkeit bis zur Neige. In der Regel wird solchen Cylindern, um ihnen die hierzu nötige Spannkraft zu sichern, nach dem Füllen noch etwas Kohlensäuregas eingepreßt.
Das sog. Sodawasser unterscheidet sich von gewöhnlichen kohlensauren durch nichts weiter als einen kleinen Gehalt an doppeltkohlensaurem Natron, welches vorher zu dem Wasser im Mischgefäß gegeben wird. Das künstliche Selters wird ebenso einfach hergestellt durch Zusatz von Kochsalz und kohlensaurem Natron und vielleicht noch einer Wenigkeit eines Magnesiasalzes. Sämtliche M., sowohl natürliche, als auch künstliche, müssen an möglichst kühlen, aber frostfreien Orten aufbewahrt werden. - Zoll: Künstliche wie natürliche M. sind zollfrei.