Mastix
(Resina Mastiche, fälschlich
Gummi M.), das aromatische
Harz der Mastix
pistacie (Pistacia Lentiscus), eines zu
den Terebinthaceen gehörigen immergrünen Bäumchens, das im Orient und auf der nordafrikanischen Küste heimisch ist, aber
als nutzbare Kulturpflanze thatsächlich nur auf der türkisch-griechischen Insel Chios (jetzt Chio, Skio), in einer besondern,
breitblättrigen Varietät (var. γ Chia) vorkommt; die gewöhnliche, überall
an der Mittelmeerküste wachsende Art gibt zu wenig oder gar keinen M. Selbst Verpflanzungen in der Nähe, wie auf der Insel
Mytilene, sollen mißlungen sein und auch die Franzosen haben die Kultur an ihrer Südküste ohne Erfolg versucht.
Auf Chios begreift der Mastix
distrikt die Hälfte der Insel;
21 Dörfer beschäftigen sich mit der Kultur;
die Plantagen liegen auf den Rücken der Höhenzüge. In früherer Zeit bis zur Losreißung Griechenlands war der Mastix
ertrag
ein Einkommen des Sultans;
es mußten 22000 Oka (à 1260 g) als Tribut, der Rest der Ernte gegen eine sehr nidrige Taxe abgeliefert werden.
Nachdem die Türken 1822 die Insel furchtbar verwüstet und entvölkert hatten und diese Leistungen nicht mehr gefordert werden konnten, erhielten die Insulaner zur Wiederaufhilfe das freie Verkaufsrecht gegen eine baare Jahreszahlung von 750000 Piaster oder 9000 Mk. Die Kultur wurde nun für die Pflanzer weit einträglicher und sie verkaufen jetzt die Oka um 70-130 Piaster. Man macht im Mai Einschnitte in die Rinde des Gewächses, aus welchen allmählich der M. als zähflüssige Masse austritt und an der Luft tropfenartig erhärtet. Im August wird das Harz abgenommen und das schon abgefallene aufgelesen. Die Ernten fallen ungleich aus, und schon öfter sind die Plantagen durch Frost beschädigt worden.
Es werden durch Auslesen drei Sorten gemacht, deren feinste als Haremharz nur an den türkischen Hof geliefert wird und nicht in den Handel gelangt. Der M. besteht aus rundlichen Körnern, wie kleinere und größere Erbsen; dieselben sind gelblichweiß bis hellgelb, weißlich bestäubt, auf dem Bruch glasglänzend, ziemlich hart, aber beim Kauen eine weiße, wachsartige Masse bildend. Geruch und Geschmack sind eigentümlich balsamisch und beim Verbrennen stößt die Masse ein starkes Aroma aus.
Die hellsten und reinsten
Thränen bilden ausgelesen den eligierten M.; das Übrige ist M. in sortis, dessen Körner dunkler
und, weil meist vom
Boden aufgelesen, durch
Erde und Sand unrein, auch oft zusammengeflossen sind. Der
M. wird im Orient selbst in verschiedner Weise, doch immer als aromatisches Mittel, stark konsumiert. Erstlich wird derselbe
besonders von der Damenwelt gewohnheitsmäßig gekaut, um den Atem wohlriechend zu machen und angeblich das Zahnfleisch zu
stärken. Sodann dient er häufig zur Bereitung sehr beliebter Konfitüren und endlich als Zusatz bei
der Darstellung eines Raki oder
Branntweins aus
Getreide, der den Muselmännern den verbotenen
Wein ersetzen muß. Diese Brennerei
wird von den Mastix
bauern auf Chios selbst betrieben. Das Getränk wird zum Genuß gewöhnlich unter Wasser gemischt, das
dann opalisierend wird. -
Im Abendlande hat der M. vorzugsweise eine technische Benutzung zu Firnissen und Kitten. Das Harz löst sich völlig in Äther, Ölen und Weingeist;
kalter Weingeist löst nur etwa 9/10 davon und man unterscheidet hiernach zweierlei Harz in der Masse. Es bildet öfter mit andern Harzen, auch dunkeln, wie Schellack, einen Bestandteil von weingeistigen und Terpentinöl-Lackfirnissen, da dieselben dadurch glänzender werden und rascher trocknen;
für sich gibt es farblose, harte, raschtrocknende Überzüge, die besonders als Bilderlack und Negativlack für Photographen dienen;
doch benutzt man jetzt vielfach hierzu den billigern Sandarak. Da die mit diesen Lacken hergestellten Überzüge leicht Sprünge bekommen, müssen ihnen Zusätze gegeben werden, die mehr Zähigkeit besitzen.
Eine Mischung von Hausenblase und M. gibt einen trefflichen Kitt für Glas, Porzellan und zur Fassung von Edelsteinen. Sonst dient das Harz als Zusatz zu Räucherpulvern, in Apotheken als Ingrediens einiger Pflaster und als Ausfüllmittel für hohle Zähne. Hierzu dient sowohl eine zusammengeschmolzene Komposition aus M. und Wachs, das sog. Zahnwachs, wie ein flüssiger Zahnkitt, eine dickliche Lösung von M. und Sandarak in starkem Weingeist, mit welcher ein Kügelchen von Baumwolle getränkt und rasch in die Zahnhöhlung gedrückt wird. - Die zweite, geringere Sorte des M. dient zu dunklern Firnissen und zu ¶
mehr
feinem Siegellack. Ihr gleich steht etwa eine andre Ware, welche neuerdings aus Ostindien kommt, der Bombay- oder der ostindische M. Derselbe bildet verschieden große, rotbräunliche oder gelbliche Stücke, welche zahlreiche hellere Körner einschließen; zuweilen besteht die Ware auch ganz aus größern, dunkelgelben oder bräunlichen Körnern und Thränen, die mehr dem Weihrauch gleichen. Dies Produkt soll auch von einer oder zwei Pistazienarten kommen, die nicht in Ostindien, sondern in Afghanistan und Beludschistan wachsen (Pistacia Khinjuk und P. cabulica), von wo das Harz über Bombay nach London gelangt. Für den orientalischen M. sind die Hauptmärkte Konstantinopel und Smyrna, von wo die Ware ihren Weg über Triest und Marseille nimmt. Der Sandarak, der dem M. am ähnlichsten ist, unterscheidet sich von ihm durch die mehr längliche Form seiner Stückchen, sowie, daß er beim Kauen keine weiße zähe Masse bildet, sondern sandig zerbröckelt. -
Im Englischen und Französischen bezeichnet der Name M. nicht nur das Harz, sondern auch überhaupt Kitt
oder Zement. Daher findet man auch im Deutschen Ausdrücke wie Mastix
dächer, Mastixzement, bei welchen an das Harz nicht zu
denken ist. Es besteht der letztere vielmehr aus einem Gemisch von Sand, Kalksteinpulver und etwas Bleiglätte, das mit altem
Leinöl aufgekocht und heiß verbraucht wird. - M. ist zollfrei; Kitt und Siegellack daraus gem. Tarif
im Anh. Nr. 5 e; Firnis und Lack daraus gem. Nr. 5 a.