Marathen
(Maratha,
Mahratten),
Volk in
Britisch-Indien, welches die Gegenden östlich von den Westghats, von der
Tapti
im N. bis zum Oberlauf der
Kistna im
S. und westlich bis zu den
Grenzen
[* 2] der Besitzungen des
Nizam von
Haidarabad bewohnt,
also außer dem letztgenannten
Staat vornehmlich
Indor und den mittlern Teil der
Präsidentschaft
Bombay.
[* 3] Die ethnologische
Stellung
der Marathen
läßt sich mit Sicherheit nicht bestimmen; nach ihrer
Sprache
[* 4] (s.
Marathi) und
Überlieferung sind sie
Arier, nach ihrem
Äußern aber weit mehr
Drawida (s. d.); jedenfalls hat sich hier eine Mischung vollzogen.
Die
Traditionen der Marathen
vermögen uns über diesen
Punkt nicht aufzuklären. Frühzeitig zum
Brahmanismus bekehrt, betrachten
sie sich selber als zu den
Hindu gehörig und haben keine andern
Überlieferungen als die Mythenbildungen der
Brahmanen. Indessen
beweist die niedrige
Stellung, welche den Marathen
in der
Hierarchie der indischen
Kasten angewiesen ist, zur
Genüge, daß sie zu den Bekehrten oder Unterworfenen gehören. Dennoch kann die Herrschaft der
Arier nur eine nominelle gewesen
sein; sie erhoben zwar
Abgaben, rührten aber nicht an der politischen
Organisation der Marathen
, die eine durchaus republikanische,
also von dem arischen Staatssystem völlig verschiedene war, und die auch unter der britischen
Regierung
bestehen geblieben ist.
Das Land hatte keine einheitliche Regierung, bestand vielmehr aus einer Kollektivgenossenschaft von Gemeinden, regiert von erwählten Oberhäuptern (Patel) und einer Gemeindeversammlung (Pantschajet). Man hat danach die auch für Dschat angesehen, beeinflußt durch eine längere Berührung mit Ariern, Bhil, Drawida. Wie jene haben sie trotz aller Wandlungen ihre politischen Institutionen aufrecht zu erhalten gewußt, das Joch der Eroberer abgeschüttelt, das Mongolenreich gestürzt und die Macht der Radschputen gebrochen. ¶
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Die Marathen
sind heute Ackerbauer und fallen mit der Kaste der Kunbi zusammen, sind also Sudra. Ihrem Äußern nach sind sie von
mittlerer Statur, durchschnittlich 1,6 m groß, mit mehr drawidischer Gesichtsformation, massig hervortretenden
Backenknochen, kleinen Augen und oftmals aufgestülpter Nase,
[* 6] brauner Hautfarbe in vielen Schattierungen; die sehr kleinen Frauen
sind besonders hell, aber keineswegs schön. Die Marathen
sind stärker gebaut als die Bewohner Nordindiens, von großer
Ausdauer und haben daher immer gute Soldaten abgegeben. Von großem Unabhängigkeitssinn beseelt, haben sie sich immer thatkräftig,
aber wenig verlegen in der Wahl der Mittel zur Erreichung ihrer Zwecke gezeigt. Die Zahl aller Marathen
beträgt,
wenn man die Sprache, das Marathi (s. d.), zur Richtschnur nimmt, nach dem Zensus von 1881: 16,966,665 Seelen, wovon 9 Mill.
auf die Präsidentschaft Bombay, über 3 Mill. auf Haidarabad und etwa je 2 Mill. auf Berar und die Zentralprovinzen kommen. -
In der Geschichte werden die Marathen
zuerst 640 v. Chr. genannt;
unter König Asoka (246 v. Chr.) machte ihre Bekehrung zum Buddhismus große Fortschritte, ihre Unabhängigkeit verloren sie aber seit den ersten mohammedanischen Einfällen (1294) mehr und mehr.
Indes konnte die Herrschaft der Mogulkaiser nie fest unter ihnen aufgerichtet werden, und 1648 schüttelten
sie unter Siwadschis Führung das Joch völlig ab und begannen ihre Eroberungszüge. Allein innere Zwistigkeiten
untergruben bald die Macht der und als 1714 die Würde des Vorstandes (Peischwa) in einer Familie erblich wurde, führte deren
Herrschsucht zum Bürgerkrieg. Die unglückliche Schlacht von Panipat gegen Ahmed Schah in welcher 200,000 Marathen
fielen,
gab der Macht des Peischwa einen Stoß, von dem sie sich nie wieder erholte. Fortan waren es einzelne Große,
welche gesondert die Führung übernahmen, und als in den Kriegen gegen die Ostindische Kompanie die Marathen
1818 endlich politisch
gänzlich vernichtet waren, blieben als Trümmer des alten Reichs nur die von Marathen
regierten Vasallenstaaten
Baroda, Gwalior, Indor und einige kleinere übrig.