Mandäer
(nicht Mendäer oder Mendarten), eine gnostische Sekte, deren Reste in den Sumpfgegenden des untern
Babyloniens
und im benachbarten pers. Chusistan wohnen. Andersgläubigen gegenüber nennen
sie sich Subbâ,
d. i.
Täufer (Zabier,
Sabier), um von den Mohammedanern als die
Sabier des
Korans geduldet zu werden; untereinander
bezeichnen sie sich als Mandäer
, von dem
Mittler und
Erlöser ihrer
Religion, dem
Manda d'Hajjê, der personifizierten «Lebenserkenntnis».
Ihr Ursprung ist nicht vom
Christentum, auch nicht von den Johannesjüngern (s. d.)
abzuleiten, sondern geht zurück auf eine dem Gnosticismus verwandte chaldäische
Spekulation über das Rätsel des menschlichen
Schicksals, wonach die Seele einer bessern Welt angehört und nur zeitweilig an den Leib gefesselt ist, weshalb die
Religion
der Mandäer
die Zurückführung der Seele aus der körperlichen Welt in die des
Geistes bezweckt. Diese Gnosis
hat mit assyr.-babylon.
Mythen, mit
Vorstellungen und
Namen des
Judentums und mit den pers.
Vorstellungen von der
Auffahrt der
Seele zum «Orte des Lichts» operiert, woran sich zuletzt, im 3. oder 4. Jahrh.
n.Chr., die Lichtkönigslehre, der monotheïstische Mandäismus, anschloß. Am Anfang des 2. Jahrh.
befreundete sie sich mit dem
Glauben an
Christus, weshalb sich die Mandäer
damals Nasoräer zu nennen anfingen.
Später verfeindeten sie sich infolge mönchischen Bekehrungseifers mit dem kath.
Christentum. Dem manichäischen
System stehen
die Mandäer
fern. Doch ist ersteres aus der altmandäischen Schule hervorgegangen, da der
Vater des
Manes (s. d.) ein Mandäer
war,
und in spätern mandäischen
Schriften finden sich auch manichäische (dualistische)
Vorstellungen. Die Mandäer
haben eine
Hierarchie
in drei
Klassen.
Ihre Hauptceremonie ist die
Taufe, die sowohl als Aufnahmeritus als auch als
Weihe-und Reinigungsakt bei den
verschiedensten Anlässen dient.
Auch eine Art Abendmahlsfeier mit
Brot
[* 2] und
Wein ist bei ihnen üblich. Sie haben Wochenfeste (den
Sonntag)
und Jahresfeste. Unter letztern ist das fünftägige Tauffest das wichtigste. Den Priestern ist die
Ehe geboten; die Vielweiberei
ist gestattet. Unter den heiligen
Schriften der Mandäer
, die in einem eigenen aramäischen Dialekte geschrieben und mehrfach überarbeitet
sind, ist namentlich «das große
Buch», Sidra rabba, zu nennen. Zur Zeit der
Abbasiden sollen die in
Babylonien 400 Gotteshäuser
besessen und noch im 17. Jahrh. sich auf 20000 Familien belaufen haben. Jetzt sollen sie (nach
Petermann) nur etwa 1500 Seelen zählen.
Die einzig brauchbare Ausgabe des Sidra rabba ist von Petermann («Thesaurus sive liber ¶
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ma-541 gnus», 2 Bde., Lpz. 1867),
das Qolasta ist von Euting (Stuttg. 1807) herausgegeben, eine Mandäische Grammatik verfaßte Th. Nöldeke (Halle
[* 4] 1875).
Mitteilungen über die Mandäer
gaben J. H. Petermann in den «Reisen im Orient», Bd. 2 (Lpz. 1861),
sowie Lycklama a Nijeholt, «Voyage en Russie, au Caucase et en Persie, dans la Mésopotamie etc.» (4 Bde., Amsterd. 1872–75). –
Vgl. Chwolsohn, Die Ssabier und der Ssabismus (2 Bde., Petersb. 1856);
Siouffi, Études sur la religion des Soubbas ou Sabéens (Par. 1880);
E. Babelon, Les Mendaites, leur histoire et doctrine religieuse (ebd. 1882);
Keßler in der «Theol. Realencyklopädie», Bd. 9 (2. Aufl., Lpz. 1881), S. 205. Epochemachend sind die Forschungen von J. H. W. Brandt: Die mandäische Religion, ihre Entwicklung und geschichtliche Bedeutung (Lpz. 1889) und Mandäische Schriften aus der großen Sammlung heiliger Bücher, übersetzt und erläutert (Gött. 1893).